König Artus
mein Bestreben, es so hinzubekommen, daß er wie ein lebendiges Wandgemälde wirkt, zeremoniell, ein bißchen überladen und irreal, und dennoch mit allen Eigenschaften des Realen. Mehr als alles andere aber möchte ich, daß er glaubwürdig wirkt. Nun ist Lancelot bisher kein schrecklich komplizierter Charakter, aber heute kommt ein solcher daher – Guinevere, ein ganz schöner Brocken. Ich glaube, ich weiß, wie ich sie angehen werde, aber wir werden ja sehen.
Später am Sonntag … Nun, es ist doch fertig geworden, soll’s der Teufel holen! Es ist noch sehr provisorisch, aber es muß jetzt auf seinen eigenen Beinen stehen. Und morgen werde ich es an Sie abschicken, falls das Postamt offen ist.
AN CHASE – SOMERSET, 1. AUGUST 1959
In der letzten Zeit habe ich nicht sehr oft geschrieben, denn ich war bis jetzt ganz in der Arbeit verloren, wie Sie an dem Text sehen werden, der gerade an Sie abgeschickt wird. Ich habe gestern nach einer langen und schwierigen Bataille die letzte Episode im ersten Buch von Lancelot beendet, sehr zu meiner Zufriedenheit, und ich kann wirklich ohne Eitelkeit sagen, daß sie zum erstenmal Hand und Fuß hat, insofern die ganze nekromantische Atmosphäre überhaupt Sinn macht. Ich habe endlich das Gefühl, daß ich Boden unter die Füße bekomme. Heute muß ich die ganze Serie der Ausfahrten zu einem Paket zusammenschnüren, zwei Figuren entwickeln, Gründe für das Ganze liefern und schließlich einen Übergang zum nächsten Lancelot fabrizieren. Aber ich habe ein gutes Gefühl. Die Schreibwut hat mich gepackt. Sie werden den Text noch sehr unfertig finden, aber das spielt keine Rolle. Der Wesensgehalt ist da, und die Textur auch. Und nur Ihnen wird auffallen, was für eine Unmenge an Lektüre hier eingeflossen ist. Es ist vollgestopft mit Mittelalter, hoffentlich so subtil eingeschoben, daß es nicht als Geprunke mit gelehrtem Wissen wirkt.
Ich habe immerfort Bitten an Sie, Sachen für mich zu erledigen, und hier kommt schon wieder eine. Ich benütze jetzt zum Schreiben Cross-Kugelschreiber. Sie eignen sich besonders gut für die Kopien, da sie mit einem dünnen, aber festen Strich schreiben und schwer in der Hand liegen. Ich habe drei davon, und der eine ist schon ziemlich hinüber. Ich glaube, Sie wissen, welche ich meine. Ich habe ein paar Minen gekauft, und Mary Morgen hat noch weitere geschickt, trotzdem aber geht mein Vorrat zur Neige. Ich wechsle gern die Kulis, bevor sie zu ermüden scheinen und eine Ruhepause brauchen, ehe ich eine brauche. Könnten Sie mir also bitte per Luftpost zwei Kulis und folgende Minen schicken: acht mit dem feinsten Strich, den die Firma produziert, drei mit einem mittleren Strich, zwei mit einem breiten Strich und alle mit der schwärzesten Schreibflüssigkeit, die es gibt. Ich habe große Angst, daß sie mir ausgehen, und wenn mir das Schreiben gut von der Hand geht, werde ich derart zum Gewohnheitstier, daß ein Wechsel des Schreibgeräts mich irritiert.
Muß jetzt an die Arbeit gehen. Ich möchte gerne noch vor dem Wochenende den ersten Lancelot-Teil an Elizabeth mitschicken.
AN CHASE – SOMERSET, 9. AUGUST 1959
Der Ausflug war recht ergiebig, und ich habe die meisten Dinge gesehen, die ich sehen wollte – im wesentlichen fließende Gewässer, Topographie, Farben etc. Caerleon war gut, und der Usk sogar noch besser.
Auch kam der abgetippte erste Teil vom Lancelot. Und außerdem bemerkenswert ordentlich getippt. Ich habe es nicht allzu genau geprüft, aber es wirkt sehr sorgfältig. Und ja, ich beabsichtige, anschließend in den zweiten Lancelot-Teil zu gehen. Ich sehe keinen Grund, warum ich ihn mit dem langen Tristan unterbrechen sollte. Also … jeglicher Kommentar Ihrerseits ist mir willkommen. Ich werde ein paar Tage lang lesen müssen, ehe ich anfange, weil ich Lancelot keine weiteren langen und sinnlosen Abenteuer bestehen lassen will, es sei denn, sie tragen zur Entwicklung der Geschicke der drei Personen bei.
AN ERO UND CHASE – SOMERSET, 10. AUGUST 1959
Ich habe darauf gewartet, Chase, daß Sie die Anachronismen aufgreifen. Ich wußte alles, was dazu zu sagen ist, und habe sie absichtlich eingefügt, was allerdings nicht heißen soll, daß sie schließlich nicht doch weggelassen werden. Ich habe mir darüber sehr viele Gedanken gemacht. Ja, das ist überhaupt eines der heikelsten der zahlreichen Probleme, und vielleicht muß man in einem einleitenden Essay darauf eingehen. Wie ordnet man Arthur zeitlich ein? Malory
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