Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kleine Freie Männer

Kleine Freie Männer

Titel: Kleine Freie Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
kann schwarze Kleidung tragen«, erwiderte die
    Frau. »Das bedeutet nichts.«
    »Und du hast einen Strohhut mit Papierblumen auf«,
    fuhr Tiffany fort.
    »Aha!«, sagte die Frau. »Das ist der Beweis. Hexen
    tragen große, spitze Hüte. Das weiß jeder, dummes Kind.«
    »Ja, aber Hexen sind auch sehr schlau«, sagte Tiffany
    ruhig. Das Funkeln in den Augen der Frau veranlasste sie weiterzusprechen. »Sie schleichen umher. Wahrscheinlich sehen sie nicht oft wie Hexen aus. Und eine Hexe, die
    hierher käme, wüsste vom Baron und würde einen Hut
    tragen, von dem alle wissen, dass eine Hexe ihn nicht
    trägt.«
    Die Frau musterte sie. »Das ist außerordentlich gut
    überlegt«, sagte sie schließlich. »Du wärst eine gute
    Hexensucherin. Weißt du, dass man Hexen früher
    verbrannt hat? Welchen Hut auch immer ich trage, für dich wäre er ein Beweis dafür, dass ich eine Hexe bin, nicht wahr?«
    »Auch der Frosch auf dem Hut gibt einen Hinweis«,
    sagte Tiffany.
    32
    »Eigentlich bin ich eine Kröte«, sagte das Wesen, das zwischen den Papierblumen hockte und Tiffany beobachtet hatte.
    »Für eine Kröte bist du sehr gelb.«
    »Ich war ein wenig krank«, sagte die Kröte.
    »Und du sprichst«, stellte Tiffany fest.
    »Du hast nur mein Wort«, sagte die Kröte und
    verschwand hinter den Papierblumen. »Du kannst nichts
    beweisen.«
    »Du hast doch keine Streichhölzer dabei, oder?«, wandte sich die Frau an Tiffany.
    »Nein.«
    »Gut, gut. Wollte nur sichergehen.«
    Wieder war es einige Sekunden still, während die Frau
    einen nachdenklichen Blick auf Tiffany richtete.
    »Ich heiße Fräulein Tick«, sagte sie schließlich. »Und ich bin eine Hexe. Es ist natürlich ein guter Name für eine Hexe.«
    »Soll er vielleicht darauf hinweisen, dass du einen Tick hast?«, fragte Tiffany und runzelte die Stirn.
    »Wie bitte?«, erwiderte Fräulein Tick kühl.
    »Nervöse Zuckungen und dergleichen«, erklärte Tiffany.
    »Oder meinst du Tick wie in ›du tickst nicht richtig‹?«
    »Ich meine, dass es nach Mystik klingt«, sagte Fräulein Tick.
    »Oh, ein Wortspiel. In dem Fall könntest du auch
    ›Tisch‹ heißen, wie in ›mystisch‹ und ›enigmatisch‹, oder
    ›Voll‹ wie in ›geheimnisvoll‹, oder …«
    »Bestimmt kommen wir bestens miteinander zurecht«,
    33
    sagte Fräulein Tick. »So gut, dass es vielleicht keine Überlebenden gibt.«
    »Bist du wirklich eine Hexe?«
    »Ja«, sagte Fräulein Tick. »Ich bin wirklich eine Hexe.
    Ich habe ein sprechendes Tier, neige dazu, andere Leute zu korrigieren, stecke meine Nase gern in fremde
    Angelegenheiten und, ja, ich trage einen spitzen Hut.«
    »Kann ich jetzt die Feder bedienen?«, fragte die Kröte.
    »Ja«, sagte Fräulein Tick, den Blick weiter auf Tiffany gerichtet. »Betätige die Feder.«
    »Es macht mir Spaß, die Feder zu bedienen«, sagte die
    Kröte und kroch zum hinteren Teil des Hutes.
    Es klickte, und ein leises Fwep-fwep erklang, als der mittlere Teil des Hutes langsam und ruckartig nach oben fuhr. Die Papierblumen fielen zur Seite.
    »Ah …«, sagte Tiffany.
    »Hast du eine Frage?«, erkundigte sich Fräulein Tick.
    Mit einem letzten Fwop richtete sich die Hutmitte auf und bildete eine perfekte Spitze.
    »Woher weißt du, dass ich nicht wegrenne und dem
    Baron Bescheid gebe?«, fragte Tiffany.
    »Weil du das gar nicht willst«, antwortete Fräulein Tick.
    »Du bist absolut fasziniert. Du möchtest selbst eine Hexe sein, nicht wahr? Wünschst du dir vielleicht, auf einem Besen zu fliegen?«
    »Ja!« Tiffany hatte oft vom Fliegen geträumt. Die
    nächsten Worte von Fräulein Tick brachten sie auf den
    Boden zurück.
    34
    »Tatsächlich? Trägst du gern dicke, wirklich dicke
    Unterhosen? Glaub mir: Wenn ich fliegen muss, trag ich zwei Paar aus Wolle, und darüber eine Leinenhose, die nicht sehr feminin wirkt, ganz gleich, wie viele Borten und Tressen man aufnäht. Da oben kann es sehr kalt sein. Das vergessen die Leute. Und dann erst die Borsten. Frag mich nicht nach den Borsten. Ich will nicht über die Borsten reden.«
    »Aber kannst du nicht einen Wärmezauber
    verwenden?«, fragte Tiffany.
    »Das könnte ich. Aber so was macht eine Hexe nicht.
    Wenn man Magie anwendet, um sich zu wärmen, dann
    benutzt man sie bald auch für andere Zwecke.«
    »Aber ist das nicht genau das, was eine Hexe …«,
    begann Tiffany.
    »Wenn man von Magie erfährt, ich meine, wenn man sie
    lernt, wenn man alles über Magie lernt, was möglich ist, muss man die

Weitere Kostenlose Bücher