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Koenigsmoerder

Koenigsmoerder

Titel: Koenigsmoerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Miller
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zusammengebissenen Zähnen. »Ich habe es noch nicht regnen lassen.«
    Er drückte abermals, fester diesmal. Wieder widersetzte sich die leicht knarrende Tür seiner Bemühung. Mit einem Laut, der wie ein Schluchzen klang, trat Gar zurück. Er starrte die Tür an, verwirrt und wütend und ein wenig ängstlich.
    »Öffne dich, verdammt noch mal! Ich bin der König, und ich werde mir Einlass verschaffen!« Er schlug mit der Faust gegen das Holz. »Lass mich ein!«
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    Dann trat er wieder näher, legte die Stirn an die Tür und strich wie ein schmeichelnder Geliebter mit den Fingern über die verwitterte Maserung.
    »Bitte«, flüsterte er. »Bitte... lass mich ein...«
    Asher lachte unbehaglich. »Es ist eine Tür, Gar. Holz. Sie ist nicht wirklich lebendig. Und selbst wenn sie es ist, sehe ich keine Ohren irgendwo herausragen.
    Sie kann Euch nicht hören. Ich sage Euch, es ist die Feuchtigkeit.« Um seine Worte zu unterstreichen, warf er sich selbst gegen die geschlossene Tür.
    Sie öffnete sich.
    »Verdammtes Ding«, sagte er stirnrunzelnd. »Sie ziert sich, das ist alles. Wenn sie wirklich lebt, wette ich, sie ist eine Frau.«
    Gar zupfte am Saum seiner Robe. »Nein. Es war die Feuchtigkeit, wie du gesagt hast.«
    Asher blickte auf. »Was meint Ihr, wie viele Treppenstufen es bis nach oben sind?«
    »Einhundertdreißig.«
    »Oh, meine armen Beine.«
    Gar sandte Glimmfeuer in die Eingangshalle voraus, und sie stiegen schweigend und mit brennenden Muskeln zu der glasüberwölbten Kammer hinauf. Gar öffnete ungehindert die Tür, bedeutete Asher mit einem Nicken voranzugehen, und folgte ihm hinein. Das auf und ab hüpfende Glimmfeuer warf ihre Schatten in langen, dünnen Linien auf den Boden. Mit einer Bewegung seines Arms ließ Gar die Tür wieder zufallen, dann entzündete er in den Haltern an den geschwungenen Mauern frisches Glimmfeuer. Die Schatten verschwanden, und die Kammer wurde enthüllt.
    Der Raum war sauber und kalt und roch schwach nach Regen. Der Parkettboden glänzte in einem dunklen Rotbraunton, Hunderte von Holzleisten, die ein raffiniertes, ineinander verschlungenes Muster bildeten. Asher schätzte, dass etwa fünfzig tanzende Paare unter der gläsernen Kuppeldecke Platz gefunden hätten... Das hieß, wenn nicht etwas in der Mitte des Raums gestanden hätte.
    Asher betrachtete mit fasziniertem Blick das Gebilde, das sich direkt unter dem Kuppeldach befand und das aussah wie das Spielzeug eines übergroßen Kindes.
    »Die Wetterkarte«, sagte Gar. Auf seinem Gesicht lag ein hung 90
    riger Ausdruck, in den sich Ehrfurcht und Angst mischten. »Barls unglaubliche Macht, die hier bloßgelegt wird. Es ist eine magische Abbildung des Königreichs, bis hinab zum letzten Weiler und zum letzten Dorf.«
    Asher trat vorsichtig heran und sah, dass er Recht hatte. Dort waren Barls Berge, zu deren Füßen man den Schwarzen Wald erkennen konnte. Dort war Dorana mit seiner hohen, die Stadt umfassenden Mauer und der Fluss Gant, der seine silbernen Finger ausbreitete. Die Safranhügel. Das Flache Land. All die Orte, die er und Gar auf ihrer Reise nach Westjammer passiert hatten, außerdem die anderen Städte und Dörfer des Königreichs, Bauernhöfe und Weiler, Obstgärten, Weingärten und Felder mit Weizen und Gerste allesamt als perfekte Miniaturen nachempfunden. Er beugte sich tiefer über die Wetterkarte, und sein Magen krampfte sich zusammen. Dort lag ‐ lockend und unberührbar und gänzlich außer Reichweite ‐ sein geliebtes Restharven.
    Ohne aufzublicken fragte er: »Wie funktioniert das?«
    »Um ehrlich zu sein, ich bin mir nicht ganz sicher«, gestand Gar.
    Asher blickte beinahe empört auf. »Ihr seid Euch nicht sicher?«
    »Nicht was das Wie angeht, nein«, sagte Gar. Er klang so, als müsse er sich verteidigen, und er wirkte verärgert. »So weit sind Durm und ich nicht gekommen.«
    Wirklich Pech. »Aber Ihr seid Euch sicher, dass es funktioniert?«
    Gar ging mit gierigem Blick um die Ränder seines ererbten Königreichs herum.
    »Oh ja. Die Karte verändert sich, so wie sich das Königreich verändert. Frisch urbar gemachte Felder tauchen erstmals auf, Brachfelder verfallen in Schlummer.
    Land wird verkauft, Grenzen verändern sich, und du wirst davon erfahren, einfach indem du dir dies hier anschaust. Was immer im Land geschieht, spiegelt sich auf dieser Karte wider.« Sein Ärger war mit einem Mal vergessen, während er die Finger über den Spielzeugstädten, den Weizenfeldern, den offenen Wiesen

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