Komm zurück, mein dunkler Bruder
Finger gleiten lässt, während die Gemeinde schnieft und strahlt? Und danach Dämon Dexter in Baumwollshorts, der den Eiffelturm angafft und einen Café au lait am Arc de Triomphe schlürft? Händchenhaltend übermütig an der Seine entlangtollt, freiwillig jedes kitschige Kinkerlitzchen im Louvre bestaunt? Natürlich nehme ich an, ich könnte eine kleine Wallfahrt zur Rue Morgue einschieben, der geheiligten Stätte aller Serienkiller.
Aber lassen Sie uns einen winzigen Moment ernst bleiben: Dexter in Paris? Also erstens: Ist es Amerikanern überhaupt erlaubt, nach Frankreich zu reisen? Und dann: Dexter in Paris? In den
Flitterwochen?
Wie kann jemand, der Dexters mitternächtliche Gewohnheiten lebt, etwas so Ordinäres auch nur in Betracht ziehen? Wie kann jemand, der Sex in etwa so interessant findet wie ein Rechnungsdefizit, in den Stand der Ehe treten? In aller Kürze: Kann das – bei allem, was unheilig, dunkel und tödlich ist – wirklich Dexters Ernst sein?
Alles wunderbare Fragen und sehr vernünftig. Und, ehrlich gesagt, schwer zu beantworten, selbst für mich. Aber hier sitze ich, ertrage die chinesische Wasserfolter von Ritas Erwartungen und frage mich, wie Dexter das überleben soll.
Nun denn. Dexter wird es überleben, weil er muss, zum Teil, um seine notwendige Tarnung zu wahren und sogar zu verbessern, die die Welt daran hindert, ihn als das zu erkennen, was er ist, also im besten Falle jemand, dem man nicht gern gegenübersitzen würde, wenn das Licht ausgeht – zumal, wenn Besteck auf dem Tisch liegt. Und natürlicherweise erfordert es eine Menge sorgsamer Arbeit, nicht allgemein bekannt werden zu lassen, dass Dexter von seinem Dunklen Passagier gefahren wird, einer seidig flüsternden Stimme auf der verschatteten Rückbank, der von Zeit zu Zeit auf den Fahrersitz kriecht und das Steuer übernimmt, um uns zum Themenpark des Undenkbaren zu fahren. Es wäre nicht gut, wenn die Schafe wüssten, dass Dexter, der Wolf, unter ihnen weilt. Und so arbeiten wir, der Passagier und ich, hart an unserer Tarnung. In den letzten Jahren hatten wir Dating Dexter im Angebot, um der Welt ein fröhliches, völlig normales Gesicht zu präsentieren. Diese charmante Produktion lancierte Rita als DIE Freundin, und es war ein in vielfältiger Hinsicht ideales Arrangement, denn sie war an Sex ebenso desinteressiert wie ich und wünschte dennoch die Gesellschaft eines verständnisvollen Herrn. Und Dexter versteht wirklich. Keineswegs Menschen, Romanzen, Liebe und das ganze Zeug. Nein. Was Dexter versteht, ist die tödlich grinsende Quintessenz, wie man die Verdienstvollsten unter Miamis ach so vielen Kandidaten für die endgültige dunkle Auswahl in Dexters bescheidener Ruhmeshalle findet.
Das ist natürlich keine hundertprozentige Garantie dafür, dass Dexter ein charmanter Begleiter ist; dieser Charme bedarf jahrelanger Übung und ist das rein künstliche Produkt ausgefeilter Laborarbeit. Aber leider kann die arme Rita – angeschlagen von ihrer schrecklich unglücklichen und brutalen ersten Ehe – Margarine nicht von Butter unterscheiden.
Alles gut und schön. Zwei Jahre lang zogen Dexter und Rita eine glitzernde Spur durch die Gesellschaft Miamis, von jedermann wahrgenommen und bewundert. Aber dann, als Ergebnis einer Serie von Ereignissen, die den vorurteilslosen Beobachter irgendwie skeptisch stimmen mögen, hatten sich Dexter und Rita unglücklicherweise verlobt. Und je intensiver ich darüber nachgrübelte, wie ich mich vor diesem lächerlichen Schicksal retten konnte, desto klarer wurde mir, dass es sich um den nächsten logischen Schritt zur Vervollkommnung meiner Tarnung handelte. Ein verheirateter Dexter – ein Dexter mit zwei gebrauchsfertigen Kindern! – ist noch weiter davon entfernt, für das gehalten zu werden, was er wirklich ist. Ein Quantensprung auf ein neues Niveau menschlicher Tarnung.
Und außerdem gibt es die beiden Kinder.
Es mag seltsam scheinen, dass jemand, dessen einzige Leidenschaft die Vivisektion ist, sich aufrichtig an Ritas Kindern erfreut, aber so ist es. Ich tue es. Wohlgemerkt, meine Augen werden bei dem Gedanken an einen Wackelzahn keineswegs feucht, da dies die Fähigkeit zur Empfindung von Gefühlen voraussetzt und ich ohne irgendeine derartige Mutation völlig zufrieden bin. Aber insgesamt finde ich Kinder erheblich interessanter als ihre Altvordern und reagiere auf Leute, die ihnen Schmerzen zufügen, besonders gereizt. Tatsächlich mache ich sie gelegentlich
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