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Komme, was Wolle

Komme, was Wolle

Titel: Komme, was Wolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gil McNeil
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Zick-Nummer heute Abend angeht, gibt es irgendwelche Initiationsriten? Muss man eine Lage Wolle aufwickeln und ein spezielles Lied singen, während man sich mit einer Stricknadel ins Bein sticht oder etwas in der Art?«
    »Nein, aber wir machen gern eine Ausnahme für dich, wenn du möchtest. Und kein Fluchen, wenn Olivia dabei ist, weil sie erst sechzehn ist.«
    »Dann kennt sie wahrscheinlich mehr Schimpfwörter als ich.«
    »Schon möglich, aber ich glaube nicht, dass es ihrer Mutter gefallen würde, wenn du sie mit ihr durchgehst.«
    »Wie hieß die Stille noch mal?«
    »Angela Prentice.«
    »Dann konzentriere ich mich auf sie.«
    »Sie ist sehr schüchtern; sie spricht so gut wie gar nicht.«
    »Mach dir darüber mal keine Sorgen, ich hole sie bestimmt schnell aus ihrem Schneckenhäuschen. Ich bin sehr gut mit schüchternen Leuten.«
    Du liebe Zeit. Ich glaube, Angela braucht möglicherweise heute Abend mehr als ein Stück Kuchen und einen Schluck Wein. Tatsächlich glaube ich, dass das auf uns alle zutrifft.

K APITEL SECHS
     
    Süßes oder Saures
     
    Inzwischen herrscht Eiseskälte, und jeden Morgen überzieht Frost die Straßen, und da die Heizung in meinem Schlafzimmer nicht richtig funktioniert, schlafe ich mit zwei Bettdecken und einer Wollmütze. Aber als ich heute Morgen aufwachte, war mir kochend heiß, und ich bekam kaum Luft, so wie bei plötzlichen postmenstruellen Hitzewallungen, was mich auch nicht heiterer stimmte, bis ich merkte, dass ich meine Heizdecke die ganze Nacht über angelassen hatte. Und halb durchgeschmort ist nicht der ideale Zustand, die übliche morgendliche Schulhetze zu beginnen, so dass ich Jacks Turntasche vergessen habe. Wir mussten also zurückgehen, mit anderen Worten, wir kamen zu spät. Also alles in allem ein spitzenmäßiger Morgen bisher, und es ist erst fünf vor zehn.
    Ich stehe hinter der Ladentheke, umringt von Troddeln und gestrickten Blättern für das Schaufenster, und versuche, so ruhig wie möglich eine Liste mit Dingen zu schreiben, die heute zu erledigen sind. Elsie hat an der Troddelfront ein bisschen übertrieben, und jetzt ist sie dabei, einen Weihnachtsbaum zu stricken, einen, den sie in einer Zeitschrift gesehen hat und der aus ganz vielen einzelnen Ästen in verschiedenen Grüntönen besteht, und sie redet ständig von bunten Lichterketten, weil Weihnachten da ist, ehe wir es uns versehen, und sie sich lieber rechtzeitig darauf einstellen möchte. Meine Güte, ich wünschte, ich wäre auch mal rechtzeitig dran – bei was auch immer -, statt ständig das Gefühl zu haben, mich am Rande einer Katastrophe zu bewegen. Die letzten Wochen waren der nackte Wahnsinn. Grace war mit ihrer Babydecke fertig, und ich habe für sie den Saum gemacht und die Einzelteile zusammengestrickt, und jetzt strickt sie eine Babyjacke, während sie zu irgendwelchen Meetings wegen des Simone-de-Beauvoir-Films in Paris ist. Und Ellen simst mir täglich, weil sie ständig bei Harrys Pullover irgendwas falsch macht. Sie hat eine ihrer Bambusstricknadeln zerbrochen und hatte eine heftige Auseinandersetzung mit ihrem Assistenten John Lewis, weil sie keine richtige Ersatzgröße hatte, so dass ich ihr per Post welche schicken musste, was nichts anderes hieß, als mich am Pension Day in die lange Schlange im Postamt zu stellen und ewig warten zu müssen.
    Die örtliche Zeitung hat einen Artikel über den Laden gebracht mit einem Foto von dem Schal, den Grace gekauft hat, leider vorgeführt von Elsie, über ihrer absurden Jacke. Sie wollte unbedingt aufs Foto, und ich konnte sie partout nicht aufhalten. Aber trotz des peinlichen Fotos kommen viele neue Leute in den Laden, einige sogar von so weit her wie Maidstone. Das ist alles sehr erfreulich, und wir hatten recht gut zu tun, obwohl es auch Tage gibt, an denen wir nur drei Kunden haben, und eine davon ist Mrs. Marwell, die nur wegen der Kekse und des Restekorbs mit den Sonderangeboten kommt. Ellen liegt mir in den Ohren, mehr Zeitungen und Zeitschriften anzuspitzen, aber ich schiebe es vor mir her bis nach Jacks Geburtstagsfeier, wenn ich entweder eine Idee habe, wie ich Elsie daran hindern kann, ihre schreckliche Jacke zu tragen, oder sie gar für einen oder zwei Tage vom Laden fernzuhalten. Vielleicht kann Martin mir dabei helfen. Er hat die Regale fast fertig, die ganz toll aussehen, obwohl er sie laut Elsie noch ein letztes Mal wachsen will, aber im Moment ist er zu einem Fortbildungskursus in Coventry, so dass er es erst nach

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