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Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt

Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt

Titel: Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Geld.
    Ich wandte den Kopf und sah Rosie mit leerem Tablett auf uns zustapfen, den Blick auf Beck gerichtet und so direkt und unaufhaltsam in ihrem Anmarsch wie eine Rakete mit Zielsuchsteuerung. Am Tisch angelangt, richtete sie ostentativ alle ihre Bemerkungen an mich, ein kleiner Tick von ihr. Sie sieht Fremden nur selten in die Augen. Ob Mann oder Frau macht dabei für sie keinen Unterschied. Jede neue Bekanntschaft wird wie ein seltsames Anhängsel von mir behandelt. Die Wirkung war in diesem Fall kokett, was ich für eine Frau ihres Alters unpassend fand. »Möchte dein Freund etwas trinken?«
    »Beck?«, sagte ich.
    »Haben Sie Single-Malt Scotch?«
    Sie wand sich geradezu vor Vergnügen und warf ihm aus den Augenwinkeln einen anerkennenden Blick zu. »Speziell für ihn ich habe MaCallum’s. Ist vierundzwanzig Jahre alt. Sie wollen Pur oder auf Eis?«
    »Eis. Einen doppelten und ein Glas Wasser zum Nachspülen. Danke.«
    »Aber gern.« Sie räumte den Tisch ab und lud Geschirr und Besteck auf ihr Tablett. »Er möchte essen vielleicht?«
    Er lächelte. »Nein danke. Es riecht herrlich, aber ich habe gerade gegessen. Vielleicht nächstes Mal. Sind Sie Rosie?«
    »Ja.«
    Er erhob sich und reichte ihr die Hand. »Eine Ehre, Sie kennen zu lernen. Alan Beckwith«, stellte er sich vor. »Ein tolles Lokal haben Sie hier.«
    Statt eines richtigen Handschlags gewährte ihm Rosie die kurze Inbesitznahme ihrer Fingerspitzen. »Nächste Mal ich koche was Besonderes für Sie. Was Ungarisches, was Sie noch nie haben gegessen, bis Sie bekommen bei mir.«
    »Abgemacht. Ich liebe die ungarische Küche.«
    »Waren Sie schon in Ungarn?«
    »Einmal in Budapest, vor ungefähr sechs Jahren...«
    Verstohlen verfolgte ich das Geplänkel zwischen den beiden. Rosie wurde immer mädchenhafter, je länger ihre Plauderei sich fortsetzte. Beck war für meinen Geschmack zu glatt, aber ich musste ihm zugute halten, dass er sich Mühe gab. Die meisten Menschen finden Rosie schwierig, was sie auch ist.
    Sobald Rosie weg war, um seinen Drink zu holen, wandte sich Beck wieder Reba zu. »Wie geht’s deinem Dad? Ich habe ihn vor zwei Monaten gesehen, und da sah er nicht besonders aus.«
    »Es geht ihm auch nicht gut. Und ich wusste gar nichts davon. Ich war schockiert, als ich gesehen habe, wie viel er abgenommen hat. Du weißt ja, dass er an einem Schilddrüsentumor operiert worden ist. Dann hat sich herausgestellt, dass er Polypen an den Stimmbändern hat, also hat er sich die auch noch wegmachen lassen müssen. Er ist immer noch wacklig auf den Beinen.«
    »Das tut mir Leid. Er hat immer so vital gewirkt.«
    »Na ja, jetzt ist er eben siebenundachtzig. Irgendwann muss er ja einen Gang runterschalten.«
    Rosie kehrte zurück und brachte Beck ein gut eingeschenktes Glas Scotch auf Eis und eine kleine Karaffe Wasser. Sie stellte den Whisky auf einen Bierfilz und reichte Beck eine winzige Cocktailserviette. Mir fiel auf, dass sie ihr Tablett sogar mit einem Spitzendeckchen geschmückt hatte. Wäre der Mann meine Begleitung gewesen, hätte sie schon mal für den Hochzeitsanzug Maß genommen.
    Er hob sein Glas, nahm einen kleinen Schluck und warf ihr einen anerkennenden Blick zu. »Hervorragend. Vielen Dank.«
    Widerwillig zog Rosie ab, aber ihr fiel wohl keine weitere Dienstleistung ein, die sie hätte erbringen können.
    Beck wandte sich erneut an mich. »Sind Sie auch von hier?«
    »Ja.«
    »Auf welcher Highschool waren Sie denn?«
    »S.T.«
    »Ich auch. Vielleicht kennen wir uns daher. Wann haben Sie Ihren Abschluss gemacht?«
    »1967. Und Sie?«
    »Ein Jahr vor Ihnen — 1966. Komisch, dass ich mich nicht an Sie erinnern kann. Normalerweise habe ich für so was ein gutes Gedächtnis.«
    Ich korrigierte sein Alter auf achtunddreißig. »Ich war ein Mauerhocker«, erklärte ich und spielte damit auf meine Zugehörigkeit zu den verrufenen Jugendlichen an, die immer auf der niedrigen Mauer im hinteren Teil des Schulgeländes saßen, dort, wo die Anhöhe zu der dahinter gelegenen Straße abfiel. Wir rauchten Zigaretten und Joints und kippten gelegentlich Wodka in unsere Limoflaschen. Nach späteren Maßstäben war das harmlos, aber zu unserer Zeit galt es als ausgeflippt.
    »Na so was«, sagte er. Er warf mir einen kurzen, forschenden Blick zu und griff nach der Speisekarte. »Wie ist das Essen hier?«
    »Nicht schlecht. Mögen Sie die ungarische Küche wirklich, oder haben Sie sich das ausgedacht?«
    »Warum sollte ich in so einem Punkt lügen?«

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