Kleiner Musicalratgeber für Anfänger und Fortge
für diesen Sommer außergewöhnlich heißen Tag (immerhin knapp 24 Grad) Mitte August schlechtere Ideen geben konnte, als sich Herrn Stanke, den sie in den letzten Jahren immer mehr zu schätzen lernte, in dieser himmlischen Rolle anzuschauen. Nachdem diverse wohl bekannte Wetterseiten ausgiebigst befragt worden waren und das Risiko für Regen als vergleichsweise gering eingeschätzt wurde, konnte es losgehen in Richtung des schönen Tecklenburgs. Zur Sicherheit befanden sich neben den üblichen Sitzauflagen auch Regencapes im Gepäck – nur vorsichtshalber, für den Fall der Fälle, versteht sich. Von den Unwetterwarnungen, über die das Radio während der einstündigen Fahrt immer wieder informierte, ließen sie und ihre Begleitung sich nicht beeindrucken: Immerhin war Tecklenburg weit weg vom Rheinland und lag definitiv auch nicht im Ruhrpott. Und im Übrigen blieben die diversen Wetterseiten, dank Smart-phone jederzeit erreichbar, bei ihrer Ansicht, falls es Regen gäbe, dann nur ein paar Tröpfen. Also alles Roger (wer immer das sein mag)!
Unverdrossen und ständig das Mantra des Tages murmelnd »Es wird nicht regnen, es wird nicht regnen«, also hochgestapft in Richtung Tickethäuschen und spontan Karten erworben für Reihe 4, überdacht. Zwar wärendie nicht überdachten PK 3-Plätze fast unmittelbar daneben wesentlich günstiger gewesen, aber soviel Gottesvertrauen hatte die Bloggerin dann doch nicht. Selbstredend wurde diese kleine Sünde sofort bestraft: Kaum aus dem Tickethäuschen herausgetreten und mit jenem hirnlos- seligen Lächeln auf den Lippen, das jene Bloggerin immer dann befällt, wenn sie schöne Plätze für eine tolle Veranstaltung ergattern konnte, fallen einige Tropfen Wasser auf ihre Kleidung.»Es fängt an zu regnen«, stellt ihr Begleiter scharfsinnig fest und handelt sich einen ungehaltenen Seitenblick ein.
»Es regnet nicht... das ist nur ein Schwarm inkontinenter Vögel«, knurrt die Bloggerin und stapft unverdrossen weiter den Berg Richtung Burg hoch während sie darüber reflektiert, dass in diesem Sommer schon verdammt viele Vögel unter Inkontinenz gelitten haben.
Gut, der Fairness halber muss man festhalten, dass die Pfingstgala Tecklenburg sowie die Sommernacht des Musicals in Dinslaken von diesen blasenschwachen Tieren verschont geblieben waren, ebenso in großen Teilen die Heidelberger und Ettlinger Schlossfestspiele – wobei man sich bei letzterer Veranstaltung schon bei Temperaturen unter 12 Grad unter dicken Decken zusammenmummeln musste, um sich keine Erfrierungen ersten Grades zuzuziehen. Anscheinend hat man in diesem Sommer nur die Wahl zwischen Pest und Cholera, äh, Starkregen oder Eiseskälte, Ertrinken oder Erfrieren. Das wiederum wirft die Frage auf: Weiß der Sommer, dass Sommer ist?
Oben angekommen ist der Vogelschwarm anscheinend vorbeigeflogen und die Bloggerin wirft ihrem Begleiter ein triumphierendes: »Ich hab’s dir ja gesagt« zu, während sie ihren Sitzplatz mit Auflage und Decke vorbereitet und dann beglückt aufseufzt, als die ersten Takte der beeindruckenden Overtüre zu Andrew Lloyd Webbers Rockoper »Jesus Christ Superstar« erklingen. Doch gerade als der erste Song einsetzt verdunkelt sich der Himmel und die Wolken reißen auf. »Shit, es schüttet!«, bemerkt meine Sitznachbarin und da auch noch ein recht frischer Wind aufkommt, fühlen das im Nu auch all jene Zuschauer, die sich unter dem unter diesen Umständen mitnichten schützenden Dach befinden. Ein allgemeines Gekruschtel nach Regencapes setzt ein und alles rückt nun näher zusammen, um nicht mehr ganz so schutzlos den Elementen ausgeliefert zu sein. Zwischenzeitlich wird der Regen immer stärker und die ersten vereinzelten Blitze durchzucken den mittlerweile nachtschwarzen Himmel. Auf der Bühne spielt man derweil beeindruckenderweise so weiter, als ob überhaupt nichts wäre. Eine Stimme aus dem Off verkündet aber schließlich doch, dass man eine kurze Pause machen wolle, um den »kurzen Schauer« abzuwarten. Derweil resignieren immer mehr Leute am Rand der vorderen Reihen und ziehen sich in die Mitte der hinteren Reihen des Zuschauerraumes zurück. Die erste Reihe entdeckt derweil, wieso es ohne Gummistiefel und Schwimmflügel nicht gerade ratsam ist, bei Regen dort zu sitzen. Es wäre jetzt ohne Zweifel möglich Schlammbäder zu nehmen, und obwohl diese ja bekanntlich der Schönheit sehr zuträglich sein sollen, wollen alle nur eins: Das Stück zuende sehen.
Nach etwa dreißig
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