Klassentreffen (German Edition)
wirklich nicht schlecht aus. Einen Versuch wäre es doch wert. Lern sie einfach kennen. Vielleicht versteht ihr euch. Du hast nichts zu verlieren.«
Franzi setzte ihren Stock an, aber sie rutschte ab. »Nicht mein Tag«, kommentierte sie den misslungenen Stoß.
»Ein bisschen Flirten würde deine Laune heben.« Cori begab sich wieder in Position und beugte sich über den Tisch.
»Das habe ich schon versucht.«
Mitten in der Bewegung hielt Cori inne. »Wie soll ich das verstehen?« Interessiert hob sie eine Augenbraue.
Eigentlich hatte Franzi Cori gar nicht von Elli erzählen wollen, aber es war ihr einfach so herausgerutscht – und jetzt würde sie Cori nicht mehr weismachen können, es sei gar nichts passiert. »So, wie ich es gesagt habe. Ich habe es probiert.« Sie bemühte sich, es möglichst beiläufig klingen zu lassen.
Cori richtete sich auf und schnalzte mit der Zunge. »Wann und mit wem? Ich will Details.«
»An dem Tag, als ich aus Braunschweig von dir zurückgekommen bin. Und sie hieß Elli. Sie ist die Schwimmmeisterin in meinem Schwimmbad.«
»Elli«, wiederholte Cori. »Und?«
»Nichts und.«
»Jetzt lass dir doch nicht jedes Wort aus der Nase ziehen. Was habt ihr gemacht? Wie ist es weitergegangen?«
»Elli hat mich zu einem Kaffee eingeladen. Es war ein netter Abend. Zum Abschied hat sie mich geküsst und mir ihre Nummer gegeben. Das war’s.« Franzi starrte unbeteiligt auf ihre Finger. Sie hatte das Gefühl, als spräche sie über jemand anders.
»Ihr habt euch geküsst?« Coris Stimme überschlug sich beinahe. »Und damit rückst du erst jetzt raus?«
»Es hatte keine Bedeutung.«
»Hast du sie wiedergesehen?«
»Nur einmal flüchtig im Schwimmbad.« Bei dieser Begegnung hatte Elli zwar versucht, Franzi in ein Gespräch zu verwickeln, aber Franzi war ihr aus dem Weg gegangen. »Ich habe kein Interesse.«
»Hast du sie wenigstens angerufen?« Noch immer blickte Cori Franzi ungläubig an.
Franzi schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Warum denn nicht? Du hast doch gesagt, dass sie nett ist. Und scheinbar denkt sie das von dir auch.« Cori neigte ihren Kopf ein wenig zur Seite. »Das ist schon mal ein guter Anfang.«
»Ich weiß nicht.« Franzi strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr.
»Bald steht Weihnachten vor der Tür. Wäre doch schön, wenn du nicht allein wärst.«
Franzi kämpfte mit den Tränen. »Es wäre schön, wenn ich mit Meike zusammen wäre«, flüsterte sie. Sie hatte Angst vor dem Weihnachtsfest.
Cori seufzte. »Jetzt vergiss Meike. Schau nach vorn. Such dir eine andere Frau. Ich kann mich nur wiederholen: eine, die zu dir steht.«
Vielleicht sollte sie Elli wirklich eine Chance geben, dachte Franzi. Sie hatten sich gut verstanden. Franzi hatte Ellis Gegenwart genossen – mehr, als es ihr lieb gewesen war. »Hm. Vielleicht.«
»Nicht vielleicht. Ruf sie an. Was soll denn passieren? Schlimmstenfalls hast du mal ein paar Stunden Meike vergessen. Wäre das so dramatisch?«
Franzi straffte die Schultern. Warum eigentlich nicht? »Okay, ich werde Elli anrufen«, gab sie schließlich nach.
»Versprochen?«
»Versprochen.«
~*~*~*~
S chon seit zehn Minuten wartete Franzi. Nervös trat sie von einem Fuß auf den anderen. Sie war viel zu früh. Ihr Atem formte sich zu einer kleinen weißen Wolke vor ihrem Mund.
Menschen hetzten mit gesenkten Köpfen über den großen Platz vor dem Rathaus. Der Abend war sternenklar. Lichterketten und Straßenlaternen erhellten die Dunkelheit.
Der Wind zerzauste Franzis Haare. Sie vergrub ihre Hände tiefer in ihren Manteltaschen.
»Hallo, Franzi.« Winkend kam Elli auf Franzi zugelaufen. Um ihren Hals trug sie einen dicken roten Schal. Dazu hatte sie die passende Mütze auf.
»Hallo, Elli. Schön, dass du so spontan Zeit hattest.« Franzi sah geradewegs in Ellis braune Augen, die ihr warm entgegenleuchteten. Für einen Augenblick standen sie sich gegenüber und sahen sich nur an.
»Wollen wir los?«, brach Elli das Schweigen. »In zwei Stunden schließt der Weihnachtsmarkt.« Ihr Lächeln ließ Franzis Herz schneller schlagen – sie konnte nichts dagegen tun. »Komm!« Elli ergriff Franzis Hand und schloss fest ihre Finger darum.
Franzi hielt kurz die Luft an. Ihre kalten Finger schmiegten sich perfekt in Ellis Hand.
Sie mischten sich unter die anderen Besucher, Hand in Hand, schlenderten vorbei an Zuckerbäckern, Glasbläsern, Holzschnitzern und Spielzeugmachern, bestaunten die ausgestellten Kunstwerke verschiedener
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