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Knochenjagd (German Edition)

Knochenjagd (German Edition)

Titel: Knochenjagd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Stunden nach dem Todeseintritt an und legten ihre Eier ab. Das Schlüpfen könnte also bereits zwölf Stunden nach der Eiablage begonnen haben.«
    »In diesem Bad ist es ziemlich warm«, sagte Pomier.
    »Neunundzwanzig Grad Celsius. In der Nacht war es wahrscheinlich kühler.«
    »Also deuten die Maden in Augen, Nase und Mund auf ein minimales PMI zwischen dreizehn und fünfzehn Stunden hin …«
    »Ja«, sagte ich. »Allerdings sind einige Fliegenspezies nach Einbruch der Dunkelheit inaktiv. Ein Entomologe sollte bestimmen, welche Arten präsent sind und in welchem Entwicklungsstadium sie sich befinden.«
    Durchs offene Fenster hörte ich in der Ferne eine Sirene jaulen.
    »Die Leichenstarre ist maximal ausgeprägt«, fügte ich hinzu, hauptsächlich Ryan zuliebe. Die beiden anderen wussten das. »Das passt also zum vermuteten Intervall.«
    Als Leichenstarre bezeichnet man die Versteifung in der Muskulatur eines Leichnams aufgrund chemischer Veränderungen. Der Zustand ist vorübergehend, er beginnt ungefähr drei Stunden nach Eintritt des Todes, erreicht nach ungefähr zwölf Stunden seinen Höhepunkt und verschwindet etwa siebenundzwanzig Stunden nach dem Tod wieder völlig.
    LaManche nickte bedrückt. »Womit wir auf einen möglichen Todeszeitpunkt irgendwo zwischen sechs und neun gestern Abend kommen.«
    »Die Mutter kam gestern Morgen ungefähr um zwei Uhr vierzig ins Krankenhaus«, sagte Ryan.
    Einen Augenblick lang sagte niemand etwas. Die Implikation war zu traurig. Es konnte sein, dass das Baby noch bis zu fünfzehn Stunden nach seiner Geburt gelebt hatte.
    Abgelegt in der Kommode? Ohne wenigstens eine Decke oder ein Handtuch? Erneut schob ich den Zorn beiseite.
    »Ich bin fertig«, sagte ich zu Pomier. »Sie können die Leiche einpacken.«
    Er nickte, rührte sich aber nicht.
    »Wo ist die Mutter?«, fragte ich Ryan.
    »Wie’s aussieht, hat sie sich aus dem Staub gemacht. Bédard sucht gerade den Hausbesitzer und befragt dann die Nachbarn.«
    Draußen wurde die Sirene lauter.
    »Der Wandschrank und die Wäschekommode sind leer«, sagte ich. »Im Bad sind noch ein paar persönliche Sachen. Keine Zahnbürste oder Zahnpasta, kein Deo.«
    »Sie nehmen also an, dass diese herzlose Schlampe durchaus auf Körperhygiene geachtet hat.«
    Ich schaute Pomier an, weil mich seine Verbitterung überraschte. Dann fiel es mir wieder ein. Pomier und seine Frau hatten versucht, eine Familie zu gründen. Vor vier Monaten hatte sie zum zweiten Mal eine Fehlgeburt erlitten.
    Die Sirene verkündete ihre Ankunft in der Straße und ging dann aus. Türen krachten. Stimmen riefen auf Französisch. Andere antworteten. Stiefel klapperten auf der Eisentreppe, die vom Bürgersteig in den ersten Stock führte.
    Kurz darauf duckten sich zwei Männer unter dem Absperrband hindurch. Ich kannte sie beide: Alex Gioretti und Jacques Demers.
    Hinter Gioretti und Demers folgte ein SQ Corporal, von dem ich annahm, dass es Bédard war. Seine Augen waren klein und dunkel hinter einer Drahtgestellbrille. Sein Gesicht war fleckig vor Aufregung. Oder Erschöpfung. Ich schätzte ihn auf Mitte vierzig.
    LaManche, Pomier und ich sahen zu, wie Ryan zu den Neuankömmlingen ging. Worte wurde gewechselt, dann öffneten Gioretti und Demers ihre Ausrüstungs-und Kamerakoffer.
    Mit angespanntem Gesicht schob LaManche eine Manschette hoch und schaute auf seine Uhr.
    »Stressiger Tag?«, fragte ich.
    »Fünf Autopsien. Dr. Ayers ist nicht da.«
    »Wenn Sie lieber ins Labor zurückwollen, dann bleibe ich sehr gerne.«
    »Vielleicht ist es das Beste.«
    Für den Fall, dass noch mehr Leichen gefunden werden. Das brauchte ich nicht zu sagen.
    Aus Erfahrung wusste ich, dass es ein langer Vormittag werden würde. Als LaManche gegangen war, schaute ich mich nach einer Sitzgelegenheit um.
    Zwei Tage zuvor hatte ich einen Artikel über den Artenreichtum der Fauna gelesen, die Sofas bevölkerte. Kopfläuse. Bettwanzen. Flöhe. Milben. Das zerlumpte Sofa und sein Ungeziefer machten mich nicht an. Ich entschied mich für die Fensterbank.
    Zwanzig Minuten später hatte ich meine Aufzeichnungen abgeschlossen. Als ich den Kopf hob, pinselte Demers eben Fingerabdruckpulver auf den Küchenherd. Ein regelmäßiges Aufblitzen verriet mir, das Gioretti im Bad Fotos schoss. Ryan und Bédard waren nirgends zu sehen.
    Ich schaute zum Fenster hinaus. Pomier lehnte rauchend an einem Baum. Ryans Jeep stand neben meinem Mazda und dem Spurensicherungstransporter am Bordstein. Zwei

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