Kokoschanskys Freitag
ky gebeten, ob es möglich wäre, den Kleinen für eine Weile bei den beide n zu lassen, da sie erst mit sich selbst wieder ins Reine kommen muss.
***
Der Patient sitzt in seinem Rollstuhl, blickt zum Fenster hinaus und denkt über sein Leben nach. Tief in Gedanken versunken, merkt er gar nicht, wie sich leise die Tür zu seinem Krankenzimmer öffnet und ein Riese hereinschleic ht, dahinter eine schlanke Frau mit einem riesigen Blumenstrauß.
Kokoschansky räuspert sich, Petranko dreht sich mit seinem Rollstuhl um.
„Oh, welch Glanz in meiner bescheidenen Hütte!“, ruft er aus und strahlt.
An diesem Nachmittag gibt es viel zu erzählen und Petranko erweist sich, als bestens über alles informiert. Nach und nach gibt er zu, dass er vo r dem Zufallsattentat auf ihn weit mehr wusste, als er damals zuzugeben bereit war.
„Wie geht es mit dir jetzt weiter?“, fragt Kokoschansky.
„Erst einmal für ein paar Wochen in die Reha, danach ist alles offen. Vielleicht bleibe ich bei dem Verein, vielleicht steige ich aus. Ich weiß es noch nicht. Ich bin zwar ohne bleibende Schäden vollständig wieder her gestellt, aber so richtig wollen ...“ Petranko schüttelt den Kopf. „Jedenfalls werde ich nicht zum Frühpensionisten und füttere im Park die Tauben oder ähnliches. Eine Option wäre die Sicherheitsbranche.“
„Mach weiter, Thomas“, sagt Lena leise. „Ich mache auch weiter, obwohl mir der Entschluss nach diesem verheerenden Bombenanschlag nicht leichtgefallen ist. Es gelingt doch immer wieder, mit einem kleinen Stein eine Lawine auszulösen und Veränderungen herbeizuführen. Darum kann ich nicht aufgeben.“
***
Endlich wieder zu Hause, stressfrei im eigenen Bett. Kokoschansky liegt auf dem Rücken, hält die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Lena kommt herein, nur mit einem übergroßen T-Shirt bekleidet.
„Schläft der kleine Racker?“
„Und wie“, sie schlüpft zu ihm unter die Decke, schmiegt sich an ihn. „Ich halte es nicht mehr aus, schlaf endlich mit mir ...“
„Dafür hast du noch zu viel an ...“ Kokoschansky zieht ihr das T-Shirt über den Kopf und beide erschrecken gleichzeitig. Diese Feuerwehrsirene geht durch Mark und Bein.
„Wenn du dem Buben noch einmal so ein Spielzeug schenkst“, faucht Lena, „sind wir geschiedene Leute. Jetzt verstehe ich Sonja.“
„Was soll ich machen?“, grinst Kokoschansky. „Vorhin hat er mir gesagt, er wünscht sich eine Trommel. Anscheinend hat es ihm bei unseren Schwarzen sehr gefallen.“
***
„Franziska, komm mal mit“, nimmt Kokoschansky sie an der Hand, „ich zeige dir was.“
„Wohin gehen wir?“
„Nur zu meinem Auto, steht vorm Haus.“
Kokoschansky öffnet den Kofferraum und Franziskas Augen werden r iesengroß.
„Ist das für mich?“
„Klar!“
Die Freude kennt keine Grenzen mehr und ein glückliches kleines Mädc hen dreht jauchzend seine ersten Runden mit dem neuen, pinkfarbenen Kinderfahrrad.
Nachdem er ihr eine Weile zugesehen hat, fährt Kokoschansky zu seiner Hausbank und eröffnet endlich sein Steuerkonto.
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ANMERKUNGEN
1 verhabert: Wiener Ausdruck für befreundet sein; stammt von dem Dialektausdruck „Haberer“ für Freund
2 Pumperer: Wiener Gaunersprache für Faustfeuerwaffe
3 terrisch: Wiener Dialektausdruck für schwerhörig
4 Speisekarte: in diesem Zusammenhang Wiener Polizeijargon bzw. Gaunersprache für Vorstrafenregister
5 Schnellsiederkurs: Wiener Ausdruck für Kurzer, lückenhafter, ungenauer Kurs
6 Häusl: Wiener Dialektausdruck für Toilette
7 Sandler: Wiener Dialektausdruck für Penner
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