Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kommissar Morry - Der Henker kam zu spaet

Kommissar Morry - Der Henker kam zu spaet

Titel: Kommissar Morry - Der Henker kam zu spaet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
Vom Netzwerk:
sehen. Kein Mensch bewegte sich auf dem verlassenen Gehsteig. Er hörte keinen Laut. Aber in seinem Rücken erklang plötzlich ein leises Geräusch. In nächster Nähe hatte eine Diele geknarrt. Dann wieder atemlose Stille. Noch ehe Allan Raymond in der Finsternis etwas erkennen konnte, spürte er ein zerrendes Etwas an seinem Hals. Es war die Schlinge, die er aus bitterer Erfahrung bereits kannte. Sie drosselte augenblicklich alles Leben in ihm ab. Sie schnürte seine Adern zusammen und würgte seinen Atem ab. Er wollte nach der Pistole greifen, aber er bekam sie nicht mehr zu fassen. Seine Arme wurden schlaff und müde. Seine ganzen Kräfte erlahmten in Sekundenschnelle. Er konnte noch nicht einmal einen Hilferuf ausstoßen. Seine Zunge lag geschwollen und trocken im Gaumen. Eine schläfrige Ohnmacht legte sich über sein Bewußtsein. So nahm er kaum noch wahr, was in der gleichen Sekunde geschah. Die Tür zum Schlafzimmer öffnete sich mit lautem Ruck, im selben Moment flammte das Deckenlicht auf. Ein schneidendes „Hands up!“ gellte durch den Raum. Dann ein kurzes Poltern, als würde sich jemand verzweifelt zur Wehr setzen. Das Klicken einer Handfessel beendete den Lärm. Es wurde still wie zuvor. Als Allan Raymond endlich wieder zu sich kam, sah er den unschädlich gemachten Mörder gefesselt an der Mauerwand lehnen. Es war Philip Cantrell, der da mit leichenblassem Gesicht vor ihm stand.

    20

    „Wie kommen Sie denn hier herein?“ fragte Allan Raymond verblüfft den Kommissar. „Wir hatten doch die Tür versperrt . . .“
    „Es ist nicht besonders schwer, ein Schloß mit dem Sperrhaken zu öffnen“, lächelte Morry. „Was die Ganoven können, muß ein Detektiv auch beherrschen. Ich sah Sie übrigens am Fenster stehen, als ich ins Haus trat. Sie hätten Ihre Blicke lieber auf die Wohnung konzentrieren sollen als auf die Straße. Ihr Todfeind lauerte hier, nicht draußen. Sehen Sie ihn doch einmal genau an. Ist er nicht ein treuer Freund gewesen?“ Allan Raymond blickte befremdet zu dem gefesselten Philip Cantrell hin, den eben zwei Konstabler in Empfang nahmen, um ihn ins Gefängnis abzuführen.
    „Na, was halten Sie von ihm, Mr. Raymond?“ wiederholte Morry noch einmal. „Sie haben alles für ihn getan. Und er dankte es Ihnen auf seine Weise. Wäre es nach ihm gegangen, so lägen Sie jetzt mit einer Schlinge um den Hals tot auf diesem Boden.“
    „Ich kann das nicht begreifen“, murmelte Allan Raymond schaudernd. „Was hatte er denn gegen mich?“
    „Er fürchtete, daß Sie bereits hinter seine Schliche gekommen seien“, erwiderte der Kommissar ernst. „Sie wurden ihm zu gefährlich, verstehen Sie? Sie kümmerten sich zuviel um den Mörder seiner Frau. Und dieser Mörder ist er doch selbst gewesen, besser gesagt, er bediente sich dabei eines Werkzeuges Guy Hampers . . .“
    „Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, Sir? Er zitterte doch selbst um sein Leben und hatte selbst am meisten Angst vor diesem Mörder.“
    „Alles Theater“, sagte Kommissar Morry wegwerfend. „Philip Cantrell war ein vollendeter Komödiant. Ein vollendeter Schauspieler, wie man sie selbst auf der Bühne nur selten antrifft. Kann sein, daß er in den letzten Tagen wirklich Angst hatte. Aber nicht vor einem Mörder, sondern vor der Polizei. Er wußte genau, daß sein Stern arg im Sinken war.“
    Allan Raymond wollte das alles nicht begreifen. „Es ist mir unfaßlich, Sir“, stotterte er beklommen. „Wenn nicht Sie das sagen würden, könnte ich es nicht glauben. Er wurde doch erst kürzlich selbst überfallen und um ein Haar zu Tode gequält. Das war nachts am Millwall Point, hinter einer Werftbaracke. Er hatte schon die Schlinge um den Hals, als ich seinen Mörder mit ein paar Schüssen verscheuchte.“
    „Hm. Und das glauben Sie?“ fragte Kommissar Morry ironisch. „Sie fielen prompt auf seine Tricks herein, wie? Dabei war es doch ein Kinderspiel für ihn, sich eine Seidenschnur am den Hals zu legen und den Bewußtlosen zu markieren.“
    „Was wollte er damit bezwecken, Sir?“
    „Sehr einfach. Er wollte Sie irreführen. Sie sollten ihn selbst für ein Opfer des Mörders halten. Damit hoffte er, Sie von seiner Spur abzubringen.“
    Allan Raymond horchte ein paar Herzschläge in das Wohnzimmer hinaus. Dann öffnete er leise die Tür. Miriam Davis lag friedlich auf dem Sofa und schlief. Sie war von dem Lärm nicht erwacht. Wie groß mußte ihre Müdigkeit gewesen sein, daß sie noch immer ahnungslos vor sich

Weitere Kostenlose Bücher