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Komm zu mir, Schwester!

Komm zu mir, Schwester!

Titel: Komm zu mir, Schwester! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois Duncan
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wenn es zu deinen Gewohnheiten gehört, nachts allein durch die Gegend zu laufen, dann ist das auch nicht besonders schlau. Es kann doch alles Mögliche passieren. Wir beide waren gestern stundenlang draußen, und deine Eltern haben nicht mal die Nase zur Tür rausgesteckt, um nach dir zu sehen.«
    Â»Sie vertrauen mir«, sagte ich.
    Â»Das hat doch nichts mit dir zu tun. Und wenn nicht ich das gewesen wäre gestern? Wenn irgendein fieser Typ sich da auf den Felsen an dich angeschlichen hätte? Jeff Rankin zum Beispiel?«
    Â»Das ist doch lächerlich.«, sagte ich gereizt. »Jeff tut keinem was.«
    Â»Das weißt du nicht. Seit dem Unfall ist er echt seltsam. Das sagen alle. Und wenn nicht er, dann eben jemand anders, ein Fremder. Da draußen bist du so allein, dass du dir die Lunge aus dem Hals brüllen könntest – und keiner hört dich.« Er nahm mich fester in den Arm. »Ich mag dich, Laurie. Ich will nicht, dass dir was passiert.«
    Â»Ich weiß.« Er hatte natürlich recht. Wir sollten langsam wirklich vorsichtiger werden. Aber das Mädchen – das Spiegelmädchen, wie ich sie für mich nannte – würde sich nicht von einem Schloss an der Tür zurückhalten lassen. Das war das Einzige, das ich mit Sicherheit wusste.
    Wenn ich doch mit Gordon reden könnte, richtig reden … Aber das war unmöglich. Er würde mich für verrückt halten und vielleicht hätte er recht damit. Verrückte stellten sich schließlich Sachen vor, die es in Wirklichkeit nicht gab, oder? Doch wenn ich diesen Gedanken weiterdachte, dann musste Gordon selber verrückt sein. Natalie und mein Vater auch. Und Megan. Was hatte sie noch gesagt? »Du warst so hoch oben«? Ich hatte gedacht, sie würde im Schlaf sprechen, aber jetzt kamen mir Zweifel. Wen mochte sie gestern Nacht gesehen haben? Mich oder das Spiegelmädchen? Und »hoch oben« … was hatte sie damit gemeint? Gordon und ich hatten unter ihrem Fenster gestanden.
    Â»Wo ist meine Schwester?«, sagte ich und ging von der Reling weg. »Ich muss sie was fragen.«
    Â»Was ist denn los mit dir?«, sagte Gordon frostig. »Kannst du denn nicht hier mit mir stehen und reden, ohne total hektisch zu werden? Du bist nicht hinter Meg her. Die hast du eben noch beim Frühstück gesehen. Du suchst jemand anders, stimmt’s?«
    Â»Jemand anders?«, wiederholte ich verständnislos.
    Â»Diesen Kerl, mit dem du am Strand warst. Der ist es, hab ich recht? Ist es einer von den Jungs von der Insel? Hör mal, Laurie, sei ehrlich zu mir. Ich hab dir das mit Nat erzählt …«
    Â»Mann, Gordon, lass mich endlich in Ruhe!«
    Einen Moment lang herrschte Schweigen. Ich konnte nicht fassen, dass ich ihn so angeblafft hatte.
    Dann fragte Gordon leise: »Meinst du das ernst?«
    Â»Nein … nein. Tut mir leid.« Hier standen wir, wir waren gerade wieder zusammen und schon machte ich alles wieder kaputt. Was wollte ich denn eigentlich? Gordon auf einem Silbertablett Natalie servieren? Er traute mir nicht – und warum sollte er auch. Er hatte mich schließlich mit eigenen Augen gesehen.
    Â»Es tut mir leid«, wiederholte ich. »Wie ich schon gesagt hab, letzte Nacht habe ich nicht schlafen können, ich bin müde und gereizt, und du wirfst mir andauernd Sachen vor, die nicht wahr sind.«
    Â»Okay, okay«, sagte Gordon. »Soll ich Meg für dich suchen?«
    Â»Nein. Ich rede später mit ihr, wenn wir an Land gehen.«
    Aber als die Fähre anlegte, gab es so einen hektischen Ansturm, dass man niemanden finden konnte. Und als ich Meg dann endlich entdeckte, steckte sie mitten in einem Pulk kreischender und plappernder kleiner Mädchen, die wie eine Herde Richtung Grundschule zog.
    Der Tag hatte nicht gut angefangen und wurde immer schlechter. Ich hatte die Zahlenkombination von meinem Schließfach vergessen und musste die ersten zwei Stunden ohne Bücher durchstehen, womit ich mich bei meinen Lehrern nicht beliebter machte. Nach der zweiten Stunde fing ich Helen auf dem Flur ab. Sie bekam das Schloss auf, ich konnte die dritte Stunde also mit dem Algebrabuch in der Hand beginnen, aber ich war so durcheinander, dass ich nicht eine Gleichung lösen konnte, die der Lehrer mir aufgab. In der vierten Stunde, Englisch, stellte ich fest, dass ich heute Morgen ohne Geld oder etwas zu essen losgegangen war.
    Â»Keine Sorge«, sagte

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