Klassentreffen (German Edition)
Kunsthandwerker.
Franzi konnte sich nicht genau erinnern, wann sie das letzte Mal mit einer Frau Hand in Hand über den Weihnachtsmarkt gegangen war. Mit Meike jedenfalls wäre das undenkbar gewesen.
Elli sah Franzi von der Seite an. »Alles in Ordnung bei dir? Du bist so schweigsam.« Sie zögerte. »Soll ich deine Hand lieber loslassen? Manchmal bin ich etwas forsch. Entschuldige.«
»Nein, es ist alles okay. Ich muss mich nur daran gewöhnen. Das ist alles.« Langsam wärmte sich Franzis Hand. Es fühlte sich gut an. Neu und aufregend, doch auch irgendwie so vertraut. Wie gern hätte sie das mit Meike erlebt . . . Sie seufzte. Sie musste Meike vergessen. Mit Meike wäre das niemals möglich gewesen – diese Offenheit, diese Ungezwungenheit. Auch wenn sie es sich sehnlichst erhofft hatte.
Der Duft von gebrannten Mandeln, vermischt mit Aromen von Zimt und Vanille, stieg Franzi in die Nase. Sie atmete tief ein. Es roch herrlich. Ein ganz kleines bisschen freute sie sich vielleicht doch auf Weihnachten.
»Möchtest du etwas essen oder trinken?«, fragte Elli in ihre Gedanken hinein.
»Vielleicht einen Glühwein?«
»Gern.«
»Wollen wir in den Weihnachtswald?«, schlug Franzi vor.
Elli nickte. »Das ist eine gute Idee.«
Kurze Zeit später standen sie auf dem duftenden Waldboden unter den zahlreichen großen Nadelbäumen – mitten in der Stadt. Tausende kleine Lichter funkelten in den Tannenzweigen.
»Das ist wirklich einzigartig«, sagte Franzi.
»Fehlt nur noch der Schnee.« Elli lachte.
»Stimmt.« Franzi blickte in den Himmel. »Aber der dürfte heute ausbleiben.«
Elli zuckte mit den Schultern. »Es ist auch so schön.« Sie schenkte Franzi ihr unwiderstehliches Lächeln. Wie zufällig berührten ihre Finger Franzis Arm.
Ein Schauer überlief Franzi. »Ich . . . ähm . . . ich hol uns mal zwei Glühwein«, stammelte sie. Sie musste kurz weg – durchatmen, ihre Gedanken sortieren. Was war nur los mit ihr? Konnte sie sich so schnell neu verlieben? Wollte sie das überhaupt?
Franzi hatte den Glühweinstand erreicht und bestellte zwei Becher Glühwein. Sie mochte Elli, genoss ihre Gegenwart. Aber ob das reichte?
Zwei dampfende Tassen wurden vor Franzi abgestellt. Sie bezahlte, nahm in jede Hand einen Becher und ging zurück zu Elli.
»Lass es dir schmecken.«
»Danke schön.« Elli nahm den Glühwein entgegen und strahlte. Das machte sie noch schöner. »Darf ich dich etwas fragen?«
Franzi umklammerte ihre Tasse. »Natürlich.«
»Das ist vielleicht eine etwas komische Frage. Aber warum hast du mich heute plötzlich angerufen, nachdem du vorher wochenlang nichts hast von dir hören lassen?«
Franzi schluckte. An Ellis offene und direkte Art musste sie sich wirklich noch gewöhnen. Sie räusperte sich. »Ich . . . ich musste mir erst einmal klarwerden, was ich möchte. Die letzten Monate waren etwas schwierig.«
Elli nippte an ihrem Glühwein. »Und jetzt weißt du, was du willst?«
»Also . . . So ganz . . .«, stotterte Franzi.
»Schon gut,« unterbrach Elli. »Du bist mir keine Rechenschaft schuldig.«
»Doch, irgendwie schon. Ehrlich gesagt bin ich mir noch nicht ganz sicher, was ich möchte. Es wäre unfair dir gegenüber, etwas anderes zu behaupten.« Franzi starrte auf ihre Hände hinab.
»Eine andere?«
Franzi nickte schwach. »Ja, bis vor kurzem gab es eine andere. Aber das mit uns hatte keine Zukunft. Wir waren zu verschieden, sind völlig anders mit unserer Liebe umgegangen.« Sie kaute auf ihrer Unterlippe, den Blick weiterhin gesenkt.
»Liebst du sie noch?«
Nun blickte Franzi Elli direkt in die Augen. »Ich weiß es nicht«, gestand sie ehrlich. Ihre Kehle fühlte sich rau an. »Ich mag dich, Elli. Sehr sogar. Aber ich kann dir im Augenblick nichts versprechen.« Es war gut, das gesagt zu haben. Erleichterung mischte sich mit dem schlechten Gewissen, Elli zu enttäuschen.
Ellis Finger strichen über Franzis Wange. »Schon okay. Lass uns einfach unsere gemeinsame Zeit genießen.«
Ellis Fingerspitzen auf ihrer Haut waren so angenehm warm. »Es tut mir leid«, flüsterte Franzi.
Statt zu antworten, zog Elli Franzi zu sich und bedeckte ihre Lippen mit einem zärtlichen Kuss. Sie schmeckte nach Glühwein.
Franzis Haut kribbelte. Sie spürte ein Ziehen im Magen.
Nach wenigen Sekunden zog sich Elli wieder zurück. Franzi ertappte sich bei dem Wunsch, es hätte länger gedauert.
»Möchtest du noch mit zu mir kommen?«, hörte sie sich plötzlich
Weitere Kostenlose Bücher