Kirschroter Sommer (German Edition)
wir so, du bist die erste Frau seit langem, bei der ich es mir zumindest vorstellen könnte.
Okay, jetzt hältst du mich wahrscheinlich endgültig für einen Psychopathen.
Geschockt?
Ich habe nun wirklich Angst, niemals wieder etwas von dir zu hören.
Liebe Grüße
Luca
Es herrschte Stille. Selbst Alex hatte es die Sprache verschlagen.
»Oh. Mein. Gott!«, quietschte sie schließlich mit Verzögerung. »Emely, du triffst dich mit ihm. Sofort! – Wenn du es nicht tust, dann mach ich es!«
Ich konnte nicht antworten, weil ich immer noch viel zu fasziniert von Lucas Worten war und vor mich hin lächelte.
»Hast du gehört?«
»Ja ja …«
» Ja ja heißt, ich treffe mich in zehn Jahren mit ihm«, bemerkte sie.
»Gar nicht wahr«, entgegnete ich und musste nicht mal lügen, denn mein »Ja ja« hieß, ich würde mich in fünf Jahren mit ihm treffen.
»Und von welchem Mann hat er gesprochen, der deine Gefühle nicht erwidert hat? Damit meinst du doch nicht etwa diesen dämlichen Tutor aus deinem ersten Semester?«
Ich verdrehte die Augen. Nein, damit meinte ich ganz sicher nicht diesen dämlichen Tutor aus dem ersten Semester. Er hatte mir ein paar Mal schöne Augen gemacht und mich ein bisschen durcheinander gebracht – das war alles. Wenn überhaupt und mit viel Wohlwollen konnte man höchstens von einer minimalistischen Schwärmerei reden. Mich ärgerte es, dass Alex überhaupt in Erwägung zog, ich hätte von ihm gesprochen, und gleichzeitig zeigte es mir wieder einmal, dass sie nicht die geringste Ahnung hatte.
Noch ehe ich wusste, was ich antworten sollte, erledigte sich das Thema unerwartet von selbst.
»Nimmst du den Müll mit runter?«, schrie Alex plötzlich. Dass damit offenbar nicht ich gemeint war, bestätigte Elyas aus dem Hintergrund.
»Ja ja«, meckerte er.
»Meine Fresse«, seufzte Alex wieder an mich gewandt. »Was für ein Kampf.«
»Wo will der denn schon wieder hin?«, fragte ich geistesabwesend und streckte im nächsten Moment schmerzverzehrt den Hörer zehn Zentimeter von meinem Ohr weg.
»Elyyyaaas! Emely fragt, wo du hingehst!«, rief sie, und das offenbar durch das gesamte Gebäude einschließlich Nachbarhaus.
»Alex!«, fauchte ich mit geweiteten Augen. »Bist du bekloppt?«
»Was denn?«, meinte sie, als wäre es das Normalste von der Welt. »Du hast doch gefragt.«
Ich ließ den Kopf sinken und fasste mir an die Stirn. Gott, dieses Weib! Zu mehr kam ich nicht, denn dann passierte, was passieren musste. »Emely möchte wissen, wo ich hingehe?«, hörte ich Elyas in der Nähe des Telefons fragen.
Ich schlug mir mit dem Hörer immer wieder gegen den Kopf, und als es plötzlich in der Leitung raschelte, wurde ich regelrecht panisch. »Alex, gib ihm bloß nicht das Telefon! Niemals, hörst du? Tu es nicht! Bitte!«
»Zu spät, Schatz«, sagte Elyas.
Jammernd warf ich den Kopf in den Nacken.
»Also, du wolltest wissen, wo ich hingehe?«, hakte er nach.
»Nein. Ehrlich gesagt interessiert mich das rein gar nicht und jetzt mach die Leitung wieder frei.«
»Um deine unendliche Neugier zu befriedigen, Hase, ich wollte nur Milch kaufen gehen. Darf ich?«
Arroganter, blöder, selbstgefälliger, dummer …
»Du kannst dir meinetwegen auch ’ne Kuh kaufen«, zischte ich.
»Hab ich auch schon überlegt, ist aber zu unpraktisch.« Ich hörte sein Schmunzeln regelrecht durchs Telefon. »Und wie geht es deinem Kopf, Schatz?«
»Wird gerade wieder schlimmer …«
Er lachte. Leise und sanft. Und irgendwie hörte sich dieses Geräusch besser an, als es sollte.
»Weißt du eigentlich, wie sehr ich unsere Spielchen mag?«, fuhr er fort.
Ich zog die Stirn kraus. »Was für Spielchen?«
»Na ja, du weißt schon«, fing er an und sang seine nächsten Worte förmlich ins Telefon. »Du tust so, als wärst du schwer zu haben … Ich tue so, als würde ich nicht nur das Eine wollen …«
Mir stand der Mund offen. »Du lebst fernab von jeder Realität, oder?«, fragte ich. »Und solltest du ernsthaft davon ausgehen, dass du so tust, als würdest du nicht nur das Eine wollen, befindest du dich auch noch fernab von jeder Schauspielkunst.«
»Aber es funktioniert«, schmunzelte er. »Du bist scharf auf mich.«
»Ich bin so scharf wie ein stumpfer Gegenstand«, knurrte ich. Mein Blick verfinsterte sich.
»Siehst du, genau diese Spielchen meine ich«, sagte er. »Wie lief es gestern eigentlich noch mit Nick? Hattet ihr Spaß?«
»Eifersüchtig?«, hauchte ich zuckersüß.
»Nein, ich
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