Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Komm, suesser Tod

Komm, suesser Tod

Titel: Komm, suesser Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
Vom Netzwerk:
arbeitet.
    "Sie sind doch ein Hund, oder?"
    "Ein Schnüffler - ja." Weil wenn du eine Zeitlang mit so einem Wörterverdreher zusammen bist, dann verstehst du ihn immer besser, das geht schneller, als man glauben möchte. Und wenn du dann noch ein bißchen länger mit ihm zusammen bist, fängst du selber mit dem Wörterverdrehen an. Aber der Brenner jetzt noch ohne Probleme: "Erinnern Sie sich an den Lanz?"
    "Der Vater von der Angelika."
    "Er ist verhaftet worden."
    "Weiß ich."
    "Aber seine Tochter glaubt, daß er es nicht gewesen ist."
    "Ist er auch nicht."
    "Wie bitte?"
    "Der Lanz hat den Groß nicht umgebracht."
    Hat es sich der Brenner nur eingebildet, oder hat der Lungauer jetzt wirklich ein bißchen flüssiger geredet?
    "Ich habe vor zwölf Jahren bei den Kreuzrettern angefangen.
    Damals waren wir dreimal so groß wie die Rettungsbündler. Da ist der Alte noch gewesen. Dann ist der Rettungsbund auf einmal so schnell gewachsen, daß er uns fast eingeholt hat."
    Für jeden Satz hat der Lungauer eine Ewigkeit gebraucht.
    Und wenn es sonst auch oft furchtbar mit dem Brenner ist, dann muß ich hier doch sagen, da hat er wieder das richtige Tempo gehabt, um dem Kranken in Ruhe zuzuhören.
    "Der Rettungsbund hat nach dem Tod vom Alten die besseren politischen Kontakte gehabt. Er hat die Betonfirma als Sponsor aufgerissen, die dafür im Gegenzug ihre Bauaufträge von der Stadt bekommen hat. Aber wir haben immer noch die besseren Spender gehabt."
    Dem Brenner ist fast schwindlig geworden, wie er die dreiundzwanzig Stockwerke hinunter direkt auf die Straße geschaut hat, während der Lungauer weitergeredet hat.
    "Kinderlose Leute wissen nicht, wohin mit dem Geld nach ihrem Tod. Die meisten vererben alles der Kirche. Wollen sich einen Platz im Himmel sichern. Aber manche setzen auch uns als Erben ein. Das hat uns eine Zeitlang noch vor dem Rettungsbund gehalten. Andererseits, die moderne Medizin.
    Dadurch werden die Leute immer älter. So haben wir immer weniger große Spenden bekommen. Weil die Leute nicht gestorben sind."
    Ich bin doch immer schwindelfrei gewesen, hat sich der Brenner überlegt. Aber die zittrigen Knie, die er jetzt langsam gekriegt hat, haben nichts mit dem 23. Stock zu tun gehabt.
    Sondern horch zu, was ihm der Lungauer in der nächsten halben Stunde erzählt hat. Ein Gesunder hätte dafür vielleicht nur fünf Minuten gebraucht. Aber der Brenner war froh, daß es nicht so schnell gegangen ist. Es war so immer noch schwer genug zu verdauen: Wie der Junior ein Krisenteam gebildet hat mit dem Lungauer und dem Bimbo. Wie der Bimbo und der Lungauer immer so eingeteilt worden sind, daß sie die reichen alten Damen chauffiert haben. Wie sie sich ein Vorbild am Czerny genommen haben, der einer Witwe ihre Villa abgeluchst hat.
    Aber im Gegensatz zum Czerny nicht zur persönlichen Bereicherung, sondern alles nur für den Verein.
    "Aber das hat leider nur manchmal funktioniert", hat der Lungauer herausgewürgt. "Da hast du zehn Damen den Hof gemacht, und eine ist vielleicht auf die Idee gekommen, daß sie uns was vererben könnte. Und der Rettungsbund ist trotzdem immer noch schneller gewachsen. Weil natürlich hat der Rettungsbund auch seine Damenbetreuung gehabt. Jetzt hat der Junior den Verdacht gekriegt, daß der Rettungsbund in seiner Damenbetreuung konsequenter ist."
    Der Brenner hat sich gefragt, wieso der Lungauer jetzt auf einmal keine Wörter mehr verwechselt hat. Bei seiner Schilderung der alten Damen, die oft ihr Vermögen der Rettung nur deshalb nicht vererbt haben, weil es ihnen gar nicht in den Sinn gekommen ist. Weil sie oft schon so verkalkt waren, daß sie gar nichts mehr von ihrem Vermögen gewußt haben.
    "Der Junior hat dann eine bessere Idee gehabt. Sie kennen ja den Papierkrieg für die Versicherungen bei den Scheißhäusltouren. Da ist es ganz einfach gewesen, so einer alten Frau eine Unterschrift abzuluchsen, ohne daß sie bemerkt hat, daß sie gerade ihr ganzes Vermögen der Rettung vermacht hat."
    "Könnte es sein, daß Sie nur aus Angst vor dem Junior den Aphasiker spielen?" ist dem Brenner auf einmal herausgerutscht.
    "Hahahahahahaha!"
    Der Lungauer hat dann kurz geschwiegen und dabei so schwer geatmet, daß der Brenner schon Angst gekriegt hat, daß er nicht mehr will. Aber dann hat er weitererzählt, als hätte der Brenner nichts gesagt. "Es war immer noch nicht unbedingt etwas Schlechtes, was wir getan haben. Weil ob so eine alte Dame ihr Vermögen den Kerzenschluckern oder uns

Weitere Kostenlose Bücher