077 - Zu Gast bei Mr. Vampir
Der Vampirismus
Seine geschichtliche Entwicklung 3. Teil
Fragt man nach den letzten Hintergründen des Vampirismus, so erhält man aus einigen Artikeln und Randbemerkungen, die in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in dem illustrierten Wochenblatt „Die Gartenlaube“ abgedruckt wurden, eine ausgezeichnete Erklärung. Carus Sterne schreibt im 2. Teil seines Beitrags „Der Vampyr-Schrecken im neunzehnten Jahrhundert“, den er aus Anlaß der preußischen Vampir-Prozesse verfaßt hatte, daß der Vampirismus stets nur in Ländern griechischen Bekenntnisses und deren Nachbarländern epidemisch aufgetreten ist. Sein Vorkommen im übrigen Europa sei stets nur sporadischer Art gewesen. Bei den Serben, Walachen, Moldauern, Armeniern, Südrussen, Montenegrinern und Griechen, die früher den Glauben an die Vampire teilten, wurde der Vampirismus zeitweise zu einer förmlichen Pest und Landplage. In dem genannten Artikel von Carus Sterne („Die Gartenlaube“, Jahrgang 1873) ist noch folgende tiefschürfende Erklärung für das Verständnis des Vampirismus von besonderem Interesse: „Der Vampyr-Aberglaube hätte wahrscheinlich ebensowenig wie der Hexenglaube jemals eine größere Gewalt über die Gemüther gewonnen, wenn demselben nicht die Kirche ihre Autorität geliehen hätte. Als die Trennung der griechischen Kirche von der römischen eine Tatsache geworden war, hielten es die Patriarchen der ersteren vor Allem nöthig, eine straffe Kirchendisziplin einzuführen, wozu sich wiederum nichts zweckmäßiger zeigte, als die Ausstattung des Kirchenbannes mit übernatürlicher Gewalt. Sei es, daß man auf einem in Osteuropa vorhandenen Aberglauben fußte oder denselben neu schuf, es schlich sich in die kirchliche Verfluchungsformel der Abtrünnigen der Satz ein: ‚Dein Platz sei bei dem Teufel und dem Verräter Judas! Nach Deinem Tode sollst Du in Ewigkeit nicht zu Asche werden, sondern unverweslich liegen wie Stein und Eisen!“
Während die katholische Kirche in vielen Fällen die Unverweslichkeit eines Toten als Zeichen besonderer Heiligkeit auffaßte, bestrebte sich die griechische Kirche, denselben Zustand als Zeichen ihres Fluches darzustellen, und bald bildete sich die neue Lehre dahin aus, daß der Teufel sich des unverweslichen Leichnams als seines Eigentums und einer Maske bemächtigte, um damit die überlebenden Verwandten so lange zu plagen, bis sie dafür gesorgt hätten, daß der Verstorbene vom Kirchenbanne losgesprochen sei.
Die griechische Kirche brauchte, wie man sieht, einen Ersatz für das von ihr verworfene Fegefeuer. Man nannte solche im Kirchenbann gestorbene unverwesliche Leichen ‚Tympaniten’, weil sie sich durch Aussaugen des Blutes Lebender nähren und dadurch aufschwellen wie eine Trommel oder Schafzecke.
Man vergleiche hierzu folgende Stelle aus dem „Visum und Repertum-Bericht“ der Feldscherer und Offiziere vom 7. Januar 1732, gegeben zu Medwegya in Serbien, die sich auf einen weiblichen Vampir, namens Miliza, bezog: „Es haben sich bey der Secirung die umstehenden Heiducken sämmbtlich über ihren fetten und vollkommenen Leib sehr verwundert, einhellig aussagende, daß sie das Weib von ihrer Jugend auf sehr wohl gekennt, und Zeit ihres Lebens sehr mager und wie ausgedorret gewesen, mit ausdrücklicher Vermeldung, daß sie anerst in dem Grabe zu dieser verwunderungswürdigen Fettigkeit gelanget seye; auch der Aussage der Leuthe nach soll sie jetziger Zeit den Anfang ‚zum Vampyren’ gemacht haben, zumahlen sie das Fleisch von den Schafen, so von den vorher gehenden Vampyrs seyen umgebracht worden, stetiglich gegessen habe.“
Seltsam und furchtbar waren die damaligen Methoden, die zur Entlarvung, Bekämpfung und Vernichtung von angeblichen Vampiren angewendet wurden. Zur Entlarvung eines Vampirs diente z.B. ein Spiegel, weil nämlich sein Bild in einem Spiegel nicht reflektiert wird. Die Bekämpfung des Vampirs beginnt mit primitiven Methoden. Da sind zuerst die Knoblauchblüten. Durch ihren penetranten Geruch sollen Vampire abgeschreckt werden. Auch Kreuz und Weihwasser wurden benutzt, und zwar als magische Mittel. Endgültig kann man die Macht der Vampire nur brechen, indem man sie tötet, was auf scheußliche Weise gemacht wurde. Damit werden auch die Vampire vom Fluch ihres Schattendaseins befreit und kommen angeblich zur Ruhe. Die Nacht ist ihr Reich, aber der Lichtschein der aufgehenden Sonne läßt sie zu Staub zerfallen. Der Vampir kennt diese Gefahr
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