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Kommissar Morry - Der Henker kam zu spaet

Kommissar Morry - Der Henker kam zu spaet

Titel: Kommissar Morry - Der Henker kam zu spaet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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wollen also nicht?“
    Die Frage hing wie eine gespenstische Drohung in der Luft. Sam Berry kauerte sich unwillkürlich zusammen. Er hatte das Gefühl, als wäre schon jetzt sein Tod beschlossene Sache. Jeden Moment wartete er auf einen hinterhältigen Angriff.
    Aber dann änderte sich die Szene im Bruchteil einer Sekunde. Vier, fünf grellweiße Scheinwerfer tauchten den düsteren Hof plötzlich in blendendes Licht. Noch ehe Sam Berry begriff, was hier eigentlich vorging, sah er den Fremden wie ein flüchtendes Raubtier über die Mauer huschen. Er hatte noch nicht einmal die Zeit gefunden, einen Blick in das grell angestrahlte Gesicht zu werfen. Kommissar Morry dagegen war rascher und gewitzter gewesen. Er hatte sich die teuflische Fratze genau eingeprägt. Mit zuversichtlichem Lächeln trat er an die Seite Sam Berrys.
    „Sie sind“, sagte er heiter, „ganz bestimmt außerordentlich glücklich, daß Sie nun in einer sicheren Zelle Quartier beziehen werden. Dort werden Sie keine schwierigen Aufträge mehr zu erledigen haben. Und man wird Ihnen auch keine gelbe Schlinge um den Hals legen.“
    Sam Berry war noch viel zu verstört, um auf die spöttischen Worte eine Erwiderung zu finden. Er leistete nicht die geringste Gegenwehr. Apathisch ließ er sich die Handschellen um die Gelenke schließen.

    19

    Seitdem sie von Edward Fann in der Venus Bar besucht worden war, fand Miriam Davis keinen Augenblick Ruhe mehr. In jedem Gast witterte sie einen gefährlichen Erpresser; jedesmal, wenn sich die Tür öffnete, starrte sie beklommen auf den eintretenden Gast. Sie hatte einen Auftrag verweigert und fürchtete nun, daß man sich an ihr genauso rächen würde wie an den anderen.
    Geistesabwesend und zerstreut tat sie ihre Arbeit. Sie verschüttete die Gläser und kassierte falsche Beträge. Sie war völlig durcheinander.
    „Na, Miß Davis“, sagte da plötzlich eine sympathische Stimme hinter ihrem Rücken. „Haben Sie denn gar keine Sehnsucht nach Trontham?“
    Miriam Davis drehte sich ruckartig um. Eine geisterhafte Blässe bedeckte ihr Gesicht. Entsetzt blickte sie in das Gesicht des gefürchteten Kommissars. Nun war alles vergebens, dachte sie erschüttert. Ich habe mich umsonst wochenlang gequält. Ich hätte mir das alles ersparen können. Nun muß ich ja doch wieder dorthin zurück, woher ich gekommen bin.
    „Ich möchte Sie warnen“, sagte Kommissar Morry in diesem Moment. „Lassen Sie sich in Zukunft nicht mehr erpressen, hören Sie? Wir sind bereits beim Schlußakt der großen Tragödie angelangt.“
    Miriam Davis wußte nichts darauf zu sagen. Sie hatte ganz andere Sorgen. Ihr graute unsäglich vor der Rückkehr nach Trontham. „Werden Sie mich jetzt festnehmen?“ fragte sie mit Tränen in den Augen.
    Morry blickte sie wohlgefällig von oben bis unten an. „Ich verstehe nicht, daß fast alle Leute in der Polizei ihren ärgsten Feind sehen“, murmelte er kopfschüttelnd. „Denken Sie doch einmal nur daran, daß wir Ihnen helfen wollen. Wir wollen Sie vor der Rache eines Erpressers schützen, Miß Davis. Glauben Sie das nun endlich?“
    Miriam Davis sagte weder ja noch nein. Sie sagte überhaupt nichts. Sie war so mürbe, daß sie es kaum wahrnahm, als sich der Kommissar von ihr entfernte. Wie festgewurzelt verharrte sie auf der gleichen Stelle. Sie war unfähig, sich zu bewegen.
    Nach einer Weile warf sie einen hastigen Blick auf die Uhr. Es war genau neun Uhr abends.
    Wenn doch Allan Raymond käme, dachte sie in verzweifelter Ratlosigkeit. Er würde mir sicher helfen. Er könnte mir sagen, was ich tun soll. Als hätten ihn ihre Gedanken herbeigerufen, so überraschend schnell erschien der Mann ihrer Sehnsucht auf der Bildfläche. Er umfaßte sie mit einem zärtlichen Blick. Seine Augen lächelten sie glücklich an.
    „Gibt es etwas Neues?“ fragte er sie dann rasch.
    Nun endlich konnte ihm Miriam Davis ihr Herz ausschütten. Sie erzählte ihm von ihren qualvollen Ängsten. Sie sagte ihm, daß sie jeden Augenblick auf ihre Verhaftung warte. Man werde sie bestimmt noch heute nacht nach Trontham zurückbringen.
    „Du mußt mich irgendwo verstecken, Allan“, redete sie drängend auf ihn ein. „Du weißt doch sicher irgendein Versteck, das sie nicht aufstöbern werden. Bitte, bitte, nimm mich mit. Ich bleibe keine Minute länger in diesem Lokal.“
    Sie hatte immer gewußt, daß sie sich auf Allan Raymond verlassen konnte. Er enttäuschte sie auch diesmal nicht. „Ich warte draußen auf dich“,

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