Kollaps
vier neue hinzu: von Menschen verursachter Klimawandel, Anhäufung von Umweltgiften, Energieknappheit und die vollständige Nutzung der weltweiten Photosynthesekapazität durch den Menschen. Die meisten dieser zwölf Gefahren werden den Voraussagen zufolge in den kommenden Jahrzehnten eine kritische Phase erreichen: Entweder haben wir die Probleme bis dahin gelöst, oder die Probleme werden nicht nur Somalia zugrunde richten, sondern auch die Gesellschaft in den Industriestaaten. Wahrscheinlicher als ein Weltuntergangsszenario, in dem die Menschen aussterben oder die industrielle Zivilisation einen apokalyptischen Zusammenbruch erlebt, ist eine Zukunft mit »nur« erheblich geringerem Lebensstandard, einer größeren ständigen Gefährdung und dem Verfall dessen, was wir heute für unsere zentralen Werte halten. Ein solcher Zusammenbruch kann sich in verschiedenen Formen ereignen, beispielsweise durch die weltweite Verbreitung von Krankheiten oder aber durch Kriege, die ihre Ursache letztlich in der Knappheit der Umweltressourcen haben. Wenn diese Überlegung richtig ist, bestimmen wir mit unseren heutigen Bemühungen über den Zustand der Welt, in der die Generation der derzeitigen Kinder und jungen Erwachsenen in ihren mittleren und späteren Jahren leben wird.
Wie schwer die gegenwärtigen Umweltprobleme sind, wird heftig diskutiert. Werden die Gefahren übertrieben, oder werden sie im Gegenteil unterschätzt? Ist es ein vernünftiger Gedanke, dass die heutige Weltbevölkerung von fast sieben Milliarden Menschen mit unserer machtvollen modernen Technologie die Umwelt weltweit viel schneller zugrunde richtet als ein paar Millionen Menschen mit Stein- und Holzwerkzeugen, die in der Vergangenheit lokal bereits ebenfalls starke Schäden anrichteten? Wird die moderne Technologie die Probleme lösen, oder schafft sie mehr neue Probleme, als dass sie alte beseitigt? Können wir uns darauf verlassen, dass wir erschöpfte Ressourcen (zum Beispiel Wälder, Erdöl oder Meeresfische) immer durch neue (zum Beispiel Kunststoff, Wind- und Sonnenenergie, Fischfarmen) ersetzen können? Nimmt das Tempo des Bevölkerungswachstums nicht ab, sind wir also nicht schon fast so weit, dass die Weltbevölkerung sich bei einer noch vertretbaren Zahl einpendelt?
Alle diese Fragen machen deutlich, warum die berühmten Zusammenbrüche der Vergangenheit heute eine Bedeutung angenommen haben, die weit über die eines romantischen Rätsels hinausgeht. Vielleicht können wir daraus praktische Lehren ziehen. Wir wissen, dass manche Gesellschaften früherer Zeiten zusammengebrochen sind, andere aber nicht: Warum waren einige von ihnen besonders anfällig? Wie sahen die Vorgänge, durch die Gesellschaften früherer Zeiten Ökozid begingen, im Einzelnen aus? Warum erkannten manche Gesellschaften nicht, in welchen Schlamassel sie gerieten, obwohl dies (so hat es zumindest im Rückblick den Anschein) offenkundig gewesen sein muss? Mit welchen Lösungen hatten die Menschen zu früheren Zeiten Erfolg? Wenn wir Antworten auf solche Fragen hätten, könnten wir auch feststellen, welche Gesellschaften heute am stärksten gefährdet sind und mit welchen Maßnahmen man ihnen am besten helfen könnte, ohne dass wir auf weitere Zusammenbrüche nach der Art von Somalia warten müssten.
Aber zwischen der modernen Welt mit ihren Problemen und solchen Gesellschaften der Vergangenheit bestehen auch Unterschiede. Wir sollten nicht so naiv sein und glauben, die Beschäftigung mit der Vergangenheit werde einfache Lösungen liefern, die sich unmittelbar auf unsere heutigen Verhältnisse übertragen lassen. Zwischen uns und früheren Gesellschaften bestehen einige Unterschiede, durch die wir einer geringeren Gefahr ausgesetzt sind; in diesem Zusammenhang wird häufig unsere hoch entwickelte Technik (das heißt ihre positiven Auswirkungen) genannt, aber auch die Globalisierung, die moderne Medizin sowie größere Kenntnisse über Gesellschaften früherer Zeiten und heutige Gesellschaften in fernen Gegenden. Manche Unterschiede zu früheren Gesellschaften haben aber auch zur Folge, dass wir heute stärker gefährdet sind: Auch hier wäre unsere machtvolle Technologie (mit ihren unbeabsichtigten Zerstörungswirkungen) zu nennen, aber auch die Globalisierung (sodass ein Zusammenbruch im weit entfernten Somalia sich heute auch auf die USA und Europa auswirkt), die Abhängigkeit vieler Millionen (und bald Milliarden) Menschen von der modernen Medizin und die wesentlich
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