Körper-Haft (German Edition)
glauben soll! Ich versichere Ihnen meinen Beistand und werde Sie, metaphorisch gesprochen, mit der richtigen Beschilderung schon auf den richtigen Weg bringen …«
Hirnwäsche
Ich schluckte, als die Tür ins Schloss fiel. Ich hatte keine Hoffnung mehr, dass dies ein Traum sein könnte. Ich war in meiner Realität angekommen.
Einzelhaft im Mehrbettzimmer!
Keine Kommunikation untereinander. Nur die Dauerberieselung mit diesen Holo-Flat-Pads, die uns gefügig machen sollten. Gefangen im eigenen Körper. Ich hatte dem BSS-Programm deshalb in Gedanken einen passenderen Namen gegeben:
Körper-Haft.
Selbst mein persönlicher Gott mit Rauschebart und Blaumann verkroch sich in meiner Phantasie schluchzend in einer Ecke. Nachdem auch er mir keinen weiteren Trost spenden konnte, wandte ich mich von ihm ab und versuchte mich auf andere Weise abzulenken.
Aber das war alles andere als leicht. Zuerst Mosquito und sein Handlanger und jetzt auch noch Mr. Bean in einer Soutane und einem Missionierungseifer, der ihm schon förmlich den Geifer in die Mundwinkel trieb. Darüber hinaus kam ein Tagesprogramm auf mich zu, das so nicht abgesprochen war. Es schien, als hätte ich all meine Menschenrechte an der Eingangstür dieses Etablissements abgeben. Ich kam mir vor, wie in einem schlechten Film. Nur dass ich der Hauptdarsteller war, der keine Chance hatte aus dem Vertrag zu kommen. Also hieß es mitspielen so gut es ging. Denn wer möchte schon in einem schlechten Film auch noch ein schlechter Hauptdarsteller sein?
Ursprünglich hatte ich geglaubt, während dieser auf zehn Jahre verkürzten Haft in aller Ruhe über mich und die Situation, die mich hierher gebracht hatte, nachdenken zu können. Ich hatte eine schon fast naiv verklärte Vorstellung des Ganzen gehabt: Endlich ausschlafen, an die Decke starren und den Gedanken einmal freien Lauf lassen. So etwas schafft Klarheit!
Fehlanzeige, das Erziehungsprogramm forderte, zumindest in den ersten Wochen, meine volle Aufmerksamkeit. Nach dem ersten Erziehungsblock von 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr war ich so erschöpft, dass ich sofort danach einschlief.
Ich fiel in einen unruhigen Schlaf, in dem ständig irgendwelche Fetzen des ersten Erziehungsblocks auftauchten, an mir vorbeischwebten und mich manchmal mit sich rissen. Nach einer gefühlten Viertelstunde riss mich ein elektrisches Kribbeln wieder ins Bewusstsein. Eine ermahnende Frauenstimme über mir sagte: » Nr.5, es ist Zeit aufzuwachen, der Mittagsblock Ihres Unterrichtes fängt an. Sollten Sie die nächsten Tage nicht pünktlich zum Unterricht erscheinen, werde ich mich wie eben bemerkbar machen. Und das jeden Tag ein bisschen mehr. Sie werden schon sehen, das hilft der Konditionierung und Ihrem Zeitgefühl.«
Das Mittagsprogramm startete … und ich merkte schon jetzt, dass mich dieses Sozialisierungsprogramm weichkochen, zermürben und mein Denken und meine Persönlichkeit auflösen würde …
… wenn ich mich treiben ließ …
Treiben … man konnte von jemandem getrieben werden, also wie von diesem Programm gehetzt oder man konnte passiv in einem Fluss treiben, ohne zu wissen, wohin die Reise geht. Es gibt jedoch in jedem Fluss auch Punkte, die einen nicht mitreißen und mit sich forttragen, die sogenannten Kehrwasser.
Kehrwasser
Keine Ahnung, wie ich darauf kam, jedenfalls assoziierte ich das Wort mit meiner jetzigen Situation. Typisch Werbefuzzi! Es war mein Job, scheinbar zusammenhangslose Dinge zu verknüpfen und etwas Neues daraus zu schaffen. Das war vermutlich das, was andere Menschen kreativ nennen. Dabei merkte ich mir nur irgendwelchen Blödsinn und knüpfte aus diesen zusammengestückelten Ideen eine Patchworkdecke , die ich anschließend teuer verkaufen konnte.
Glücklicherweise hatte ich früh genug erkannt, dass ich aus diesem Talent Kapital schlagen konnte. Ansonsten wäre ich wahrscheinlich einer dieser armen Spinner, die mit dieser Gabe der Nichtigkeiten überhaupt nichts anfangen können oder ständig darauf hoffen, bei Wer wird Millionär zufälligerweise nach genau diesem Blödsinn gefragt zu werden, ohne sich jemals bei der Sendung anzumelden. Entweder das, eine erfolglose arme Sau, die Klapse oder eben … Werbefuzzi mit Kehrwasser -Assoziationen, der sich nicht willenlos treiben lassen wollte.
Bei einem unserer kleinen Firmenevents hatten wir, um unsere Belegschaft bei Laune zu halten, einen Rafting-Trip im Wildwasser für ein Wochenende gebucht. Unser Rafting-Guide erklärte uns die
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