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Komm wieder zurück: Roman

Komm wieder zurück: Roman

Titel: Komm wieder zurück: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Reed
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den beiden Brüdern um. Sie trugen abgeschnittene Jeans mit Fransen, die ihre Knie umflatterten. Gesprochen hatte Josh, der Junge mit der nackten, eingefallenen Brust, die von der Sonne kirschrot gebrannt war. Er hatte rote hohe Tennisschuhe ohne Socken an. Gabe trug das Gleiche in Schwarz. RostbrauneLocken schaukelten ihnen fröhlich um die Ohren. Calder hatte ihr erzählt, dass Mücken in Futternäpfen und Planschbecken brüten und bis zu fünf Kilometer in der feuchtheißen Nachluft zurücklegen können, um sich an der Haut schlafender Kinder gütlich zu tun. Dem Anblick all der roten Pusteln nach zu urteilen, die ihre Arme und Beine überzogen, hätte jemand so viel Vernunft aufbringen sollen, das nasse Farmland zu dränieren. Oder die Löcher in den Insektengittern zu stopfen.
    Josh grinste. Er schwenkte seine Hand in der Luft und winkte etwas geziert.
    Annie spuckte, schnell und treffsicher. Sie drehte ihnen den Rücken zu.
    »Mm«, sagte jemand.
    Die ganze Woche hatte sie sich bemüht, sie zu ignorieren und ihre klebrigen Fäuste in den Taschen stecken lassen, wo sie mit dem Wechselgeld von Mr Peterson klimperte. Leise sang sie vor sich hin, Kirchenlieder, am liebsten Kirchenlieder, die sie im vorigen Sommer gelernt hatte, als ihre Mutter beschloss, ihre Kinder in die Bibelstunden der Baptistengemeinde von Lakeview zu schicken. Drei Wochen konnten sie sich dort halten, lange genug für Annie, um ein paar Lieder zu lernen, und vielleicht zu lange für die Gemeinde und den lächelnden Diakon, der, wie Annie sehen konnte, mit ihrem Dollar in seinem Korb zu rechnen begonnen hatte. Aber ein Dollar die Woche war es nicht wert, dass Calder jedes Mal wie wild herumsprang und knurrte, wenn jemand ins Taufbecken getaucht wurde. Schließlich zischte der Diakon, der Heilige Geist veranlasse die Menschen nicht zu solch einem Benehmen in der Baptistenkirche von Lakeview.
    This little light of mine.
Annie hasste dieses Lied. Hasste die Art und Weise, wie es ihr nicht mehr aus dem Sinn ging, und das war genau der Punkt. Sie konnte damit rechnen, dass es ihr als Ohrwurm erhalten blieb, bis sie und Calder ihre Auffahrt erreichten und die Pinckney-Jungs ihre Munition verschossen hatten und weitergingen.
    Doch so wie Annie sich bemüht hatte, die Pinckneys links liegen zu lassen, hatte Calder versucht, sie für sich zu gewinnen. »Ichhab deine Mama bei
Lukeman’s
gesehen, wie sie gerade Melonen gekauft hat«, sagte er zum Beispiel, während seine Beine von allein einen Jig tanzten. »Mit Melonen ist es nämlich so« Annie packte ihn dann am Arm und drehte ihn wieder nach vorn, während er den Hals verrenkte und sich die Kehle wund räusperte. Die Jungen lachten, bis ihnen die Luft wegblieb.
    »Hältst du den Finger in eine Steckdose, Spasti?«, fragte Gabe jetzt. »Zappelst du deshalb so rum?«
    Annie strich mit dem Daumen über die Klinge in ihrer Tasche.
    Die Jungen juchzten und johlten, weil sie so viel Spaß hatten.
    Die Mutter hatte Annie einen Kuss auf den Kopf gedrückt, als sie ihr das erste Mal von den Pinckneys erzählte. »Macht einfach einen Bogen um die Jungs«, hatte sie ganz ruhig gesagt. Sie kannte die beiden nur zu gut, nahm sie aber anscheinend nie ernst. Sie war eine beliebte Mittelschullehrerin für Englisch und hatte glitzernde grüne Augen. Worte kamen aus ihrem Glamourgirl-Mund, als hätte man sie sauber geschrubbt, bevor sie einem ins Ohr drangen.
    »Ey, du Blödi!«, brüllte Josh Calder an. »Zappelst du so, weil du behindert bist oder was?«
    Annie schielte zu Calder hin. Ihre Muskeln spannten sich an, als wollte sie seine dazu bringen, es ihr nachzumachen. Doch seine Augenbrauen und sein Mund … mitsamt dem klebrigen Saftbart … zuckten. Er klatschte sich den Schweiß von der Stirn, als ob das sein einziges Problem wäre.
    Ein kleiner runder Schmerz bildete sich unten in Annies Kehle.
    Einen Tag, nachdem ihr die Mutter gesagt hatte, sie sollten ihnen aus dem Weg gehen, hatte der Vater sie beiseitegenommen, wo die Mutter sie nicht hören konnte, und gesagt: »Hör mal, du Singvogel. Ein Mensch muss seine Grenzen kennen, damit er, wenn er einmal darüber hinausgestoßen wird, sicher sein kann, dass keiner, nicht mal sein eigenes Gefühl für Richtig und Falsch, behaupten kann, er habe anders als in Selbstverteidigung gehandelt. Danach kannst du sie zittern lassen wie ein Hund, der Pfirsichkerne scheißt, wenn es sein muss.«
    Annie ließ das Messer los, plötzlich unfähig, sich vorzustellen, wie

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