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Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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andere Exhumierungen. Der Polizist in Saint-Gabriel zum Beispiel. Auf jenem Friedhof waren die Särge dreifach übereinandergestapelt gewesen; schließlich hatten wir Monsieur Beaupré vier Gräber von der in den Unterlagen verzeichneten Stelle entfernt gefunden, in unterster, nicht in oberster Position. Und dann der Mann in Winston-Salem, der nicht in seinem eigenen Sarg lag. In dem befand sich eine Frau in einem langen, blumengemusterten Kleid. Worauf der Friedhof ein doppeltes Problem gehabt hatte. Wo war der Verstorbene? Und wer die Leiche in dem Sarg? Die Familie war nie in der Lage gewesen, ihrem Großvater in Polen eine letzte Ruhestätte zu schenken, und die Anwälte hatten sich für einen Kampf gerüstet, als ich den Schauplatz verließ.
    Weit weg hörte ich eine Glocke läuten und dann, im Korridor, ein Schlurfen. Die alte Nonne kam wieder ins Zimmer.
    »Serviettes«, kreischte sie. Ich schrak hoch und schüttete mir Kaffee auf den Ärmel. Wie konnte eine so zierliche Person eine solche Lautstärke produzieren?
    »Merci.« Ich griff nach den Servietten.
    Sie ignorierte mich, kam näher und fing an, an meinem Ärmel zu reiben. Ein winziges Hörgerät ragte hinter ihrem rechten Ohr hervor. Ich spürte ihren Atem und sah feine weiße Haare auf ihrem Kinn. Sie roch nach Wolle und Rosenwasser.
    »Eh voilà. Waschen Sie es, wenn Sie nach Hause kommen. Mit kaltem Wasser.«
    »Ja, Schwester.« Ein Reflex.
    Ihr Blick fiel auf den Brief in meiner Hand. Zum Glück war kein Kaffee darauf. Sie beugte sich über das Schreiben.
    »Élisabeth Nicolet war eine großartige Frau. Eine Frau Gottes. Eine solche Reinheit. Ein solcher Ernst.« Pureté. Austérité. Ihr Französisch klang, wie ich mir Élisabeths Briefe gesprochen vorstellte.
    »Ja, Schwester.« Ich war wieder neun Jahre alt. »Sie wird eine Heilige.«
    »Ja, Schwester. Deswegen versuchen wir ja, ihre Knochen zu finden. Damit sie eine angemessene Behandlung erfahren können.« Ich wußte nicht so recht, was eine angemessene Behandlung für eine Heilige war, aber es klang irgendwie richtig.
    Ich zog den Lageplan hervor und zeigte ihn ihr. »Das ist die alte Kirche.« Ich fuhr die Reihe an der Nordwand nach und deutete auf ein Rechteck. »Das ist ihr Grab.«
    Die alte Nonne musterte, die Brille nur Millimeter von dem Blatt entfernt, die Zeichnung. »Dort liegt sie nicht.«
    »Wie bitte?«
    »Sie liegt nicht dort.« Ein knotiger Finger tippte auf das Rechteck. »Das ist die falsche Stelle.«
    In diesem Augenblick kehrte Father Ménard zurück. Eine Erklärung war nicht nötig. Offensichtlich hatte er schon im Korridor gehört, was die alte Frau gesagt hatte. Wahrscheinlich hatte man sie bis Ottawa gehört.
    »Das ist die falsche Stelle. Sie suchen an der falschen Stelle.«
    »Was meinen Sie damit, Schwester Bernard?«
    »Sie suchen an der falschen Stelle«, wiederholte sie. »Sie liegt nicht dort.«
    Father Ménard und ich warfen uns einen Blick zu.
    »Wo ist sie dann, Schwester?« fragte ich.
    Sie beugte sich noch einmal über den Lageplan und tippte dann auf den südöstlichsten Winkel der Kirche. »Da ist sie. Zusammen mit Mère Aurelie.«
    »Aber Schwes–«
    »Man hat sie verlegt. Hat ihnen neue Särge gegeben und sie unter einem speziellen Altar vergraben. Dort.«
    Wieder deutete sie auf die südöstliche Ecke.
    »Wann?« fragten wir gleichzeitig.
    Schwester Bernard schloß die Augen. Die runzligen Lippen bewegten sich in stummer Berechnung.
    »1911. Das Jahr, in dem ich als Novizin hierherkam. Ich erinnere mich noch daran, weil ein paar Jahre später die Kirche niederbrannte und geschlossen wurde. Und ich hatte die Aufgabe, den Altar mit Blumen zu schmücken. Ich mochte das gar nicht. Es war unheimlich ganz allein da drin. Aber ich habe es für Gott getan.«
    »Was ist mit dem Altar passiert?«
    »Wurde irgendwann in den Dreißigern ausgebaut. Er ist jetzt in der Kapelle zum Jesuskind in der neuen Kirche.« Sie faltete die Serviette zusammen und sammelte das Geschirr ein. »Früher war da eine Tafel, die die Gräber kennzeichnete, aber jetzt nicht mehr. Es, geht ja niemand mehr da rein. Die Tafel ist seit Jahren verschwunden.«
    Father Ménard und ich sahen uns an. Er zuckte leicht die Achseln.
    »Schwester«, sagte ich, »glauben Sie, Sie könnten uns zeigen, wo Élisabeths Grab ist?«
    »Bien sûr.«
    »Jetzt gleich?«
    »Warum nicht?« Porzellan klapperte.
    »Kümmern Sie sich nicht um das Geschirr«, sagte Father Ménard. »Bitte ziehen Sie Mantel und

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