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Kleiner Werwolf - Funke, C: Kleiner Werwolf

Kleiner Werwolf - Funke, C: Kleiner Werwolf

Titel: Kleiner Werwolf - Funke, C: Kleiner Werwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Funke
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Tatze, die mal seine Hand gewesen war.
    Da wurde Lina ganz still. Mucksmäuschenstill.
    »Ich dachte, du hilfst mir!«, schniefte Motte. »Ich dachte, Lina wird schon was einfallen. Aber jetzt stehst du nur da und schreist wie eine Irre.«
    Langsam stieg Lina vom Sofa, stellte den Kerzenständer zurück auf den Tisch und kniete sich vor Motte auf den Teppich.
    »Motte?«, fragte sie leise.
    »Was is?« Motte rieb sich mit der normalen Hand die Tränen aus dem Fell.
    »Du bist es wirklich«, sagte Lina ungläubig.
    »Ja, sicher. Wer soll ich denn sonst sein? Ein Außerirdischer oder so was?«
    Lina streckte die Hand aus und strich über seine pelzige Backe. Dann kicherte sie plötzlich.
    »Ist ja ein Ding«, sagte sie. »Wie im Film, was?«
    »Ich find das überhaupt nicht lustig«, knurrte Motte.
    »Haben deine Eltern dich schon so gesehen?«, fragte Lina.
    »Bist du verrückt? Niemand hat mich so gesehen. Deshalb hatte ich doch das Laken über. Frau Dinkelbier hat natürlich wieder mal die Nase ins Treppenhaus gesteckt, als ich vorbeikam. Die denkt jetzt, es spukt. Herr Klopotek hat fast einen Herzschlag gekriegt. Und sein Hund«, Motte musste grinsen, »der ist tatsächlich vor mir ausgerissen.«
    »Klopoteks Boxer?«, fragte Lina ungläubig. »Das Monster ist vor dir ausgerissen?«
    Motte nickte. Ja, das war ein gutes Gefühl gewesen. Aber trotzdem dachte er mit Unbehagen daran zurück, was im Treppenhaus passiert war. Denn er hatte vor sich selbst mehr Angst gehabt als vor Klopoteks Boxer.
    »Meinst du, ich hab Tollwut, Lina?«, fragte er.
    »Quatsch!« Lina griff nach seiner verletzten Hand, die jetzt eine Tatze war. Sie guckte in sein haariges Gesicht. »Ich glaube, du bist ein Werwolf.«
    »Ein was?«, fragte Motte entgeistert.
    »Ein Werwolf«, wiederholte Lina. »Darüber hab ich mal einen Film gesehen. War ein ziemlich scheußlicher Film. Jemand ist von einem Wolf gebissen worden und danach hat er sich jede Nacht etwas mehr in einen Wolf verwandelt.« Lina guckte Motte an. »Ich finde, du siehst schon ein bisschen wie ein Wolf aus.«
    »Jede Nacht etwas mehr?« Motte guckte auf seine Krallen. »Du meinst, das wird noch schlimmer?«
    Lina zuckte die Achseln. »In dem Film war es genau so.«
    »Und dann?«, fragte Motte. »Was ist dann passiert? In dem Film, meine ich.«
    »Weiß ich nicht«, sagte Lina. Aber sie sagte es ein bisschen zu schnell. Und außerdem leckte sie sich dabei die Lippen. Das tat sie immer, wenn sie log.

    »Und was passierte dann, Lina?«, fragte Motte nach.
    »Och, morgens hat er sich immer zurückverwandelt«, sagte Lina. »Aber mehr weiß ich wirklich nicht mehr.«
    Wieder leckte sie sich die Lippen.
    »Aha, zurückverwandelt«, murmelte Motte.
    »Ja, er war nur im Dunkeln ein Wolf.«
    »Aha«, nickte Motte. »Na, das wär nicht schlecht. Denn so kann ich ja wohl nicht zur Schule gehen, was?«
    »Wär mal was anderes.« Lina kicherte. »Dann könntest du unseren blöden Biolehrer mal so richtig schön erschrecken.«
    »Verlockender Gedanke«, sagte Motte, »sehr verlockend.«
    Lina streichelte ihm die Tatze. »Mir fällt schon was ein«, tröstete sie ihn. »Mir fällt immer was ein, weißt du doch.«
    »Stimmt«, sagte Motte.
    Aber diesmal war er sich nicht so sicher.

[zurück]
Zwei Tage bis zum nächsten Vollmond
    Am nächsten Morgen war alles verschwunden: der Pelz im Gesicht, die Krallen, die buschigen Augenbrauen und die raue Stimme. Nur die Wunde an der Hand war noch da und hören und riechen konnte Motte immer noch viel besser als früher.
    Beim Frühstück zog ihm Papas Rasierwasser stechend in die Nase, und als er sich die Jacke anzog, hörte er, dass sich ein Stockwerk höher die Leute über das Gespenst unterhielten, das Herr Klopotek und Frau Dinkelbier im Treppenhaus gesehen hatten. Ein knurrendes Gespenst.
    Motte musste grinsen.
    »Was grinst du so?«, fragte Mama. Sie steckte ihm das Pausenbrot in die Tasche. Motte schnupperte. Salami.
    »Die Dinkelbier hat gestern wieder mal die Feuerwehr gerufen«, sagte Mama. »Stell dir vor, diesmal hat sie ein Gespenst gesehen.«
    »Und?«, fragte Motte. Seine Hand juckte. Er hatte ein großes Pflaster draufgemacht.
    »Die Feuerwehr hat sich geweigert zu kommen«, erzählte seine Mutter. »Komisch, deine Stimme ist wieder ganz normal, aber –«, sie drehte sein Gesicht zu sich hin, »deine Augen sind so eigenartig, richtig gelb.«
    »Ach was!«, sagte Motte und drehte schnell den Kopf weg.
    »Doch, doch!« Mama gab ihm einen

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