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Komm, suesser Tod

Komm, suesser Tod

Titel: Komm, suesser Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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schüttet sein Körper dieses Hormon aus.
    Und wenn sieben Männer so unterwegs sind (weil der Hansi Munz hat zwar nicht geraucht, aber Testosteron trotzdem) und es ist nur ein kleiner Raum, wie es das Kellerstüberl gewesen ist, dann ist das ein Geruch, ich will es nicht näher beschreiben.
    Jetzt, wieso dieser Geruch, wirst du dich fragen.
    Ich habe gesagt: Sechs Männer haben geraucht und einer nicht. Aber jetzt komme ich erst auf die Weiberseite. Weil es ist auch eine Frau dagewesen. Die Tochter vom alten Lanz ist mitten unter den Fahrern gesessen, und man hat es ihr gleich angesehen, daß sie auch schon ein paar Bier intus gehabt hat.
    Die Angelika hat immer noch bei ihrem Vater gewohnt, obwohl sie auch schon auf die Fünfundzwanzig zugegangen ist.
    Aber die Mutter ist gestorben, wie sie sechzehn war, und seither hat sie für ihren Vater ein bißchen den Haushalt geführt.
    Aber nicht, daß du glaubst, die Angelika ein Kind von Traurigkeit. Ganz im Gegenteil. Weil sie war die einzige junge, unverheiratete Frau, die in der Rettungszentrale gewohnt hat.
    Und rundherum jede Menge Männer, jung und sportlich und Uniform und alles. Ist natürlich die Angelika auch manchmal neugierig gewesen, was sich unter der Uniform befindet.
    Aber so ist der Mensch. Das Naheliegende schätzt er weniger als das Ferne. Jetzt hat sich die Angelika im Lauf der Jahre zwar ein bißchen durch die Kreuzrettertruppe durchgekostet, aber richtig verliebt hat sie sich vor einem halben Jahr ausgerechnet in den Rettungsbund-Chef!
    Natürlich große Aufregung bei den Kreuzrettern, aber bevor das Gerücht richtig aufgekommen ist, war es schon wieder vorbei zwischen der Angelika und dem Rettungsbündler, und sie hat dann wenigstens nicht aus dem Kreuzrettungshof ausziehen müssen.
    Ein paar Monate lang hat die Angelika dreingeschaut, als wäre ihr weiß Gott was für ein Fisch durch die Lappen gegangen, aber vor ein paar Tagen hat sie sich mit dem Bimbo eineinhalb Stunden im Hof unten unterhalten, und jetzt ist sie zum erstenmal wieder ins Kellerstüberl hinuntergekommen.
    Ihre vom Friseur blondierten und ruinierten Haare sind zu neuem Leben erwacht, ich weiß nicht, ist es an der Geisterstunde gelegen oder an der indirekten Beleuchtung oder an den Hormonen oder am Bimbo, der ihr Feuer gegeben hat mit seinem Zippo-Feuerzeug.
    "Ziehen!" hat der Bimbo die Lanz-Tochter angebrüllt, während er ihr die Riesenflamme hingehalten hat, mit der er fast die strohtrockene Angelika-Mähne in die Luft gejagt hätte.
    "Ziehen! Nicht blasen, Angelika!"
    Die Angelika Lanz hat aber schon gewußt, daß man bei einer Zigarette ziehen muß, weil seit zehn Jahren die reinste Kettenraucherin. Und was ihr der Bimbo als nächstes erklärt hat, hat sie auch schon hundertmal gehört: "Darum heißt es ja Zieh-Garetten!"
    Sie hat einen tiefen Lungenzug gemacht, daß die Zigarettenspitze orange aufgeglüht ist wie eine Silvesterrakete.
    "Ziehen! Nicht blasen, Angelika", hat der Bimbo jetzt noch einmal gesagt, aber für seine Verhältnisse aufreizend leise.
    "Sicher", hat die Angelika leise geantwortet und sich ein bißchen Bier in ihr halbvolles Glas nachgeschenkt.
    "Was heißt sicher?" hat der Bimbo gefragt. "Schenkst du mir auch eine Zigarette?"
    "Sicher." Die Angelika hat ihm ihre Kim-Packung hingehalten. Der Bimbo hat grinsend in die Runde geschaut, wie er sich eine von den Tussi-Zigaretten genommen hat. Dann hat er sein Zippo-Feuerzeug auf den Tisch vor die Angelika hingelegt: "Hast du ein Feuer?"
    "Sicher." Die Angelika hat das Feuerzeug vorsichtig in die Hand genommen, um sich keinen ihrer fünf Zentimeter langen Fingernägel abzubrechen, und dem Bimbo mit seinem eigenen Feuerzeug Feuer gegeben. "Ziehen, nicht blasen, Bimbo", hat die Angelika gesagt.
    "Nicht blasen?" hat der Bimbo gefragt.
    Jetzt natürlich. Ein Wort ergibt das andere. Und Alkohol im Spiel. Das ist ja bekannt, daß das eine enthemmende Wirkung hat. Am nächsten Tag tut es einem oft leid, und man möchte nicht mehr daran erinnert werden.
    Aber der Brenner hat sich am nächsten Morgen noch an jede Einzelheit erinnert. Wie die Angelika den Bimbo gleich an Ort und Stelle, vor versammelter Mannschaft beim Wort genommen hat. Wie sie vor den grölenden Kollegen ihres Vaters, die sie angefeuert haben wie den reinsten Fußballstürmer, den ganzen Bimbo zum Glühen gebracht hat.
    Ich weiß nicht, ob sich die Angelika am nächsten Morgen noch an alles erinnert hat oder ob es ihr leid getan hat. Immerhin hat sie

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