Koma
habe.«
Als sie den Namen ausgesprochen hatte, sah Susan sich argwöhnisch im Lokal um. Die meisten Gesichter waren ihr zugewandt. Aber niemand bewegte sich. Susan zog sich so weit in den Alkoven vor den Toilettentüren zurück, wie die Telefonschnur es zuließ. Zur Vorsicht hielt sie noch die Hand über die Sprechmuschel.
»Ich weiß, das hört sich alles völlig unglaubwürdig an, aber das Jefferson-Institut ist in Wirklichkeit ein Umschlagplatz für den Schwarzhandel mit Transplantationsorganen. Irgendwie bekommen diese Leute Bestellungen für Organe für jeweils bestimmte Gewebetypen. Und diejenigen, die hinter der ganzen Sache stecken, suchen dann die Krankenhäuser hier in Boston ab, bis sie Patienten mit den passenden Gewebearten finden. Wenn es sich um Chirurgie-Patienten handelt, geben sie einfach ein Quantum Kohlenmonoxyd in die Narkose. Liegt der Patient aber in der medizinischen Abteilung, bekommt er – oder sie – eine Spritze Succinylcholin in die Infusion. Dadurch wird das Gehirn des Opfers zerstört. Der Patient ist ein lebender Leichnam, aber seine Organe sind in Ordnung und funktionieren und werden so lange funktionsfähig gehalten, bis die Metzger in dem Institut sie rausschneiden können.«
»Susan, das ist eine ganz und gar unglaubliche Geschichte«, sagte Stark völlig konsterniert. »Glauben Sie denn, daß Sie eine derartige Ungeheuerlichkeit beweisen können?«
»Das ist ja gerade das Hauptproblem. Wenn es einen großen Skandal gibt und zum Beispiel die Polizei eine Razzia im Jefferson-Institut macht, wird sicher nichts dabei herauskommen. Die haben bestimmt für solche Fälle vorgesorgt. Das Institut fungiert offiziell als Spezialkrankenhaus für Intensivpflege. Außerdem werden Kohlenmonoxyd wie Succinylcholin sehr schnell im Körper abgebaut und hinterlassen keinerlei Spuren. Es gibt meiner Meinung nach nur die Möglichkeit, daß jemand mit Einfluß wie Sie die Behörden dazu bekommt, ohne jede Vorankündigung einzuschreiten. Nur so kann man die Organisation, die hinter diesen Verbrechen steht, auffliegen lassen.«
»Da könnte was dran sein, Susan«, ließ sich Stark vernehmen. »Aber ich müßte erst alle Details wissen, die Sie zu Ihren geradezu phantastischen Schlußfolgerungen gebracht haben. Sind Sie im Moment in Gefahr? Ich kann sofort kommen und Sie abholen.«
»Nein, im Moment bin ich okay.« Susan spähte in das Lokal. »Es wäre einfacher, wenn ich Sie irgendwo treffen könnte. Ich werde mir ein Taxi nehmen.«
»Gut. Kommen Sie in mein Büro im Memorial. Ich fahre sofort los.«
»Ich komme.« Susan war im Begriff aufzulegen, als sie Starks Stimme noch einmal hörte.
»Und, Susan, noch was. Wenn das stimmt, was Sie sagen, dann ist unbedingte Geheimhaltung nötig. Reden Sie mit niemandem darüber, bis wir miteinander gesprochen haben.«
»Natürlich nicht. In ein paar Minuten bin ich bei Ihnen.«
Noch während sie auflegte, schlug Susan das zerfledderte Telefonbuch auf und suchte eine Taxi-Rufnummer heraus. Sie steckte ihre letzte Münze in den Schlitz und bestellte ein Taxi auf den Namen Shirley Walton. Es würde zehn Minuten dauern, hieß es.
Dr. Howard Stark wohnte in Weston, wie neun Zehntel der Ärzteschaft von Boston. Er nannte ein weitläufiges Haus im Tudorstil sein eigen, dessen Prunkstück die viktorianische Bibliothek war. Nachdem er das Gespräch mit Susan beendet hatte, legte er den Hörer auf die Gabel des Telefons auf seinem Schreibtisch. Dann zog er die rechte Schreibtischschublade auf und holte ein zweites Telefon heraus. Es war ein Spezialapparat, der elektronisch gegen jedes Ab- und Mithören gesichert war. Diese Leitung konnte niemand ohne Starks Wissen anzapfen. Er wählte schnell und beobachtete dabei das kleine Oszilloskop in der Schublade. Alles war normal.
Im Kontrollraum des Jefferson-Instituts klingelte das rote Telefon. Ein sorgsam manikürter Mann nahm den Hörer ab.
»Wilton!« Stark konnte seine Wut nur schwer verbergen. »Da läßt sich ein Zahlengenie und mit allen Wassern gewaschener Geschäftsmann wie Sie aufs Kreuz legen, wenn es darum geht, ein einzelnes, unbewaffnetes Mädchen dingfest zu machen. Und das in einem Bau, der sich in nichts von einer Festung unterscheidet! Ich verstehe überhaupt nicht, wie Sie diese Angelegenheit so außer Kontrolle geraten lassen konnten. Schließlich hab’ ich Sie schon vor Tagen vor der Frau gewarnt.«
»Nur keine Aufregung, Stark. Wir finden sie. Sie hat es zwar geschafft, auf den Sims zu
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