Kleine freie Männer
groß für den Rest der Körpers erscheinen, aber vielleicht wächst sie hinein.
Und dann steigen wir nach oben, immer weiter nach oben, bis der Pfad zu einem Band wird und Tiffany und ihr Bruder zu zwei kleinen Punkten. Das Land wird sichtbar.
Man nennt es Kreide. Eine grüne hügelige Landschaft erstreckt sich im hochsommerlichen Sonnenschein. Von hier oben gesehen, wirken die Schafherden, die langsam über die Wiesen mit dem kurzen Gras ziehen, wie Wolken an einem grünen Himmel. Hier und dort sausen Schäferhunde wie Kometen hin und her.
Und als die Augen zurückweichen, wird das Land zu einem langen grünen Hügel, der wie ein großer Wal auf der Welt liegt...
... umgeben vom schwarzen Regenwasser in der Untertasse.
Fräulein Tick sah auf.
»Der kleine Mann in dem Boot war einer von den Wir-sind-die-Größten!«, sagte sie. »Einer aus dem gefürchtets-ten Koboldvolk! Selbst Trolle fliehen vor den Kleinen Riesen! Und einer von ihnen hat sie gewarnt!«
»Also ist sie die Hexe?«, fragte die Stimme.
»In dem Alter?«, erwiderte Fräulein Tick. »Unmöglich!
Niemand hat sie unterrichtet! Es gibt keine Hexen auf der Kreide! Sie ist zu weich. Und doch... sie hatte keine Angst... «
Der Regen hatte aufgehört. Fräulein Tick blickte zu der Kreide, die sich unter den niedrig hängenden, ausgewrungenen Wolken erhob. Die Entfernung betrug etwa fünf Meilen.
»Dieses Kind müssen wir im Auge behalten«, sagte sie. »Aber Kreide ist zu weich, als dass eine Hexe darauf wachsen kann... «
Nur die Berge waren höher als die Kreide. Steil, violett und grau ragten sie auf, und selbst im Sommer zogen sich lange Schneefahnen über die Gipfel. »Bräute des Himmels« hatte Oma Weh sie einmal genannt. Es geschah so selten, dass sie etwas sagte, noch dazu etwas, das nicht mit Schafen in Zusammenhang stand, dass Tiffany es sich gemerkt hatte. Außerdem stimmte es genau. So sahen die Berge im Winter aus, wenn sie ganz weiß waren und sich die Schneefahnen wie Schleier bewegten.
Oma hatte alte Worte und alte Redensarten benutzt, nicht vom Kreideland gesprochen, sondern vom »Flachen«. Der kalte Wind im Flachen, da gibt es nichts zu lachen, hatte Tiffany gedacht, und auf diese Weise hatte das Wort einen Platz in ihrem Gedächtnis gefunden.
Sie erreichte die Farm.
Die Leute neigten dazu, Tiffany in Ruhe zu lassen. Das hatte nichts Grausames oder Unangenehmes an sich; die Farm war groß, und alle mussten sich um ihre Arbeit kümmern, und Tiffany erledigte ihre sehr gut, wodurch sie in gewisser Weise unsichtbar wurde. Sie war Milchmädchen, und zwar ein gutes. Sie machte bessere Butter als ihre Mutter und wurde oft für ihren Käse gelobt. Es war ein Talent. Manchmal, wenn reisende Lehrer zum Dorf kamen, ging sie zu ihnen, um sich ein wenig Bildung zu holen. Aber meistens arbeitete sie in der Molkerei, wo es dunkel und kalt war. Es gefiel ihr. Es bedeutete, dass sie etwas für die Farm tat.
Sie hieß Heimfarm. Tiffanys Vater hatte sie vom Baron gepachtet, dem das Land gehörte, aber die Wehs betrieben hier schon seit Jahrhunderten Landwirtschaft, und manchmal, nach einem Bier am Abend, meinte ihr Vater, das Land wüsste, dass es den Wehs gehörte. Tiffanys Mutter meinte bei solchen Gelegenheiten, dass er so etwas nicht sagen sollte, obgleich der Baron seit Omas Tod vor zwei Jahren immer sehr respektvoll zu Herrn Weh war und ihn den besten Schäfer in diesem Hügelland nannte, und die Bewohner des Dorfes fanden, dass es in letzter Zeit kaum etwas an ihm auszusetzen gebe. Es zahlte sich aus, respektvoll zu sein, meinte Tiffanys Mutter, und der arme Mann hatte eigene Sorgen.
Doch gelegentlich bestand ihr Vater darauf, dass die Wehs (oder Wes, Vehs, Wehrs - die genaue Schreibweise war nicht festgelegt) seit vielen hundert Jahren in alten Dokumenten über diese Region erwähnt wurden. Sie hatten die Hügel in den Knochen, betonte er, und sie waren immer Schäfer gewesen.
Tiffany fühlte sich deshalb stolz, auf eine seltsame Art und Weise, denn es wäre auch schön gewesen, darauf stolz zu sein, dass ihre Vorfahren ein wenig herumgekommen waren und gelegentlich Neues ausprobiert hatten. Aber man musste auf irgendetwas stolz sein. Und so lange sich Tiffany zurückerinnern konnte, hatte ihr Vater - ein ansonsten ruhiger, schwerfälliger Mann - den Witz gemacht, der vermutlich seit Jahrhunderten von einer Weh-Generation an die nächste weitergegeben wurde.
Er sagte zum Beispiel »Wieder ein harter Arbeitstag, o weh«, oder
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