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Knochenbruch

Knochenbruch

Titel: Knochenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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weniger Zeit brauchen, um ihn zu verlassen. Ich hätte unmöglich als sein Assistent bleiben können, selbst wenn er mich darum gebeten hätte.
    »Er hat mir alles gegeben«, hatte Alessandro von seinem Vater gesagt. Ich hätte von meinem gesagt, daß er mir nicht besonders viel gegeben hatte. Und ich empfand etwas für ihn, was Alessandro niemals für seinen Vater empfunden hatte, nicht in Momenten der Liebe, nicht in solchen des Hasses.
    Ich empfand – Gleichgültigkeit.
    »Geh jetzt«, sagte er. »Und sag auf deinem Weg nach draußen einer Schwester Bescheid. Ich brauche eine Bettpfanne. Wenn ich klingele, dauert es manchmal eine halbe Stunde, bis jemand kommt. Und ich will die Bettpfanne jetzt, sofort.«
     
    Der Fahrer des Mietwagens, den ich mir in Newmarket genommen hatte, war ganz zufrieden damit, Hampstead in die Reiseroute einzubeziehen.
    »Ein paar Stunden?« fragte ich, nachdem ich mich auf den Gehsteig vor der Wohnung gehievt hatte.
    »Geht in Ordnung«, sagte er. »Vielleicht kann ich irgendwo Tee trinken, obwohl es Sonntag ist.« Voller Hoffnung fuhr er davon, gutgläubige Seele, die er war.
    Gillie sagte, sie habe drei Pfund abgenommen und das Badezimmer schlammgrün gestrichen, und wie ich gedenke, sie zu lieben, wenn ich aussah wie die schlaffe Ausgabe eines Schwindsüchtigen im Endstadium.
    »Ich«, sagte ich, »gedenke gar nicht.«
    »Ah«, sagte sie weise. »Alle Männer haben ihre Grenzen.«
    »Und wenn du schon Vergleiche ziehen mußt, vergleiche mich lieber mit einem Rennpferdtrainer, der gerade sein erstes klassisches Rennen gewonnen hat.« Sie öffnete den Mund und war offensichtlich nicht willens, mit dem notwendigen Kompliment rauszurücken. »In Ordnung«, unterbrach ich sie resigniert.
    »Nicht ich habe gewonnen. Jeder andere, aber nicht ich. Ich bin ja absolut deiner Meinung. Von ganzem Herzen.«
    »Selbstmitleid ist abscheulich«, sagte sie.
    »Hm.« Ich setzte mich behutsam in einen blauen Sessel, lehnte den Kopf zurück und schloß die Augen. Das trug mir auch kein Mitleid ein.
    »Also hast du die Schrammen einkassiert«, bemerkte sie.
    »Stimmt.«
    »Dummer Junge.«
    »Ja.«
    »Möchtest du Tee?«
    »Nein danke«, erwiderte ich höflich. »Kein Mitleid, keinen Tee.«
    Sie lachte. »Dann vielleicht Brandy?«
    »Wenn du welchen da hast.«
    Sie hatte genug da, um die Sorgen der Welt einen Schritt zurücktreten zu lassen, und am Ende zeigte sie doch noch ihre eigene Marke von Mitgefühl.
    »Zuck nicht zusammen«, sagte sie, »wenn ich dich küsse.«
    »Dann küß mich nicht so verdammt hart.«
    Nach einer Weile sagte sie: »Ist diese Schulter alles? Oder kommt da noch mehr?«
    »Das ist alles«, sagte ich und gab ihr einen umfassenden Bericht von den Ereignissen. Gekürzt und schnodderig, aber mehr oder weniger umfassend.
    »Und weiß dein eigener lieber Vater von all dem?«
    »Gott behüte«, sagte ich.
    »Aber er wird es erfahren, oder? Wenn du diesen Alessandro sperren läßt? Und dann wird er begreifen, wieviel er dir verdankt?«
    »Ich will nicht, daß er es begreift«, sagte ich. »Es wäre ihm zuwider.«
    »Charmanter Bursche, dein Vater.«
    »Er ist, wie er ist«, sagte ich.
    »Und war Enzo, wie er war?«
    Ich lächelte sie schief an. »Dasselbe Prinzip, nehme ich an.«
    »Du bist ein Spinner, Neil Griffon.«
    Das konnte ich nicht bestreiten.
    »Wie lange dauert es noch, bis er aus dem Krankenhaus kommt?« fragte sie.
    »Ich weiß nicht. Er hofft, schon bald wieder auf den Beinen zu sein. Dann noch ein oder zwei Wochen Physiotherapie und Gehübungen mit Krücken oder etwas in der Art. Er rechnet damit, zum Derby zu Hause zu sein.«
    »Was wirst du dann machen?«
    »Weiß nicht«, sagte ich. »Aber es wird noch mindestens drei Wochen dauern, und die Hebelwirkung findet keine Anwendung mehr … Also, würdest du immer noch gern nach Rowley Lodge kommen?«
    »Hm«, sagte sie nachdenklich. »Da ist ein dreijähriges Mädchen aus Nigeria, das ich bei einer Familie in Dorset unterbringen soll …«
    Ich fühlte mich sehr müde. »Vergiß es.«
    »Ich könnte am Mittwoch kommen.«
     
    Als ich zurück nach Newmarket kam, ging ich, bevor ich ins Haus trat, noch über den Hof. Er lag friedlich im sanften Licht des Sonnenuntergangs, dem Anfang der Abenddämmerung. Die Ziegelsteine leuchteten in einem warmen Rosaton, die Sträucher waren voller Blüten, und die Sechs-Millionen-Pfund-Pferde standen hinter den grüngetünchten Türen und mahlten laut ihren Abendhafer. Friede in allen

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