Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Koenigsmoerder

Koenigsmoerder

Titel: Koenigsmoerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Miller
Vom Netzwerk:
eine, auf die er noch nicht gekommen war.
    Hinter geschlossenen Augen sah er einmal mehr diese fließende, alchemistische Verwandlung über Conroyds Gesicht gleiten. Rief sich die Eigenartigkeit seiner Schrift ins Gedächtnis, als hätte eine andere Hand die Feder geführt. Erinnerte sich an das klaffende Loch im Zaun auf Salberts Horst, wo Pferde und Kutsche über den Rand gestürzt waren, ohne dass irgendein Versuch unternommen worden wäre, auszuweichen oder anzuhalten. Und drei mächtige Magier waren kampflos in die Tiefe gestürzt.
    Ein Fenster in der Mauer... und ein unsterblicher Kriegermagier, durch und durch böse und voller Rachsucht.
    »Darran!«
    Einige Augenblicke später erschien der alte Mann erschüttert und atemlos in der Tür. »Herr? Herr, was gibt es?«
    Gar stieß sich vom Stuhl hoch und klammerte sich an den Schreibtisch, um nicht zu Boden zu fallen. »Geht ins Wachhaus. Sofort, bevor die Stadt sich regt. Sucht Pellen Orrick und bringt ihn hierher.« Er schlug sich mit der Faust gegen den Kopf und versuchte, seiner lähmenden Erschöpfung einen klaren Gedanken abzuringen. »Nein! Nein, bringt ihn nicht hierher. Es ist zu gefährlich. Bringt ihn...
    Bringt ihn in die Krypta des Hauses Torvig. Ich werde Euch dort treffen.«
    Darran wirkte genauso müde, wie Gar sich fühlte. Die Kleidung 381
    zerdrückt, das Haar wirr, rang er erregt die Hände. »Herr? Ist etwas geschehen?«
    Gar, der sich nur allzu deutlich all seiner Schmerzen und seiner geschwollenen, aufgeschnittenen Wange bewusst war, nickte langsam. »Ich denke, ich habe das Rätsel gelöst, Darran. Ich denke, ich weiß, womit wir es zu tun haben. Mit wem wir es zu tun haben.«
    Darran schluckte. »Und möchte ich es ebenfalls wissen, Herr?« Ihm war übel, als er den Kopf schüttelte. »Nein, Darran, Ihr wollt es nicht wissen.«
    Pellen Orrick fuhr mit einem Schnauben in seinem Stuhl hoch, wütend auf sich selbst, weil er eingedöst war, und blickte zu seinem Gefangenen hinüber, um sich davon zu überzeugen, dass er immer noch da war, immer noch atmete.
    Er war da. Auf der Seite zusammengerollt an der gegenüberliegenden Wand der Zelle, eingewickelt in eine Decke, beobachtete der Stallmeister ihn mit stummer Wachsamkeit.
    Angesichts der Hinrichtung, des versagenden Glimmfeuers und der allgemeinen Atmosphäre von Unruhe war es vielleicht nicht überraschend gewesen, dass die Wachen, die Matt in der vergangenen Nacht gestellt hatten, sehr unsanft zu Werke gegangen waren. Übereifrig in ihrem Verlangen, ihn festzuhalten. Sie hatten ihn bewusstlos auf die Wache gebracht. Jetzt, im trüben Licht kurz vor Einbruch der Morgendämmerung, sah Orrick, dass der Mann übersät war von Schnittwunden und Prellungen. Die Verletzungen waren nicht lebensbedrohlich, aber allesamt unangenehm ‐ und weitere Unannehmlichkeiten würden kommen.
    Orrick, dessen Gelenke leise knarrten, erhob sich. Er reckte sich und hörte, wie jeder Wirbel in seinem Hals knackte, dann sah er auf den reglosen Gefangenen auf dem Boden vor sich nieder.
    »Seine Majestät hat gestern Nacht eine Nachricht geschickt. Er wird später am Tag herkommen, um Euch selbst zu befragen. Wenn Ihr klug seid, werdet Ihr ihm erzählen, was immer Ihr wisst, und zwar schnell. Asher hat sich widersetzt und einen hohen Preis gezahlt.«
    382
    Matt blinzelte mit seinen geschwollenen, blutverkrusteten Augen. »Ich weiß gar nichts.«
    »Um Euretwillen hoffe ich das. Ich warne Euch, Matt, da Ihr ein Mann seid, der nach meinem besten Wissen nichts Bösen getan hat: Unser neuer König ist bei der Verfolgung der Gerechtigkeit ohne Gnade. Er wird Magie benutzen, um Euch die Wahrheit zu entreißen, geradeso, wie er sie bei Asher benutzt hat.«
    »Magie?«, wiederholte Matt, richtete sich auf und zuckte zusammen. »Aber das ist verboten. Ihr seid der Hauptmann der Stadt. Wie konntet Ihr zustimmen...?«
    »Hauptmänner geben keine Zustimmung«, erwiderte er. »Ebenso wenig wie sie Einwände erheben.« Nicht, wenn ein König befiehlt. Selbst wenn ihnen ihr Gewissen zusetzt. Selbst wenn sie ernsthafte Zweifel hatten. Und sprach da die Pflicht aus ihm oder die Feigheit? Eine unbequeme Frage, von der er sich nicht sicher war, wie er sie beantworten sollte. »Sagt ihm, was Ihr wisst, Matt. Macht all diesem Elend ein Ende.«
    »Ich habe es bereits gesagt«, erwiderte Matt und schloss die Augen. »Ich weiß nichts.«
    Nun, wenn der Stallmeister die Wahrheit sagte, hatte er gewiss nichts zu befürchten, Magie hin,

Weitere Kostenlose Bücher