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Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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müssen. Von den Gräbern aus den 1840er Jahren waren noch Artefakte vorhanden. Eine Testgrabung in diesem Teil hatte Holz- und Metallteile von Särgen zutage gefordert. In der geschützten Umgebung im Inneren der Kirche und in dieser Art von Erdreich erwartete ich eigentlich relativ gut erhaltene Skelette. Wo waren also Élisabeth und Aurelie?
    Die alte Nonne kam mit einem Tablett mit Kaffee und Sandwiches ins Zimmer geschlurft. Dampf aus den Tassen hatte ihr die Brille beschlagen, und so ging sie mit kurzen, schleifenden Schritten, ohne die Füße je richtig vom Boden zu heben.
    Father Ménard stand auf, um ihr das Tablett abzunehmen. »Merci, Schwester Bernard. Das ist sehr freundlich. Sehr freundlich.«
    Die Nonne nickte und schlurfte davon, ohne sich die Brille abzuwischen. Ich nahm mir eine Tasse und sah der Ordensfrau nach. Ihre Schultern schienen so schmal wie mein Handgelenk.
    »Wie alt ist Schwester Bernard?« fragte ich, während ich nach einem belegten Hörnchen griff. Marinierter Lachs und welke Salatblätter.
    »Wir sind nicht ganz sicher. Sie war schon hier, als ich als Junge zum ersten Mal hierherkam, vor dem Krieg. Vor dem Zweiten Weltkrieg, meine ich. Dann ging sie als Lehrerin in Missionen in Übersee. Sie war lange in Japan und dann in Kamerun, glaube ich. Erst seit ein paar Wochen ist sie wieder da. Wir glauben, daß sie in den Neunzigern ist.« Er trank einen Schluck Kaffee. Schlürfend. »Sie wurde in einem kleinen Dorf am Saguenay geboren und sagt, daß sie zwölf war, als sie in den Orden eintrat.« Schlürfen. »Zwölf. Die Aufzeichnungen im ländlichen Quebec waren zu der Zeit nicht so gut. Nicht so gut.«
    Ich biß in mein Croissant und legte die Finger dann wieder um die Kaffeetasse. Die Wärme tat gut.
    »Hochwürden, gibt es noch irgendwelche anderen Aufzeichnungen? Alte Briefe, Dokumente, irgend etwas, das wir uns noch nicht angesehen haben?« Ich wackelte mit den Zehen. Kein Gefühl.
    Er deutete auf die Unterlagen auf dem Schreibtisch und zuckte die Achseln. »Das ist alles, was Schwester Julienne mir gegeben hat. Sie ist die Archivarin des Konvents, wie Sie wissen.«
    »Ja.«
    Schwester Julienne und ich hatten ausführlich miteinander gesprochen und korrespondiert. Sie war es gewesen, die sich wegen des Projekts mit mir in Verbindung gesetzt hatte. Der Fall hatte mich von Anfang an fasziniert. Er war ganz anders als meine übliche forensische Arbeit mit Verstorbenen, die in der Gerichtsmedizin landen. Die Erzdiözese wollte, daß ich die Überreste einer Heiligen exhumierte und untersuchte. Nun ja, eigentlich war sie noch keine richtige Heilige. Aber darauf lief es hinaus. Élisabeth Nicolet war für die Seligsprechung vorgeschlagen worden. Ich sollte ihr Grab finden und nachprüfen, ob die Knochen wirklich die ihren waren. Der Rest war dann Sache des Vatikans.
    Schwester Julienne hatte mir versichert, daß zuverlässige Aufzeichnungen vorhanden seien. Alle Gräber in der alten Kirche waren katalogisiert und kartographiert. Das letzte Begräbnis hatte 1911 stattgefunden. 1914 war die Kirche nach einem Feuer aufgegeben und geschlossen worden. Als Ersatz wurde eine größere erbaut, und das alte Gebäude wurde nie mehr benutzt. Geschlossene Grabungsstätte. Gute Dokumentation. Eigentlich ein Kinderspiel.
    Aber wo war Élisabeth Nicolet?
    »Fragen kann nicht schaden. Vielleicht findet sich ja noch etwas, das Schwester Julienne Ihnen nicht gegeben hat, weil sie es für unwichtig hielt.«
    Er wollte etwas erwidern, schien es sich darin aber anders zu überlegen. »Ich bin mir ziemlich sicher, daß sie mir alles gegeben hat, aber ich werde sie trotzdem fragen. Schwester Julienne hat viel Zeit mit der Recherche in dieser Angelegenheit verbracht. Sehr viel Zeit.«
    Ich sah ihm nach, wie er durch die Tür verschwand, aß mein erstes Hörnchen auf und dann ein zweites. Gut. Das Gefühl in meinen Zehen kehrte zurück. Während ich an meinem Kaffee nippte, nahm ich einen Brief vom Schreibtisch.
    Ich hatte ihn schon einmal gelesen. Vom 4. August 1885. Damals wüteten in Montreal die Pocken. Élisabeth Nicolet hatte an Bischof Edouard Fabre geschrieben und ihn gebeten, für alle Gemeindemitglieder, die nicht infiziert waren, eine Impfung anzuordnen und die Infizierten ins städtische Krankenhaus einzuweisen. Die Handschrift war präzise, das Französisch drollig und altmodisch.
    Im Konvent Notre Dame de L’Immaculée Conception war es absolut still. Meine Gedanken schweiften ab. Ich dachte an

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