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Komm, suesser Tod

Komm, suesser Tod

Titel: Komm, suesser Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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darauf gewartet hat, daß er als nächster antreten muß, hat sich der kleine Berti zu ihm gestellt und gegrinst: "Du warst gestern auch dabei, oder?"
    "Ist das hier ein Kindergarten, oder was? Daß man sich für jede kleine Orgie rechtfertigen muß."
    "Der Junior könnte es jedenfalls mit jeder Kindergartentante aufnehmen. Die anderen sind alle ziemlich still und brav aus der Besprechung herausgekommen."
    "Der Bimbo auch?"
    "Wie der Bimbo drinnen war, hat der Junior so geschrien, daß man noch im Bereitschaftsraum fast jedes Wort verstanden hat."
    "Alles wegen der Angelika? Seit wann ist der Junior so ein Moralist?"
    "Weniger wegen der Angelika. Mehr wegen dem Bimbo. Der wird ihm langsam zu übermütig."
    "Jetzt auf einmal?"
    "Seit er in der Zeitung war, ist der Bimbo nicht mehr zu bremsen. Ein paar Krankenschwestern von der Geriatrie haben sich schon über ihn beschwert."
    "Grapscht er jetzt schon auf der Geriatrie?"
    "Die Schwestern dort sind ja nicht so alt."
    Und im nächsten Moment ist schon durch die Sprechanlage gekommen: "Sanitäter Brenner bitte ins Chefbüro." Der Munz ist ihm auf der Stiege entgegengekommen: "Freu dich", hat er ihm mit wackligen Stimmbändern mit auf den Weg gegeben.
    Aber wie der Brenner dann in das Chefbüro hinein ist, große Überraschung.
    Der Junior hat den Brenner nicht zusammengestaucht. Ganz im Gegenteil. Er hat ihm so höflich einen Stuhl angeboten, daß man glauben hätte können, der Brenner ist einer von den fünf Trägern des goldenen Spenderabzeichens. Weil silbernes Spenderabzeichen für einen Rettungswagen, aber goldenes erst für einen Notarztwagen, und wenn du weißt, daß ein Notarztwagen nichts anderes ist als ein fahrender Operationssaal, kriegst du eine Vorstellung davon, warum man die lebenden Spender an einer Hand abzählen kann.
    Hinter dem Junior sind ein paar gerahmte Fotos gehängt, auf denen sein Vater mit verschiedenen Prominenten zu sehen war.
    Der Alte war schon drei Jahre tot, aber wahrscheinlich wäre es dem Junior respektlos vorgekommen, wenn er die Fotos gegen eigene ausgetauscht hätte.
    Auf einem war sogar der Papst, wie er bei seinem Wien-Besuch vor ein paar Jahren die Rettungsautos geweiht hat. Der Papst hat ein bißchen Staub auf den Lippen gehabt, aber nicht, weil er den Schwechater Flughafen geküßt hat, sondern weil das Fotoglas nicht gut abgestaubt war. Das hat man daran erkannt, daß der Mann neben dem Papst auch diesen Staub im Gesicht gehabt hat. Aber Staub hin oder her: So ein stolzes und zufriedenes Lächeln hast du noch nicht gesehen wie das vom alten Kreuzrettungschef bei der päpstlichen Fahrzeugsegnung.
    Aus den Erzählungen von den älteren Fahrern und von der Frau Aigner aus der Buchhaltung hat der Brenner gewußt, daß der Alte noch ein richtiger ding war, wie soll ich das am besten erklären. Das mußt du dir ein bißchen wie diese Japaner vorstellen. Die es nach fünfzig Jahren im Dschungel immer noch nicht glauben, daß der Zweite Weltkrieg vorbei ist. So hat der Alte bei der Rettung das Militärische aufrechterhalten.
    Appell und Kommandoton und alles. Und wenn du zur Uniform keine schwarzen Socken angehabt hast: Todesstrafe.
    Das ist so ein Ausdruck bei den Fahrern, wenn du strafweise für eine Woche zum Blutspendedienst aufs Land eingeteilt wirst.
    Das ist heute noch die gefürchtete Todesstrafe. Aber heute kriegst du sie nur noch für schwere Vergehen, wie der Werkstättenchef, der vor ein paar Wochen beim 590er den kaputten Auspuff übersehen hat. Wo dann die Abgase zu dem Patienten in den Transportraum eingedrungen sind. Oder der Alkoholunfall vor zwei Jahren, wo der Hansi Munz einmal die Schiebetür nicht ordentlich zugemacht hat, und dann hat er bei der Autobahnauffahrt den Rollstuhl verloren, also samt Patient, aber der Munz hat es in seinem Dusel nicht bemerkt und ist weitergefahren. Der Patient Gott sei Dank auf der Stelle tot, aber der Hansi Munz natürlich ab ins Waldviertel und eine ganze Woche Blutspenden. Aber wie gesagt: Beim Alten hast du das schon für ein Paar helle Socken gekriegt.
    Äußerlich war der Junior dem Alten wie aus dem Gesicht geschnitten. Nur daß der Alte keinen Schnurrbart gehabt hat.
    Und der Schnurrbart vom Junior war ein derart scharfer Keil, an dem hättest du dir jederzeit eine Bierflasche aufmachen können.
    Man möchte glauben, einem Ex-Polizisten wie dem Brenner dürfte ein Bullenschnurrbart nicht so auffallen. Aber durch die Ähnlichkeit der beiden Gesichter ist dem Brenner der

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