Komm mit ins Abenteuerland
Sie kenne ich nicht."
"Wir könnten uns einander vorstellen. Obwohl ich schon weiß, wer Sie sind."
Das brachte sie aus der Fassung. "Tatsächlich?"
"Ich habe mich nach Ihnen erkundigt. Sie sind Elizabeth Walker, genannt Lizzy, ältere Schwester der Braut und ein sehr nettes Mädchen."
"So würde ich mich selbst nicht beschreiben.“
"Wie denn?"
"Als eine erwachsene Frau, die im Beruf ihren Mann steht", antwortete Lizzy stolz und nicht ganz ehrlich. "Ich mache Pressearbeit."
"Aha." Er nickte und sah auf ihre Füße. "Das erklärt die Schuhe."
Ganz gegen ihren Willen fand sie ihn gar nicht mehr so unsympathisch. Er war der Einzige, der ihre Schuhe bemerkt hatte. Sie folgte seinem Blick und lächelte. Schuhe hatten irgendetwas. Wenn man ein solches Paar Schuhe trug, musste man sich einfach gut fühlen.
"Sind sie nicht wunderschön?" erkundigte sie sich.
Der Fremde ließ den Blick langsam höher gleiten. Für Grace' Hochzeit hatte sie ein traumhaftes Kleid gefunden, das ihre sanften Rundungen und den Schimmer ihrer Haut betonte. Das Royalblau unterstrich ihre Augenfarbe und bildete einen schönen Kontrast zu ihrem kinnlangen, gewellten blonden Haar.
"Wunderschön", stimmte der Fremde zu. Irgendetwas an seinem Tonfall ließ sie erröten, und sie sah schnell weg. Sie war erleichtert, als er wieder ihre Schuhe betrachtete. "Aber nicht sehr praktisch", fügte er hinzu.
Lizzy merkte, dass sie die Luft angehalten hatte, und atmete tief durch. "Es gibt wichtigere Dinge im Leben als die Frage, ob etwas praktisch ist", erklärte sie.
Seine Augen funkelten amüsiert. "Sie müssen die einzige Person in diesem Schuppen sein, die so denkt."
Auch das ist wohl richtig, dachte Lizzy. Sie sah die Menschen an, mit denen sie aufgewachsen war. Sie waren alle wunderbar, und sie liebte sie innig, doch sie verstanden nichts von Schuhen.
"Man muss praktisch veranlagt sein, wenn man im Busch lebt." Fast herausfordernd begegnete Lizzy nun seinem Blick. "Ich lebe jetzt in der Stadt."
"Das habe ich gehört."
"Sie scheinen alles über mich zu wissen, aber ich habe immer noch keine Ahnung, wer Sie sind."
"Ich bin Tye Gibson", sagte der Mann und lächelte zynisch, als er ihren Gesichtsausdruck sah. "Ja, der Tye Gibson", beantwortete er ihre unausgesprochene Frage. "Hat Ihnen denn niemand erzählt, dass das schwarze Schaf des Distrikts wieder da ist?"
"Nein", gab Lizzy zu. Tye Gibson! Niemand hatte ihn gesehen, seit er vor fast zwanzig Jahren die Farm seiner Familie verlassen hatte, aber natürlich kannten sie alle die Geschichte. Tye hatte den Kontakt zu seinem Vater abgebrochen und war ausgezogen, um ein Vermögen zu machen.
Sie wusste nur, dass seine Firma GCS etwas mit Kommunikation zu tun hatte, ein weltweit agierender Konzern war und der Name Tye Gibson für Skrupellosigkeit stand. Für einen Jungen aus Barra Creek hatte er viel erreicht, doch niemand wollte ihn zum Helden erklären.
Es schien, dass jeder, der mit ihm zu tun hatte, es anschließend bereute, und auch die Presse mochte ihn nicht. Tye Gibson weigerte sich, Interviews zu geben oder sich fotografieren zu lassen. Offenbar war es ihm egal, wenn die Leute ihn für herzlos und unmoralisch hielten, und je reicher er wurde und je mehr er sich zurückzog, desto mehr Gerüchte kursierten über ihn.
Nun war er offenbar zurückgekehrt - und der Grund war leicht zu erraten.
"Sind Sie nicht ein wenig zu spät gekommen?" fragte Lizzy.
Tye zog die dunklen Brauen hoch. "Was meinen Sie?"
"Die Beerdigung Ihres Vaters war vor einer Woche."
"Und?"
"Und konnten Sie sich nicht die Mühe machen, rechtzeitig hier zu sein?"
Seine Miene wurde härter. "Das wäre wohl ein wenig heuchlerisch gewesen, nicht? Mein Vater und ich hatten seit zwanzig Jahren kein Wort mehr miteinander gewechselt. Warum hätte ich an seinem Sarg Krokodilstränen vergießen sollen? Außerdem", fuhr er fort und ließ den Blick umherschweifen,
„bezweifle ich, dass ich sehr willkommen gewesen wäre. Das hat man mir heute deutlich zu verstehen gegeben."
"Überrascht Sie das?"
„Nicht im Mindesten. Hier hat sich nichts verändert. Ich habe nie damit gerechnet, als der verlorene Sohn begrüßt zu werden."
"Wenn Sie zurückgekommen wären, als Ihr Vater noch lebte, dann hätte man Sie so empfangen", erwiderte Lizzy scharf.
Sie musste mehr Champagner getrunken haben, als sie vermutet hatte. Für gewöhnlich hatte sie ein sonniges Gemüt und wollte, dass jeder sie mochte, aber irgendetwas an Tye Gibson ging
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