Koma
klettern, aber schließlich muß sie ja mal wieder reinkommen. Alle Türen sind geschlossen, und ich habe inzwischen zehn Mann hier. Es besteht kein Grund zur Aufregung.«
»Nein, überhaupt keiner«, fauchte Stark. »Dann lassen Sie mich Ihnen mal was erzählen. Die Dame hat mich eben angerufen und mir sehr plastisch den ganzen Kern unseres Unternehmens geschildert. Verstehen Sie? Die ist längst draußen, Sie Esel!«
»Draußen? Unmöglich!«
»Was heißt hier unmöglich? Ich sag’ Ihnen doch, sie hat mich eben angerufen. Glauben Sie etwa, sie hat eines von Ihren Telefonen benutzt? Himmel, Wilton! Warum haben Sie sie nicht aus dem Verkehr gezogen?«
»Wir haben ja alles versucht. Offensichtlich ist sie einem der besten Killer entwischt. Demselben, der Walters versorgt hat.«
»Walters! Auch so eine Katastrophe! Warum haben Sie den nicht einfach aus dem Weg geräumt, sondern statt dessen diesen albernen Selbstmord inszeniert?«
»Einzig und allein Ihretwegen. Sie haben sich doch so aufgeregt, als die Drogen gefunden wurden, die der alte Schwachkopf gehortet hatte. Hatten Sie nicht eine Heidenangst, daß die Behörden eine große Untersuchung starten könnten? Wir mußten Walters also nicht nur beseitigen, sondern ihn auch mit den verdammten Drogen in Verbindung bringen.«
»Also, ich kann Ihnen nur sagen, der ganze verdammte Wirbel hat mir eins gezeigt: Es wird höchste Zeit, daß wir unser Unternehmen einstellen. Haben Sie mich verstanden, Wilton?«
»Der große Doktor will aussteigen, was? Nach fast drei Jahren läuft zum erstenmal nicht alles nach Wunsch, und gleich wollen Sie das Handtuch werfen. Dabei haben Sie aus der Sache Geld genug bekommen, um Ihr ganzes verdammtes Krankenhaus zu erneuern. Und haben sich den Posten als Chefchirurg gesichert. Und jetzt wollen Sie uns auffliegen lassen. Na, dann will ich Ihnen mal was sagen, Stark. Ab heute können Sie sich auf den Kopf stellen, aber die Anweisungen kommen nicht mehr von Ihnen. Sie haben jetzt nur noch zu gehorchen. Und der erste Befehl heißt: Schaffen Sie uns das Mädchen vom Hals.«
Der Mann am anderen Ende hatte aufgelegt. Stark knallte den Hörer auf, schob das Telefon wieder in die Schublade und schloß sie. Er zitterte vor Wut. Mit aller Kraft mußte er an sich halten, um nicht seine eigene wertvolle Einrichtung zu zertrümmern. Er krallte sich an die Schreibtischkante, bis seine Finger weiß wurden. Langsam legte sich sein Zorn. Er wußte, bloße Wut hatte noch nie ein Problem gelöst. Er mußte sich auf seine analytischen Fähigkeiten verlassen. Letzten Endes hatte Wilton recht. Susan bedeutete die erste Störung seiner Pläne in fast drei Jahren. Ansonsten übertraf die Entwicklung Starks kühnste Träume. Das Programm mußte weitergehen, zum Wohle und Nutzen der medizinischen Wissenschaft. Susan mußte aus dem Weg geräumt werden, daran gab es keinen Zweifel, und zwar auf eine Art, die keinen Verdacht erregte, vor allem nicht bei so engstirnigen Figuren wie Harris oder Nelson. Die konnten nicht weiter als bis zu ihrem Bauchnabel sehen. Nur er, Stark, hatte die große Vision.
Er kam hinter seinem schweren Schreibtisch hervor und ging zur Bücherwand. Tief in Gedanken fuhr er mit der Hand über die Goldschriftbuchrücken einer Dickens-Erstausgabe. Plötzlich hatte er die Inspiration. Er lächelte.
»Schön … wunderschön«, sagte er laut. »Und es paßt hundertprozentig, eine durch und durch angemessene Lösung.« Er lachte. Vergessen war aller Zorn.
Donnerstag
26. Februar
20 Uhr 47
Ohne zu zahlen, stürmte Susan aus dem Taxi und rannte auf den Eingang des Memorial zu. Sie hatte kein Geld und wollte sich gar nicht erst auf einen Streit einlassen. Auch der Fahrer sprang aus dem Wagen und schrie ihr wütend nach. Damit erregte er zwar die Aufmerksamkeit eines Wächters, aber Susan war schon durch das Portal verschwunden. In der großen Halle verfiel sie in normale Gangart. Zu ihrer peinlichen Überraschung sah sie direkt vor sich Bellows in dieselbe Richtung gehen. Susan überlegte, ob sie ihn ansprechen sollte. Aber dann dachte sie wieder daran, wie er sie dazu hatte bringen wollen, sich nicht weiter bei dem Thema der Gewebeanalysen aufzuhalten. Sie konnte nicht ausschließen, daß Bellows in die Sache verwickelt war. Außerdem klang ihr noch Starks Ermahnung in den Ohren, mit niemandem über die Angelegenheit zu sprechen. Deshalb ließ sie Bellows schließlich weiter in Richtung Notaufnahmestation gehen, während sie zu den
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