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Komm, suesser Tod

Komm, suesser Tod

Titel: Komm, suesser Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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Schnurrbartkeil vom Junior auf einmal wie angeklebt vorgekommen. Und wenn dir einmal der Schnurrbart von einem Menschen wie angeklebt vorkommt, kommt dir bald auch das Charakterliche ein bißchen angeklebt vor, sprich das ganze chefmäßige Auftreten.
    Und der Brenner jetzt Psychologe von seinem Chef: zu sichere Stimme, zu fester Blick, zu strammer Schritt. Und natürlich allgemein: zu resolutes Hinausräubern aus dem Rettungshof.
    Aber ich vermute, der Brenner hat sich nur ein bißchen Mut machen wollen mit seinem psychologischen dings. Weil den Alten auf den Fotos hat er wieder gelten lassen. Obwohl ich schon zugeben muß, der hat neben dem Papst wirklich fast päpstlicher als der Papst ausgesehen.
    Und sogar neben dem Wiener Bürgermeister hat er eine gute Figur gemacht. Also nicht neben dem jetzigen, neben dem bald wer einmal eine gute Figur macht. Neben dem früheren Bürgermeister - der mit der Frau, du weißt schon. Wo die Praternutten eine Zeitlang als Bürgermeisterin gegangen sind.
    Der Junior hat bemerkt, daß der Brenner die Fotos anschaut, und gleich dazu gesagt: "Als gemeinnütziger Verein stehen wir dauernd im Licht der Öffentlichkeit. Wir können uns solche Eskapaden einfach nicht leisten."
    Der Brenner hat nur stumm genickt. Er hat immer noch geglaubt, der Junior redet über die Sache im Kellerstüberl.
    "Wir haben ja so schon genug Probleme", hat der Junior jetzt so gesagt, als wären "wir" der Junior und der Brenner, und die anderen wären die Probleme. Zwischen den Sätzen hat er immer wieder zum Plafond hinaufgeschaut, eine komische Gewohnheit, und die Frau Aigner aus der Buchhaltung hat dem Brenner einmal erzählt, daß der Junior diese Geste vom Alten übernommen hat.
    Aber siehst du, bei solchen Dingen kommt es eben auf die Kleinigkeiten an. Beim Alten hat es vielleicht staatsmännisch ausgesehen. Der Brenner hat sich vorgestellt, daß sich dabei seine gespreizten Hände nur an den Fingerspitzen berührt haben, während er die Botschaft wie der reinste Bundespräsident vom Himmel heruntergelesen hat.
    Aber beim Junior gegenteilige Wirkung. Weil er hat nur so lange wie ein durchtrainierter Bomberpilot mit Schnurrbartkeil gewirkt, solange er mit gesenktem Kopf von unten heraus geschaut hat. Aber wenn du mit so einem keilförmigen Bullenschnurrbart den Kopf nach oben drehst, sieht dein Gegenüber den Schnurrbart von unten. Statt der schneidigen Schnurrbartkante sieht man auf einmal Tausende Haarspitzen wie bei einem Besen. Und Schnurrbart von unten natürlich immer Schwächezeichen!
    "Trinken Sie ein Glas Cognac mit mir?"
    "Ich muß heute noch fahren."
    Weil erstens hat der Brenner sowieso nie einen Cognac getrunken, und zweitens natürlich: Fangfrage.
    "Heute werden Sie nicht mehr viel fahren", hat der Junior mit einem Blick auf seine Fliegeruhr gesagt und zwei Gläser und eine Cognacflasche auf seinen Schreibtisch gezaubert. Dann hat er eingeschenkt und dem Brenner sein Glas zum Anstoßen hingehalten: "Zum Wohl."
    Himmel, Arsch und Zusatzarsch! Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn sich dein Chef mit dir verbrüdern will. Und du weißt genau, daß er damit irgendwas bezweckt, aber er hält dich für so blöd, daß du es nicht merkst.
    "Ich habe gehört, daß Ihnen gestern der Rettungsbund einen Bewußtlosen von der Straße weggeklaut hat."
    "Wir haben den s-Code gehabt. Deshalb sind wir nicht einsatzmäßig gefahren. Und wie wir hingekommen sind, war er schon weg."
    "Sie trifft überhaupt keine Schuld", hat der Junior die Rechtfertigung vom Brenner unterbrochen. "Aber die Sache mit dem Rettungsbund wird immer schlimmer."
    "Ich habe auch gehört, daß so was schon ein paarmal vorgekommen ist."
    "Jaja. Es kommt immer öfter vor, daß sie uns die Verletzten von der Straße wegklauen. Das sind Raubrittermethoden."
    Der Brenner hat darauf nichts gesagt.
    "Jetzt frage ich Sie, wie ist das möglich?"
    Der Junior hat zum Himmel hinaufgeschaut und auf eine Antwort gewartet. Aber der Himmel hat nichts gesagt. Und der Brenner hat auch nichts gesagt.
    "Sie wollen es nicht sagen, aber Sie wissen, daß es darauf nur eine Antwort gibt. Sie waren doch früher Detektiv."
    Der Brenner hat nichts gesagt.
    "Der Rettungsbund hört unseren Funk ab", hat der Junior ihm mit einer fürchterlich zerfurchten Stirn die Antwort abgenommen.
    Jetzt hat der Brenner das Gefühl gehabt, daß er wieder einmal was sagen muß. Aber in derselben Sekunde ist ihm schon sein Lateinlehrer aus dem Puntigamer Gymnasium erschienen. "Si

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