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Komm, suesser Tod

Komm, suesser Tod

Titel: Komm, suesser Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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Aber der Brenner ist nicht mit ihr aufgewachsen, und in den fünfunddreißig Jahren seit der Hochzeit hat er sie höchstens noch zwei-, dreimal gesehen, und ob du es glaubst oder nicht: manchmal regelrecht vergessen, daß er eine Schwester hat.
    Und der Mann auf dem Foto ist natürlich der Lungauer selber gewesen. Bevor ihm der Bimbo mit dem Kreuzschraubenzieher ein Loch ins Hirn gemacht hat.
    Der muß durch den Unfall mindestens dreißig Kilo verloren haben, hat der Brenner gedacht. Obwohl er jetzt schon gewußt hat, daß es kein Unfall gewesen ist.
    Im Taxi hat der Brenner die ganze Zeit ein bißchen den Kopf eingezogen, weil wenn du bei der Rettung arbeitest, wimmelt es auf der Straße natürlich vor Kollegen, die dich beim Schuleschwänzen erwischen können. Er war ja illegal unterwegs, er hat den Achttausender einfach gebeten, eine Stunde allein zu fahren. Das war um Viertel nach zehn. Und jetzt schon halb zwei vorbei.
    Dabei hat ihm das jetzt eigentlich völlig egal sein können.
    Nachdem ihm der Lungauer alles erzählt hat. Wie aus der Witwenbetreuung die Testamentsfälschung geworden ist. Und aus der Testamentsfälschung die Testamentsbeschleunigung.
    Und wie es dem Lungauer dann zuviel geworden ist und er postwendend den Kreuzschraubenzieher in den Kopf gekriegt hat.
    Und wie dann die Freundin vom Lungauer auf eigene Faust weitergeforscht hat. Wie die Irmi geglaubt hat, sie kann dem Lungauer Gerechtigkeit verschaffen.
    "Fröhlich?" hat der Taxler den pfeifenden Fahrgast aus seinen Gedanken gerissen.
    Aber der Brenner hat ihm keine Antwort gegeben. Es ist ja immer gefährlich, wenn du einem Wiener Taxifahrer eine Antwort gibst. Das kann ich dir als Warnung mit auf den Lebensweg geben. Weil er gibt dir dann garantiert auch eine Antwort, und die ist im Normalfall kein Vergnügen, mehr will ich darüber gar nicht sagen.
    "Fröhlich?" hat der Taxler noch einmal gefragt.
    Als Antwort hat der Brenner mit dem Pfeifen aufgehört. Weil jetzt hat er erst bemerkt, daß er schon wieder seine ewige Melodie auf den Lippen gehabt hat.
    Knapp vor zwei ist er in der Rettungszentrale gewesen. Er hat sich an den Hofkameras vorbeigedrückt und ist gleich in seine Wohnung hinauf.
    Von seinem Fenster aus hat er dann die Einfahrt beobachtet und gewartet, bis der Hansi Munz einrückt.
    Um zwanzig vor drei ist der 740er hereingekommen. Der Brenner sofort hinunter und den Hansi Munz noch im Hof abgefangen. "Hast du fünf Minuten Zeit?"
    "Sicher."
    "Komm kurz in meine Wohnung hinauf."
    Der Hansi Munz hat sich zwar gewundert, ist aber trotzdem anstandslos mitgekommen.
    "Nett hast du es", hat er in der Wohnung den Kennerblick aufgesetzt. "Wo hast du diese schönen Nußholzkästen her?"
    "Von meinem Großvater."
    "Geerbt? Nicht schlecht."
    "Geerbt. Und er ist ganz von selber gestorben."
    "Sterben geht von selber."
    "Ja, meistens."
    "Der Tod ist gratis."
    Aber er kostet das Leben, hätte der Brenner jetzt sagen müssen. Und die letzten fünftausendmal hat er es auch gesagt.
    Aber dieses Mal: "Sehr witzig."
    "Was hast du denn heute? Ist dir eine Laus über die Leber gelaufen?"
    Unglaublich, hat sich der Brenner gedacht. Wie unterschiedlich ein und derselbe Satz aus dem Mund von der Klara und aus dem dummen Mund vom Hansi Munz klingen kann.
    "Wieso sagst du Leber?" hat er ihn angeschossen.
    "Spinnst du? Wieso soll ich nicht Leber sagen?"
    "Erinnerst du dich noch, wie der Bimbo die Spenderleber geholt hat? Wie sie den Küsserkönig erschossen haben."
    "Montag, 23. Mai, 17 Uhr und 3 Minuten."
    "Wieso weißt du das so genau?"
    "Man ist ja nicht jeden Tag dabei, wenn jemand umgebracht wird."
    "Bist du dir da sicher?"
    "Mir ist beim Bundesheer schon schlecht geworden, wenn ich das Waffenöl gerochen habe."
    "Und von der Spenderleber wird dir nicht schlecht?"
    "Was hast du denn dauernd mit der Spenderleber?"
    "Kannst du dich noch erinnern, wo der Bimbo gestanden ist, wie er auf die Spenderleber gewartet hat?"
    "Wo wird er schon gestanden sein? Bei der Rosi, wo wir eben immer stehen."
    "Ist er allein dort gestanden?"
    "Nein, der Lanz ist uns ja noch vor der Nase hineingefahren.
    Darum hat es ja so lang gedauert."
    "Hast du den Lanz dort stehen gesehen?"
    "Ich möchte wissen, was dich das angeht."
    "Hast du ihn gesehen?"
    "Du weißt doch, daß man vom Parkplatz aus den Stand von der Imbiß-Rosi nur von hinten sieht."
    "Hast du den Lanz hingehen gesehen?"
    "Du, ich hab wirklich was Besseres zum Schauen gehabt."
    "Du hast das schmusende Paar

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