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Klassentreffen (German Edition)

Klassentreffen (German Edition)

Titel: Klassentreffen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Schöning
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verbringen und ein wenig nachdenken.
    »Kein Problem. Versprich mir nur, dass du dich nicht zu sehr bemitleidest.« Regine zwinkerte Franzi zu. »Kommst du morgen zum Essen?«
    »Natürlich.« Franzi war bereits dabei, Schuhe und Mantel anzuziehen. Ein kleiner Spaziergang durch die Altstadt nach Hause würde ihr guttun. Vielleicht würde ihr die kalte Winternacht helfen, endlich wieder einen klaren Kopf zu bekommen.

~*~*~*~
    » S etzt euch schon an den Tisch, das Essen ist fertig«, rief Meikes Mutter aus der Küche.
    Jeder nahm seinen Platz ein. Kurz darauf brachte Inge Jakobs zunächst für jeden einen Teller Suppe. »Guten Appetit.«
    Mit zitternden Fingern nahm Meike den Löffel. Sie hatte ganz bestimmt keinen Appetit. Schweigend starrte sie auf ihren Teller.
    »Ist alles in Ordnung bei dir, Meike?«, fragte ihre Mutter nach einer Weile. »Du isst ja gar nichts.«
    Jetzt oder nie. Meike nahm einen tiefen Atemzug. »Ich muss mit euch reden.« Der Löffel rutschte aus ihrer Hand und landete mit einem Klirren auf dem Teller.
    Alle sahen sie an.
    »Ist etwas passiert?« Der Blick ihrer Mutter war besorgt.
    »Nein . . . ja . . . Wie man es nimmt«, stammelte Meike. »Ich habe mich verliebt.«
    »Das wurde aber auch Zeit«, brummte Johannes Jakobs.
    »Wer ist denn der Glückliche?«, wollte Inge Jakobs wissen. Sie strahlte über das ganze Gesicht.
    Das Blut rauschte in Meikes Ohren. Sie nahm ihre Umgebung nur noch unscharf wahr. Aber es gab kein Zurück mehr. »Franzi.«
    Es war heraus.
    Ihre Eltern starrten Meike mit offenem Mund an.
    »Ich habe mich wohl verhört«, erwiderte Meikes Vater in nüchternem Tonfall.
    »Nein, Papa. Du hast dich nicht verhört. Ich habe mich in eine Frau verliebt. Das erste Mal im Leben, dass ich wirklich jemanden liebe.« Die Worte kamen wie von selbst, Meike hatte das Gefühl, ihre Stimme gehöre nicht zu ihr. »Ich bin lesbisch.«
    Johannes Jakobs schlug mit der Faust auf den Tisch. »Halt uns nicht zum Narren.« Seine Augenbrauen zogen sich bedrohlich zusammen.
    Meikes Mutter lächelte sie ungläubig an. »Du machst Witze.«
    »Nein.« Meike schüttelte den Kopf. »Das ist mein voller Ernst.«
    »Was fällt dir ein?«, begann Meikes Vater zu toben. »Wir haben doch immer alles für dich getan. Hast du alles vergessen? Deine ganze Erziehung?«
    »Papa«, mischte sich Claudia mit scharfer Stimme ein. »Meike ist glücklich. Das ist das Wichtigste.«
    »Ach, jetzt verteidigst du diese Sünde auch noch?« Wütend sah Johannes Jakobs abwechselnd zu Meike und Claudia.
    Meike legte ihren Kopf in die Hände. Genauso hatte es kommen müssen. Sie hatte es geahnt, nein, genau gewusst, dass ihre Eltern kein Verständnis für sie haben würden.
    »Das ist abartig, widerwärtig. Bei dem bloßen Gedanken daran dreht sich mir der Magen um.« Johannes Jakobs schob seinen Stuhl schwungvoll zurück. Der Stuhl geriet ins Wanken und fiel mit einem lauten Knall zu Boden. »Meine Tochter eine Lesbe!«, schimpfte er, bevor er mit lautem Stampfen das Esszimmer verließ.
    »Mama, sag doch auch mal was«, forderte Claudia Inge Jakobs auf.
    Meikes Mutter hatte bisher mit gesenkten Schultern dagesessen. In ihren Augen konnte Meike Tränen erkennen. Ihr Blick war wie versteinert. »Was haben wir falsch gemacht?«, flüsterte sie nun.
    »Ihr habt nichts falsch gemacht. Ich habe mich einfach verliebt«, erklärte Meike.
    »Aber warum ausgerechnet in eine Frau?« Meikes Mutter schüttelte leicht den Kopf. »So etwas habe ich schon immer geahnt«, fügte sie mehr zu sich selbst hinzu. »Aber ich kann es nicht verstehen.«
    »Du musst es auch nicht verstehen. Akzeptier es einfach«, meinte Claudia.
    »Das . . . geht nicht. Das kann ich nicht.« Mechanisch räumte Inge Jakobs die Teller zusammen, um sie in die Küche zu bringen.
    Claudia legte Meike ihre Hand auf die Schulter. »Nimm es nicht so schwer. Irgendwann werden sie es akzeptieren. Gib ihnen ein bisschen Zeit.«
    Meike nickte schwach. »Habe ich eine andere Wahl?« Sie hatte das Gefühl, gerade aus einem Alptraum zu erwachen – nur dass es gar kein Traum war. Ihr Brustkorb fühlte sich an wie zugeschnürt.
    Inge Jakobs kam aus der Küche zurück und servierte Gänsebraten, Rotkohl und Klöße. Offenbar war ihre Strategie, einfach zur Tagesordnung überzugehen und das Geschehene zu ignorieren. »Schatz, kommst du? Wir möchten gern weiteressen.« Ihre Stimme klang schrill.
    Mit finsterer Miene betrat Johannes Jakobs wieder das Esszimmer. Er hob

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