König für einen Sommer: Roman (German Edition)
bist! Lass ihn doch sein Leben leben! Mit mir wird er glücklich, das weiß ich. Lass ihn endlich in Ruhe, du blödes Arschloch!«
Während sie all diese erdrückenden Beweise für meine Schuld auf ihre so einzigartige und bestechende Art und Weise vortrug, begann sie auch schon mit der Vollstreckung des Urteils, indem sie mit beiden Fäusten auf mich einschlug. Das war jetzt bereits das zweite Mal in diesem Jahr, dass ich von einer Frau verprügelt wurde, und ich fragte mich, wo das wohl hinführen würde. Ihre Schläge hatten zwar keine große Wirkung, aber ich war doch heilfroh, als Flo endlich kam und sie von mir wegzerrte.
»Geh rein, David! Ich regle das schon«, sagte er, und da ich kein Bedürfnis verspürte, länger an diesem Schauspiel teilzunehmen, zog ich mich erleichtert zurück.
Ich setzte mich in meine Küche, nahm ein Bier aus dem Kühlschrank und zündete mir eine Zigarette an. Draußen schien sich alles beruhigt zu haben, wie mir ein Blick aus dem Fenster bestätigte. Claudia und Flo saßen auf dem Bürgersteig und redeten anscheinend friedlich miteinander, aber ich wollte doch lieber warten, bis sie weg waren, bevor ich schlafen ging. Mein Magen meldete sich knurrend und ich beschloss ihm mit Rühreiern zu antworten. Ich warf den Herd an und begann zu brutzeln. Gelegentliche Blicke nach draußen ließen mich auf ein doch noch gutes Ende dieses verrückten Abends hoffen, und ich genoss meine späte Mahlzeit.
Eine halbe Stunde und eine Verdauungszigarette später entschloss ich mich schlafen zu gehen. Meine Augen wollten einfach nicht mehr offen bleiben und draußen schien alles ruhig zu sein. Ich knipste gerade das Licht in der Küche aus, als ich wieder diese nicht menschlich klingende Stimme von der Straße her vernahm. Ich eilte zur Tür, in der Hoffnung, sie wenigstens dazu bringen zu können, leise hysterisch zu sein, der Nachbarschaft wegen, aber mein Sorge um die Anwohner erwies sich als nebensächlich, als ich sah, was sich dort abspielte. Flo saß immer noch auf dem Bürgersteig und rauchte kopfschüttelnd eine Zigarette, während Claudia flach mitten auf der Straße lag und laut schreiend ihren Kopf auf das Pflaster hämmerte. Ich setzte mich neben Flo.
»Sie scheint ihren Kopf heute nicht sonderlich zu mögen«, bemerkte ich. »Warum tut sie das?«
»Ich hab gerade Schluss gemacht.«
»Ach so. Das erklärt natürlich einiges.«
»Aber doch nicht so was!«
»Stimmt auch wieder. Und? Was machen wir nun mit ihr? Wo schläft sie?«
»Bei mir.«
»Bei dir? Aber du hast doch gerade Schluss gemacht!«
»Sie hat keinen Schlüssel für zu Hause.«
»Wie du meinst. Soll ich euch fahren?«
»Wird wohl das Beste sein.«
»Okay. Aber du schaffst sie irgendwie ins Auto.«
Claudia lag immer noch auf der Straße, aber wenigstens hielt sie jetzt ihren Kopf still. Flo schaffte es, sie davon zu überzeugen, in mein Auto zu steigen, und wir fuhren los. Die Fahrt verlief friedlich, bis sie merkte, dass wir auf dem Weg zu Flos Haus waren.
»Ich will nicht mit zu dir! Ich will nach Hause!«, keifte sie ihn an.
»Oje, es geht wieder los«, sagte ich leise zu Flo. Nicht leise genug.
»Halt du doch dein dummes Maul, du Arschloch!«, schrie sie mich von hinten an. »Halt dich da raus und fahr mich einfach nach Hause, okay?«
»Aber du hast doch keinen Schlüssel!«, versuchte Flo ihr zu erklären.
»Mir egal! Bei dir penn ich auf jeden Fall nicht! Lasst mich hier raus, sofort!«
Da sie begann auf meine Scheiben einzuschlagen, tat ich ihr den Gefallen und hielt an. Flo ließ sie raus, sie spuckte ihn an, fing wieder an zu heulen und rannte weg.
»Du kannst sie jetzt nicht alleine lassen«, sagte ich.
»Ich weiß. Fahr du ruhig nach Hause, ich finde sie schon.«
»Sicher?«
»Sicher. Mach dir keinen Kopp deswegen. Ich melde mich morgen.«
»Okay, bis dann. Tschüss.«
Ich sah Flo noch einen Moment hinterher und machte mich dann auf den Heimweg.
Als ich endlich im Bett lag und den vergangenen Abend noch einmal Revue passieren ließ, kam ich zu dem Schluss, dass solo zu sein vielleicht doch seine Vorteile hat. Und dass der Vorteil an Daily Soaps eindeutig in der Möglichkeit liegt, abschalten zu können.
BACKSTEINROT
DIE NÄCHSTEN Tage und Wochen plätscherten so vor sich hin. Der einzige Ort, an dem man es tagsüber aushielt, war das Freibad. Abends kühlte es kaum ab, was zur Folge hatte, dass wir ständig irgendwo draußen abhingen, weil im Jenseits die Hitze absolut nicht mehr zu
Weitere Kostenlose Bücher