Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt
Er äußerte den Satz leichthin, doch er könnte alles Mögliche damit gemeint haben — zum Beispiel, dass er sich nie die Mühe machen würde, über Banalitäten oder Nebensächlichkeiten zu lügen. »Warum fragen Sie?«
»Es wundert mich, dass Sie früher noch nie hier waren.«
»Ich habe das Lokal beim Vorbeifahren gesehen, aber offen gestanden kam es mir immer wie eine derart finstere Spelunke vor, dass ich mich nie hineingewagt habe. Jetzt hatte ich gerade eine Besprechung mit ein paar Leuten und dachte mir, ich schaue mal rein, wo ich ohnehin in der Gegend bin. Jedenfalls ist es von innen schöner als von außen, das steht fest.«
Mit einem leisen Fiepen stellten sich meine Antennen auf. Das war nun schon das zweite Mal, dass er erklärt hatte, wie es dazu gekommen war, dass er hier gelandet war. Ich hob mein Glas und trank einen Schluck schlechten Wein. Er schmeckte im Grunde wie ein Mittel, mit dem man sich nach einem Tag am Strand den Teer von den Füßen entfernt. Reba spielte mit dem Strohhalm in ihrem Eistee.
Als ich zwischen den Gesichtern der beiden hin- und herschaute, begriff ich, wie dumm ich gewesen war. Reba hatte alles von langer Hand vorbereitet. Das Essen mit mir war lediglich ein Deckmantel für ihr Treffen mit ihm, aber wozu die Finte? Ich drehte mich so, dass ich mit dem Rücken zur Seitenwand saß, die Füße auf der Sitzbank. Ich gab mich gelassen und sah zu, wie sich die Inszenierung weiterentwickelte. »Sie machen in Immobilien?«, erkundigte ich mich.
Er kippte die Hälfte des noch in seinem Glas befindlichen Whiskys und verdünnte den Rest mit Wasser. Dann schwenkte er das Glas und ließ die Eiswürfel klirren. »Genau. Ich habe eine Investmentfirma. Hauptsächlich Bauträgerschaften. Gelegentlich übernehme ich auch Vermögensverwaltungen, aber momentan eher weniger. Und Sie?«
»Ich bin Privatdetektivin.«
Er lächelte nachdenklich. »Nicht schlecht für eine Frau, die ihre Laufbahn mit Rumhängen hinter der Schule begonnen hat.«
»Hey, das war ein gutes Training. Wenn man mit einem Haufen angehender Krimineller rumhängt, lernt man, wie sie denken.« Ich schaute demonstrativ auf die Uhr. »Ah. Ich weiß nicht, was Sie vorhaben, Reba, aber ich muss mich auf die Socken machen. Mein Auto steht nur einen halben Block von hier. Ich hole es schnell, dann kann ich Sie nach Hause fahren.«
Beck sah Reba mit gespieltem Erstaunen an. »Hast du denn kein Auto?«
»Ein Auto schon, aber keinen Führerschein. Meiner ist abgelaufen.«
»Soll ich dich nicht mitnehmen? Dann kann sie sich den Weg sparen.«
»Es macht mir nichts aus«, sagte ich. »Ich habe meine Autoschlüssel dabei.«
»Nein, nein. Ich fahre sie gern. Sie brauchen sich keine Umstände zu machen.«
»Das stimmt«, ergänzte Reba. »Für ihn ist es weniger Aufwand als für Sie.«
»Sind Sie sicher?«
»Auf jeden Fall«, sagte Beck. »Es liegt auf meinem Weg.«
»Na gut, mir soll’s recht sein. Sie können ja noch bleiben. Ich gehe bezahlen. Sie sind eingeladen«, erklärte ich, während ich aus der Nische schlüpfte.
»Danke. Ich übernehme das Trinkgeld.«
»War nett, Sie kennen zu lernen.« Ich schüttelte Beck erneut die Hand und sah dann Reba an. »Dann bis morgen früh um neun. Soll ich vorher noch anrufen?«
»Nicht nötig. Kommen Sie einfach, wann es Ihnen passt«, erwiderte sie. »Ehrlich gesagt würde ich jetzt auch gern nach Hause fahren. Es war ein langer Tag, und ich bin echt erledigt. Ist dir das recht?«
»Was immer du willst.« Beck trank den verwässerten Whisky, der noch in seinem Glas war.
Ich ging zur Bar und bezahlte. Als ich einen Blick nach hinten warf, bekam ich mit, dass Beck bereits aufgestanden war und seinen Geldclip in der Hand hielt. Ich sah, wie er zwei Scheine fürs Trinkgeld herauszog — wahrscheinlich Fünfer, da er ja so scharf darauf war, Eindruck zu schinden. Sie warteten auf mich, damit wir gemeinsam hinausgehen konnten. Henry war mittlerweile verschwunden, doch nach und nach trudelten massenhaft abendliche Schluckspechte ein.
Draußen war es dunkel, da der Mond noch nicht aufgegangen war. Die Luft war klar und still, abgesehen vom Zirpen der Grillen. Selbst das Rauschen der Brandung wirkte gedämpft. Zu dritt schlenderten wir auf die Kreuzung zu und plauderten Belangloses.
»Ich stehe da unten«, sagte Beck und zeigte auf die im Dunkeln gelegene Seitenstraße zu unserer Rechten.
»Was für einen Wagen fahren Sie?«, fragte ich.
»Einen 87er Mercedes. Die Limousine. Und
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