Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen
Fenster, an
dem ich gestern gestanden und auf den Rasen geblickt hatte! Dann
entfernten sich die Spuren wieder vom Haus und führten auf den
Wald zu. Mich fröstelte. Ich zog meine Strickjacke enger um
mich. Vielleicht waren das die Spuren eines Tiers. Von dem Kater
waren sie definitiv nicht. Vielleicht von einem Reh. Die kamen öfter
mal in der Dämmerung aus dem Wald. Diese Spuren mussten noch
ganz frisch sein. Doch so sehr ich mir auch einredete, die Abdrücke
würden von einem Reh stammen, so konnte ich doch nicht
ignorieren, dass dieses Reh dann verdammt große Füße
gehabt haben musste.
3.
Kapitel
Im Bann des dunklen Waldsees
Es waren mehrere
Tage vergangen, seitdem ich die Fußabdrücke entdeckt
hatte. Jeden Morgen ging ich ums Haus und suchte im taunassen Gras
nach weiteren Spuren. Doch ich konnte nichts Auffälliges
entdecken. Langsam entspannte ich mich wieder. Je öfter ich
darüber nachdachte, desto überzeugter war ich, dass es sich
bei den Spuren wirklich um eine Tierfährte gehandelt hatte und
genau das versuchte ich meiner Freundin Kari am Telefon zu erklären.
»Wer sollte
auch sonst in den frühen Morgenstunden ums Haus schleichen? Hier
gibt es so viele Tiere. Eigentlich waren die Abdrücke auch gar
nicht so groß.«
»Hm«,
machte Kari. »Bist du sicher?«
»Ja«,
erwiderte ich im Brustton der Überzeugung. »Vielleicht ist
es ein Iltis gewesen. Die kommen gerne mal bis an die Häuser
ran, hat mir Rune erzählt. Ein Reh war es jedenfalls bestimmt
nicht.« Ich lachte.
»Aber du hast
doch gesagt, dass die Spuren wie menschliche Fußabdrücke
aussahen«, warf Kari zaghaft ein.
»Quatsch, die
letzte Zeit ist für mich echt mies gewesen. Das weißt du
doch. Ich bin einfach nur… na ja überspannt. Dazu kam
noch diese Begegnung mit der komischen Frau im Wald.«
»Ja, die finde
ich echt gruselig. Vielleicht war sie es?« Damit sprach Kari
aus, was ich mir auch schon überlegt hatte. Doch ich wischte den
Gedanken schnell fort. »Nein, ich denke nicht. Ich habe sie
jedenfalls nicht mehr gesehen.«
»Aber du warst
auch nicht mehr im Wald spazieren, oder?«, fragte Kari nach.
Ȁh,
ehrlich gesagt nein.«
Ich
war am Morgen nach der Entdeckung der Spuren nicht in der Stimmung
gewesen, beim Sommerhaus zu bleiben. Kurzentschlossen fuhr ich nach
Jönköping. Dort machte ich einen ausgiebigen Stadtbummel.
Dabei kam ich an unserem
Angelladen vorbei – einem kleinen, dunklen Laden, in dem Vater
mit uns Kindern immer Angelschnüre, Wobbler und Löffelblinker
gekauft hatte. Ich war wie verzaubert stehen geblieben und fand mich
plötzlich in dem Geschäft wieder. Dort entdeckte ich sofort
das Regal mit den Blinkern und griff zielstrebig nach meinem
Lieblingsköder – einem orange-silbernen Löffelblinker.
Den gleichen Blinker, den ich damals in den Seerosen verloren hatte
an dem Tag, an dem Ben…
»Hallo! Bis du
noch da?«, rief Kari ins Telefon.
»Oh, ja
entschuldige! Ich war in Gedanken«, beeilte ich mich zu
antworten.
»Sofie, ich
mache mir wirklich Sorgen um dich. Vielleicht wäre es besser
gewesen, ich hätte dich begleitet.« Kari wirkte aufgeregt.
Ich konnte sie förmlich vor mir sehen, wie sie nervös auf
einer ihrer Haarsträhnen herumkaute.
»Ach Kari, ich
weiß doch, dass du dich so auf das Volontariat beim Fernsehen
gefreut hast. Und es ist auch eine prima Chance für dich. Wie
hätte ich dich bitten sollen, mich unter diesen Umständen
hierher zu begleiten? Außerdem bin ich wirklich gerne einmal
allein nach all der Aufregung.«
Am anderen Ende der
Leitung herrschte für einen Moment Stille. Ich sah meine
Freundin in Gedanken zweifelnd die Stirn krausziehen.
»Sofie,
ich weiß ja, dass du gut allein zurechtkommst. Du bist wirklich
stark. Das habe ich immer an dir bewundert. Die letzten Schuljahre
hast du quasi allein den Haushalt geschmissen, wenn deine Mutter ihre
Depressionen hatte. Aber dort bist du wirklich ganz einsam. Alle
deine Freunde sind doch hier. Wenn dir nun etwas passiert? Du
könntest dir den Fuß verstauchen und hilflos im Wald
liegen, oder ähnliches. Und wenn dann noch unheimliche Leute
dort rumlaufen. Also ich weiß nicht …«
»Es ist lieb,
dass du dir Sorgen machst, aber das ist völlig unnötig«,
versicherte ich ihr. Ich wollte nicht, dass meine Freundin sich
solche Gedanken machte und wechselte das Thema. »Aber jetzt
erzähl mir lieber wie es bei deinem Volontariat läuft.«
Kari
zögerte einen Moment und platzte dann mit einer positiven
Neuigkeit raus:
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