Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kleine Einblicke

Kleine Einblicke

Titel: Kleine Einblicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathilda Grace
Vom Netzwerk:
mal erzählt, dass die Kinder sie immer als Zielscheiben benutzt und die Stadt es irgendwann aufgegeben hatte, die Lampen zu reparieren. Bei einer Hauptstraße hätte diese Art von Geldsparerei Ärger gegeben, aber so kümmerte es keinen.
    Abgesehen von ihm selbst gerade. Daniel schauderte, als der Wind wieder auffrischte. Überall knarrten Äste, die Bäume ächzten wegen der starken Böen und warfen dabei die bizarrsten Schatten auf den Boden und überall um ihn herum. 'Bloß weg hier', dachte Daniel und ging schneller. 'Gespenstische Stille kann man nicht überhören' , hatte er mal in einem von Connors Büchern gelesen und dessen Worte bekamen gerade eine ziemliche Bedeutung, denn es war, abgesehen vom Wind, totenstill um ihn herum - bis die Schritte begannen.
    Daniel blieb stehen und lauschte angestrengt. Es waren schritte, ganz eindeutig. Er konnte sie trotz des Windes hören. Es raschelte und knisterte immer wieder. So als würde jemand durch Laub gehen, erkannte er und drehte sich um, in der Erwartung, vielleicht einen Spaziergänger zu entdecken oder einen Jäger, denn die waren oft in den Wäldern um Cumberland unterwegs, doch die Straße war verwaist. Außer feuchtem Laub und dem Nebel, der mittlerweile bis zu seinen Knöcheln hoch waberte, war nichts zu sehen. Daniel drehte sich kopfschüttelnd wieder nach vorn, um endlich aus dem Waldstück herauszukommen. Nichts gegen Halloween und Gruselgeschichten, aber das ging jetzt doch etwas zu weit. Ihm kam ein Gedanke, der ihn erneut die Stirn runzeln ließ. Was, wenn das ein dummer Scherz war? Nick oder Tristan traute er so etwas durchaus zu. Daniel starrte wütend in den Wald.
    „Jungs, wenn das ein Scherz sein soll, lasst es!“, erklärte er in die Dunkelheit und verschränkte die Arme vor der Brust. Wieder raschelte es und das bestätigte ihm seinen Verdacht. Da steckten doch garantiert Nick und Tristan dahinter. Connor würde so etwas mit ihm nie machen. „Ihr kommt da sofort raus, sonst werde ich...“
    Der Rest seiner Drohung blieb unausgesprochen, als Daniel plötzlich Pferde wiehern hörte. Dazu kamen beständig quietschende Kutschräder, der Knall einer Peitsche und donnerndes Hufgetrappel. Er sah wieder nach vorn und im nächsten Moment fielen ihm die Arme kraftlos an den Seiten herab. Durch den Nebel hindurch bahnte sich ein Vierspänner mit schwarzen Rappen, die eine große altertümliche Kutsche zogen, den Weg direkt auf ihn zu. Eine leuchtende Laterne seitlich an der Kutsche schwankte mit den Bewegungen der kräftigen Tiere mit und vorne auf dem Kutschbock saß ein Mann in schwarz – ohne Kopf.
    Daniel blieb der Mund offen stehen. Der Kutscher hatte keinen Kopf. Er schloss die Augen, schüttelte seinen eigenen Kopf und schaute wieder nach vorn. Doch das Bild hatte sich nicht verändert. Das da vor ihm hatte wirklich keinen Kopf, und die Kutsche, die er oder es oder was auch immer antrieb, kam schnell näher. Daniel wich zur Seite aus. Was immer das hier werden sollte, er fand es nicht im Geringsten lustig. Das konnte doch nur ein dummer Scherz sein. Ja, genau. So musste es sein. Ein dummer Scherz. Der ganz sicher nicht für ihn bestimmt war. Daniels Hoffnung zerschlug sich allerdings, als der Kutscher sein Gefährt ein paar Meter vor ihm zum Stehen brachte.
    Sein Herz schlug rasend schnell und langsam regte sich bei ihm das dumpfe Gefühl, dass das Ganze hier vielleicht doch kein dummer Streich war. Und auch keine versteckte Kamera oder eine alberne Inszenierung von Nick und Tristan, um ihm Angst einzujagen. Selbst wenn, ihr Ziel erreicht hatten sie schon, denn dieser Kutscher war echt. Daniel konnte das Leder seiner Kleidung riechen. Das Öl, mit dem der Docht in der Laterne zum brennen gebracht wurde, das Holz der Kutsche. Angst kroch seinen Nacken hinauf und legte sich wie ein zweiter Mantel um ihn, während er langsam zurückwich. Der Kutscher ohne Kopf sah in seine Richtung. Wie das möglich war, konnte Daniel nicht sagen, aber er war sich sicher, dass dieses Ding genau wusste, wo er war und was er gerade tat.
    Plötzlich bewegte eine leichte Windböe sein Haar und es dauerte mehrere Sekunden bis Daniel bemerkte, dass der Wind nach Mandeln roch. Er runzelte die Stirn. Seit wann roch Wind nach Mandeln? Sein Mund öffnete sich zu einem lautlosen Schrei, als Daniel aufging, dass nicht der Wind sein Haar bewegt hatte, sondern jemand oder etwas anderes, das direkt hinter ihm war und dessen Atem er gerochen hatte. 'Mein Gott', dachte er

Weitere Kostenlose Bücher