Kismet Knight – Vampire lieben länger / Roman
auf sein T-Shirt. Auch das übrige Publikum im Studio schien unter dem Vampirbann zu stehen.
Das ist gar nicht gut. Alle Leute vor den Radios hören, wie ich mich mit einem echten Vampir unterhalte. Bin ich in eine Falle getappt? Noch nie zuvor habe ich einen solch mächtigen Vampir gefühlt. Nicht einmal Devereux kann mit ihm mithalten, würde ich sagen.
Anscheinend las er meine Gedanken. »Sie alle werden sich an nichts erinnern, Dr. Knight. Sorgen Sie sich nicht um die Menschen. Sie befinden sich in einer leichten Trance. Wir können vollkommen frei plaudern.«
Im Geiste sah ich Hunderte Wagen vor mir, die im gesamten Innenstadtbereich von Denver von der Straße abkamen, weil die Fahrer weggetreten waren.
Er lachte, worauf sich mein Magen zusammenkrampfte. Ich wusste nicht, ob ich das Gefühl angenehm oder schmerzhaft fand. Beides vielleicht.
»Ach, ja, es war zu erwarten, dass eine Psychologin mit anderen mitfühlt, aber keine Angst! Die Bevölkerung ist vor mir sicher – zumindest im Moment. Sie ist bloß hypnotisiert. Es ist ziemlich einfach, eine Suggestion mittels Radiowellen auszuschicken, noch dazu, wo es für einen Vampir unnötig ist, in der Nähe zu sein, um einen veränderten Zustand zu schaffen. Ihre Sterblichen denken, dass sie sich ein hübsches Lied anhören, während wir reden, und werden hinterher meinen, einem Tagtraum nachgehangen zu haben. Sie kommen nicht zu Schaden. Nicht, ehe ich es für angebracht halte.«
»Was wollen Sie?«, murmelte ich angestrengt, denn von seiner Stimme wurde mir ganz schwummerig.
»Ich will mich bloß vorstellen. Ich bin eine einzigartige Seele, sogar in der Vampirwelt, Lyren Hallow, Vampirjäger allererster Güte, zu Ihren Diensten. Sie dürfen mich Hallow nennen.«
Seine Enthüllung warf mich vorübergehend aus der Bahn, so dass ich stammelte: »Was?! Ein Vampirjäger? Aber Sie sind selbst ein Vampir! Wie können Sie ein Vampirjäger sein? Gibt es da keine festen Regeln?«
»Jeder muss sich seinen Unterhalt verdienen, nicht?« Er lachte, und gleichzeitig kitzelte es in meinem Bauch. »Nicht einmal uralte Vampire sind dem Sirenengesang des Geldes gegenüber immun. Was erstaunlich oberflächlich anmutet, das gebe ich zu, aber Gold zu erwerben war immer schon ein verlockendes Spiel. Und zu meinem eigenen Schutz fordere ich Sie heraus, die Gründe zu entlarven, die mich nach Jahrtausenden veranlassen, Nacht für Nacht meinem Grab zu entsteigen. Die Existenz kann eine solche Mühsal sein! Doch meine eigene Art zu jagen und zu töten – also, das ist etwas, wofür die Reißzähne eines Nachtwandlers sich durchaus erwärmen können.«
Wieder lachte er, als fände er sich selbst höchst amüsant.
Ich räusperte mich noch einmal, um Zeit zu schinden. Seit ich über Denvers verborgene Vampirgemeinde gestolpert war, rang ich damit, mein inneres Gleichgewicht wiederzufinden, ein Stück geistige Gesundheit, an das ich mich inmitten einer absurden Offenbarung nach der anderen klammern konnte.
»Warum erzählen Sie mir das alles?«
»Ich wurde angeheuert, jemanden zu ernten, den Sie kennen. Da halte ich es nur für ein Zeichen von Sportsgeist, Ihnen einen kleinen Tipp zu geben, zumal es so ungleich interessanter wird. Und natürlich sind Sie in der Blutsaugergemeinde mittlerweile gut bekannt. Ich konnte einfach nicht widerstehen, einmal in Ihren Geist zu schauen, sei es auch aus der Ferne. Die Verbindung zwischen uns ist nun offen, also wird es künftig viel einfacher für uns, miteinander zu kommunizieren. Ach, leider muss ich Sie nun verlassen! Die Pflicht ruft. Ah ja, und übrigens könnten Ihnen einige Veränderungen in Ihrem Verhalten auffallen. Dass Sie weniger gehemmt sind beispielsweise, nichts Besorgniserregendes. Bis zu unserer nächsten Begegnung, meine reizende Frau Doktor!«
Es folgte ein Klicken, und die Leitung war tot. Sozusagen.
Veränderungen in meinem Verhalten? Was zur Hölle meint er mit »ernten«? Will er jemanden töten? Jemanden, den ich kenne? Oder vielmehr: einen Vampir, den ich kenne? Das muss doch ein kranker Scherz sein!
Mir war gar nicht aufgefallen, dass der Techniker auf der anderen Seite der Scheibe ins Leere gestarrt hatte, bis er plötzlich wieder aufschrak. Genauso wie Carson, der vor lauter Schreck von seinem Stuhl kippte, zur Seite rollte und gegen die dünne Wand krachte. Sein schlabberiger Hintern schlug mit einem dumpfen »Plopp« auf dem Boden auf.
Er wischte sich den Sabber von seinem Kinn, stand auf und glotzte sich
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