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Klassentreffen (German Edition)

Klassentreffen (German Edition)

Titel: Klassentreffen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Schöning
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schrie es in Meike, aber sie traute sich nicht, es auszusprechen. Jedes Mal, wenn Franzi sie ansah, dachte sie, in Franzi dieselben Gefühle wahrzunehmen, die gleiche Sehnsucht zu spüren wie vor ihrer Trennung. Aber nur einen Augenblick später war alles verschwunden, und Franzi wirkte wieder kalt und teilnahmslos. Was fühlte sie wirklich? »Es war nicht einfach für mich, aber ich wollte es nicht länger verheimlichen.« Meike senkte die Stimme. »Auch wenn es zu spät ist. Es war der größte Fehler meines Lebens, nicht eher zu meiner Liebe zu stehen.«
    Franzis Hand bewegte sich ganz langsam auf Meike zu. Fast hatte sie Meikes Oberschenkel erreicht. Franzi nickte. Millimeter für Millimeter wanderten ihre Finger weiter.
    Meike zitterte am ganzen Körper. Wie sehr sehnte sie sich nach Franzis Berührungen . . .
    Da zog Franzi abrupt ihre Hand zurück. »Vielleicht ist es besser, wenn du jetzt gehst.« Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
    Franzis Worte ließen Meike hart auf dem Boden der Tatsachen aufschlagen. »Ja, vielleicht.« Sie seufzte. Für einen Moment hatte sie wirklich gedacht, Franzi würde ihr verzeihen. Ihnen noch eine Chance geben.
    »Ich kann das nicht«, murmelte Franzi, als hätte sie Meikes Gedanken gelesen.
    Aber Meike wollte noch nicht aufgeben. In diesem Moment hätte sie alles getan, um Franzi nicht für immer zu verlieren. »Hast du Lust, mich am Halbjahresende zum Schulfest zu begleiten?« Sie zupfte ihren Pullover zurecht.
    Franzis Kopfschütteln war kaum wahrnehmbar. »Danke für die Einladung.« Sie räusperte sich. »Aber es ist besser, wenn ich zu Hause bleibe.«
    Meike konnte nicht verhindern, dass sich die Enttäuschung auf ihrem Gesicht abzeichnete. »Schade.« Sie beobachtete, wie Franzis Finger miteinander spielten. »Falls du es dir anders überlegst . . .« Aus ihrer Handtasche zog sie ein Blatt Papier. Sie reichte Franzi den Flyer.
    »Mal sehen.« Franzi nahm den Zettel entgegen.
    »Also dann . . .« Meike stand auf. Im Flur griff sie nach ihrem Mantel. Franzi war ihr nicht gefolgt. Langsam hüllte Meike sich in Mantel und Schal. Dann warf sie einen letzten Blick ins Wohnzimmer. Franzi saß regungslos auf dem Sofa, den Flyer noch in der Hand.
    »Tschüss«, verabschiedete sich Meike.
    Franzi sah zu ihr. Ihre Augen schimmerten feucht. »Mach’s gut.«

~*~*~*~
    M eike ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen. Was für ein Tag. Dieses Weihnachtsfest würde sie niemals vergessen.
    Sie ging in die Küche, öffnete den Kühlschrank und nahm die Flasche Weißwein heraus. Geschickt entkorkte sie die Flasche und goss sich etwas ein. Das konnte sie jetzt gut gebrauchen.
    Natürlich hatte sie erwartet, dass ihre Eltern so reagieren würden, besonders ihr Vater. Trotzdem tat es weh, dass er ihr nicht einmal die Chance gab, sich zu erklären. Er hätte ihr wenigstens zuhören können.
    Und dann Franzi.
    Meike legte sich auf die Couch. Sie drehte den Stiel des Glases in ihrer Hand und starrte in die goldgelbe Flüssigkeit. Was empfand Franzi für sie? Sie konnte es nicht einordnen. War es Liebe? War es Hass? Gleichgültigkeit?
    Sie nahm einen großen Schluck Wein. Alles, was sie wusste, war, dass ihr Herz bei Franzis Anblick verrückt gespielt hatte. Ihre Gefühle für Franzi waren in den vergangenen Wochen kein bisschen verblasst, ganz im Gegenteil.
    Sollte sie das alles kampflos aufgeben?
    Dieses Jahr, das sich nun langsam dem Ende zuneigte, war das aufregendste und zugleich schönste Jahr ihres Lebens gewesen. Hätte ihr jemand vor zwölf Monaten gesagt, was sie erwarten würde, sie hätte ihn für wahnsinnig gehalten.
    Das alles hatte sie Franzi zu verdanken. Ihrer Liebe zu Franzi.
    Meike schloss die Augen. Ja, sie liebte Franzi immer noch, sie würde Franzi immer lieben. Und sie würde um Franzi kämpfen. Entschlossen stand sie auf und setzte sich an ihren Schreibtisch. Eine kleine Lampe spendete etwas Licht.
    Sie griff nach einem Blatt Papier und ihrem Füller, dann begann sie zu schreiben. Mehrmals setzte sie von neuem an, zerknüllte den Entwurf, bis sie endlich zufrieden war.
    Nachdem sie den letzten Punkt gesetzt hatte, nahm sie die fein säuberlich beschriebenen Bögen in die Hand und las:
    Liebe Franzi,
unsere heutige Begegnung geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich kann dich einfach nicht vergessen. Ich habe es versucht, ich habe es wirklich versucht, aber es gelingt mir einfach nicht. Aus diesem Grund habe ich beschlossen, dir einen Brief zu schreiben.

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