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Kommissar Morry - Der Henker kam zu spaet

Kommissar Morry - Der Henker kam zu spaet

Titel: Kommissar Morry - Der Henker kam zu spaet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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langen Marsch. Schon jetzt brannten die Füße wie Feuer. Dora Gibbon drehte sich ängstlich um. In der Ferne glaubte sie noch immer die Anstaltsmauern von Trontham zu erkennen. Nur nicht dorthin zurück, dachte sie unruhig. Wir müssen weiter. Mrs. Silling soll uns nicht mehr in die Hände bekommen.
    Nach einer entsetzlichen Stunde qualvoller Strapazen und verzweifelter Einsamkeit hörten sie plötzlich lein leises Brummen hinter sich. Zwei Scheinwerfer spielten mit dünnen Fingern am Horizont. Sie kamen langsam näher und tauchten die schmutzige Landstraße in kärgliches Licht. Es war ein Lastwagen, wie Sie gleich darauf erkennen konnten. Dora Gibbon stellte sich mitten auf die Straße. Sie winkte mit beiden Armen. Über ihre kalten Lippen kamen abgerissene Worte. Es war, als spräche sie ein verzweifeltes Gebet.
    „Er hält!“ rief Miriam Davis überrascht. „Wahrhaftig, er hält.“
    Der schwere Lastwagen kam kreischend und lärmend zum Stehen. Aus dem Führerhaus beugte sich ein struppiger Männerkopf.
    „Seit wann gehen denn kleine Kinder nachts auf der Straße spazieren?“ rief eine brummige Stimme. „Ihr seid wohl daheim ausgerissen, wie?“
    „Können wir mitfahren?“ fragte Miriam Davis zaghaft. „Wir wollen nach London.“
    „Nach Poplar“, verbesserte Dora Gibbon. Sie kennen doch sicher das Hafenviertel an der Themse.“
    „Und ob“, grinste der Fahrer. „Das ist gerade die richtige Gegend für euch Babies. Werdet dort ziemlich rasch unter die Räder kommen, wenn niemand auf euch aufpaßt.
    „Das lassen Sie unsere Sorge sein“, sagte Dora Gibbon herb. „Wir sind nicht ganz so unerfahren wie Sie glauben. Ich wohne schon seit zwei Jahren in Poplar.“
    „Soll mir auch recht sein“, knurrte der Chauffeur. „Los, steigt ein!“
    Miriam Davis ließ sich aufatmend neben dem Fahrer nieder. Es war behaglich warm in der Kabine. Sie fühlte sich plötzlich grenzenlos erleichtert und geborgen. Auch Dora Gibbon tat einen befreiten Atemzug. Sie warf die Tür zu und lehnte sich mit geschlossenen Augen auf dem Ledersitz zurück. Beruhigt stellte sie fest, daß der Wagen wieder anfuhr. Wenn alles gut geht, dachte sie, können wir schon um die zweite Morgenstunde in Poplar sein. Um diese Zeit steht das Haus am Ruskin Wall noch immer offen. Ich werde noch heute hingehen. Je eher ich mit Mr. Fingal spreche, desto besser. Vielleicht kann ich ihn mit Drohungen gefügig machen. Der Fahrer hätte gern ein wenig geplaudert, aber weder Miriam Davis noch Dora Gibbon gaben ihm Antwort auf seine Fragen. Da ließ er es schließlich sein. Schweigsam setzte er seine Fahrt fort. Kurz nach ein Uhr tauchten die ersten Vororte Londons aus dem Nebeldunst. Sie sahen die Tankstellen, die breiten Straßen und die hohen Mietblöcke der Weltstadt.
    „Hier sind wir zu Hause“, murmelte Dora Gibbon mit unergründlichem Lächeln. „Wir werden noch einmal ganz von vorn beginnen. Vielleicht haben wir diesmal Glück.“
    Der Fahrer brachte sie bis zur großen Themseschleife. Dann öffnete er die Tür. „Von hier aus könnt Ihr Poplar bereits sehen“, brummte er. „Ihr habt keine zehn Minuten zu laufen. Wünsche noch recht gute Unterhaltung, meine Damen!“
    Dora Gibbon bedankte sich mit herzlichen Worten. Sie wartete noch, bis der schwere Wagen in der Ferne verschwunden war, dann zog sie Miriam Davis hastig mit sich fort. Sie kamen am West India Dock vorüber, an den großen Werften von Blackwall und waren kurz nachher mitten im Hafenviertel.
    „Wohin willst du?“ fragte Miriam Davis beklommen. „Ich war noch niemals in dieser abscheulichen Gegend. Wo sollen wir hier übernachten?“
    „Laß mich nur machen“, redete Dora Gibbon tröstend auf sie ein. „Ich weiß hier gut Bescheid. Du wirst auf jeden Fall ein weicheres Bett bekommen als in Trontham.“
    Die meisten Hafenlokale hatten schon geschlossen. Die primitiven Schenken und Kneipen lagen dunkel. Aber ein Automatenbüffet hinter dem Poplar Dock war noch hell erleuchtet.
    „Wir werden eine Tasse Kaffee trinken“, schlug Dora Gibbon vor.
    „Was meinst du? Das heiße Getränk wird uns gut tun.“
    Sie traten durch die gläserne Drehtür und nahmen an einem Marmortisch Platz. Ein Kellner brachte ihnen Kaffee und Sandwiches. Miriam Davis aß und trank mit sichtlicher Begeisterung. Ihr blasses Gesicht gewann allmählich wieder Farbe.
    „Nun bin ich doch froh, daß ich mitgekommen bin“, sagte sie glücklich. Ich werde dir auch gar nicht lange zur Last fallen. Schon

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