Kirschroter Sommer (German Edition)
Mitbewohnerin?«, wandte sich Ingo wieder an mich.
»Mit Eva läuft es ganz gut. Sie ist zwar merkwürdig und sehr anstrengend, aber wir kommen klar.«
»Solange sie nicht wieder abartige Sexpraktiken mit ihrem Freund übt«, mischte sich Alex ein.
Ich verzog das Gesicht. »Vielen Dank, jetzt habe ich die Bilder wieder im Kopf.«
Überrascht richteten sich drei Augenpaare auf mich.
»So schlimm war es auch wieder nicht«, sagte ich schnell. »Ich bin nur ein paar Mal etwas unglücklich in unser gemeinsames Zimmer geplatzt. Mittlerweile haben wir aber einen Plan, in den sie einträgt, wann sie es für sich braucht. Und wenn ich Glück habe«, fügte ich hinzu, »hält sie sich sogar daran.«
»Man arrangiert sich sozusagen«, grinste Alena.
»So in der Art.«
»Apropos, Emely, wo wir gerade dabei sind«, sagte Ingo. »Was macht die Liebe? Wie viele Heiratsanträge hast du letzte Woche bekommen?«
Oh, Mann. Falsche Frage. Definitiv die falsche Frage!
Ich versuchte mir einzureden, dass es immerhin ein gutes Zeichen war, solange die Leute mich überhaupt noch danach fragten und nicht schon automatisch davon ausgingen, ich wäre Single. Aber es würde vermutlich nicht mehr lange dauern, bis auch das aussetzte …
»Ich habe letzte Woche dem jungen, gut aussehenden Erben eines Multimillionen-Dollar-Vermögens den Laufpass gegeben. Wir hatten einfach zu wenig Zeit füreinander.« Ich seufzte. »Nun ja, die Yacht wird mir zwar fehlen, aber ich werde wohl darüber hinwegkommen.« Ich beendete meine ironische Antwort, nippte an meinem Rotwein und alle lachten leise. Sogar in Elyas’ Gesicht konnte ich ein dezentes Schmunzeln entdecken, wobei er sich wahrscheinlich einfach nur über mich lustig machte.
Aber was soll’s, dachte ich mir.
»So schlimm?« Mitleidig lächelte mich Alena an.
Ich zuckte mit den Schultern. »Nein, keine Sorge. Mir geht’s eigentlich ganz gut.« Das war nicht einmal gelogen. Natürlich hätte ich gerne einen Mann an meiner Seite gehabt, aber ich war keine von den Frauen, die ohne durchdrehten. Single zu sein hatte definitiv auch seine Vorteile.
Oh Mann, hatte ich diesen letzten Satz gerade ernsthaft gedacht?
Faszinierend, wie sehr man sein eigenes Hirn bescheißen konnte.
»Emely, Schatz, jetzt hast du ja mich! Wir finden schon einen Mann für dich«, brachte sich Alex enthusiastisch ein, womit sie mir auf Anhieb tierisch Angst einjagte.
»Alex, ich warne dich! Keine billigen Verkupplungsversuche! Ich schwöre dir, ich trage jeden einzelnen Karton eigenhändig wieder runter zum Auto!«
»Okay, okay«, kicherte sie. »Keine billigen Verkupplungsversuche, ich verspreche es!«
Ich konnte nur hoffen und beten, mich auch wirklich auf ihr Versprechen verlassen zu können, denn ich hatte immer noch böse Erinnerungen an ihre früheren Versuche.
»Darauf, dass Alex immer noch die Alte und endlich wieder hier ist.« Ingo zwinkerte, hob sein Glas und wir stießen an. Alex strahlte und bekam von ihrem Bruder einen Kuss auf die Wange gedrückt.
Igitt, ich bekam schon Pickel allein vom Zugucken.
Noch eine ganze Weile redeten wir in angenehmer Atmosphäre weiter und es tat richtig gut, meine zweite Familie wieder einmal um mich zu haben. Sie erzählten, was wir in Neustadt verpassten und was es sonst noch alles an Neuigkeiten gab. Alex erheiterte uns zwischendurch immer wieder mit ihrem Elan, den dieser Umzug bei ihr mit sich brachte, und ließ keine Gelegenheit aus, ihre Pläne zu schildern. Ein Organizer war wirklich ein Dreck gegen dieses Mädel. Trotzdem machte es riesigen Spaß, ihr zuzuhören. Elyas beschränkte sich größtenteils auf letzteres, hielt sich aus den Gesprächen heraus und ignorierte mich die meiste Zeit, was mir nur gelegen kam, da ich es selbst nicht anders handhabte.
Bis auf die Begegnung mit diesem Idioten und das Kartonschleppen war es ein richtig schöner Tag gewesen, der sich jedoch leider immer mehr gen Ende neigte.
Inzwischen war es ziemlich spät geworden, und da bereits in zehn Minuten mein letzter Bus fuhr, blieb mir keine andere Wahl, als aufzubrechen.
Alena und Ingo blieben über Nacht hier und traten erst am nächsten Tag die einhundertfünfzig Kilometer lange Heimreise nach Neustadt an. Weil ich mich von ihnen bereits ausgiebig verabschiedet hatte, stand ich nun mit Alex allein vor der geöffneten Wohnungstür.
»Wie machen wir das morgen?«, fragte sie.
»Warte einfach um acht Uhr am Haupteingang der Uni. Ich hol dich dann ab und zeige dir alles.
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