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Kommissar Morry - Der Judas von Sodom

Kommissar Morry - Der Judas von Sodom

Titel: Kommissar Morry - Der Judas von Sodom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Lorre plauderte ununterbrochen. Er schmiedete rosige Zukunftspläne. Er verteilte das Geld jetzt schon bündelweise. Er hatte die tollsten Rosinen im Kopf. Dazwischen blickte er immer wieder auf die Uhr. Seine Ungeduld wuchs von Minute zu Minute. Er konnte die große Stunde kaum noch erwarten. Es wurde zehn Uhr. Die Zeiger wanderten weiter. Es ging auf die elfte Stunde zu. Von Burt Lukin immer noch keine Spur.
    Am Tisch wurde es wieder stiller.
    Huck Polland gähnte ununterbrochen. „Wo er nur bleibt“, grunzte er dämlich. „Er müßte doch längst hier sein.“
    „Jetzt kommt er“, schrie Buster Lorre laut, als er auf der Kellertreppe Schritte hörte.
    Alle drei stierten sie wie gebannt auf den Windfang. Die Tür öffnete sich. Ein schlanker Mann mit gebräuntem Gesicht trat über die Schwelle. Es war Kommissar Morry.
    „Auch das noch“, stöhnte Buster Lorre entgeistert. „Es ist wie verhext, Freunde. Man kann machen, was man will. Am Schluß sitzt man immer im Eimer.“
    Verstört äugten sie dem Kommissar entgegen. Unruhig reckten sie die Hälse. Sie konnten kaum richtig atmen vor Aufregung. Ihr schlechtes Gewissen meldete sich wieder.
    „Was ist, Sir?“ fragte Buster Lorre mit schiefen Blicken. Jetzt erst sah er den Brief, den Morry spöttisch lächelnd auf den Tisch legte. Es war der Wisch, den er vor zwei Stunden in den Mulatten Klub hinübergetragen hatte.
    „So etwas nennt man Erpressung“, murmelte der Kommissar gedehnt. „Bisher dachte ich immer, ihr würdet für die Polizei arbeiten. In Wirklichkeit aber macht ihr schmutzige Geschäfte mit einem Mörder. Das dürfte einige Jährchen kosten, schätze ich.“
    „Gott steh uns bei“, stammelte Huck Polland entgeistert. „Wofür sollen wir uns in den Knast setzen, Sir? Wir haben doch dieses krumme Ding gar nicht eingefädelt. Chris Longman ist es gewesen, der uns auf diese Idee ...“
    „Wer schrieb den Brief?“ fragte Morry schroff. Die drei Zinker fluchten leise vor sich hin. Keiner wollte mit der Sprache heraus. Am wenigsten Buster Lorre. Er hatte im Moment einen würgenden Hustenanfall. Sein Gesicht lief krebsrot an. Seine Augen traten weit aus den Höhlen.
    „Buster ist es gewesen“, knurrte Huck Polland verdrossen. „Es ist seine Schrift, Sir! Sie können das jederzeit nachprüfen.“
    „Die ändern haben auch mitgeholfen“, verteidigte sich Buster Lorre kreischend. „Sie wußten es sogar besser als ich. Sie haben mir fast jedes Wort diktiert.“
    „Aber er hat den Brief befördert“, warf Huck Polland ein. „Er ist in den Mulatten Klub hinübergelaufen. Wir wollten ihn noch zurückhalten, aber da war er schon weg...“
    „Was seid ihr doch für traurige Gesellen“, brummte Morry verächtlich. „Ich werde dafür sorgen, daß ihr so rasch nicht wieder auf dem Sodom Wall erscheint.“
    „Sind wir etwa verhaftet?“ fragte Ronald Mursell mit gepreßtem Atem.
    „No, soviel Aufhebens lohnt sich gar nicht wegen euch“, meinte Morry wegwerfend. „Ihr werdet eine Vorladung erhalten. Die Rechnung dürfte drei Jahre ausmachen. Ihr könnt euch einstweilen darauf einstellen.“
    „Drei Jahre“, ächzte Buster Lorre fassungslos. „Drei Jahre Gefängnis. Dabei sind wir unschuldig wie die Kinder.“

    20

    Die nächste Nacht war so dunkel, als hätte der Wettergott einen Sack über die große Stadt gestülpt. Der Verkehr in den Straßen kam fast völlig zum Erliegen. Die wenigen Autos mußten im Schritt fahren. Schwarz drückten Ruß und Nebeldunst auf die Gehsteige nieder. Bei diesem Wetter hatte es Angela Sirion leicht, sich unbemerkt nach der Vorstellung aus der Austern Bar wegzuschleichen. Niemand konnte sie auf die Dauer verfolgen. Es war unmöglich. Man sah keine drei Schritte weit.
    Als Angela Sirion am Wapping Tunnel eintraf, wartete Ernest Prince bereits auf sie. Er war nur undeutlich zu erkennen. Seine Gestalt zerfloß unscharf in den grauen Schwaden.
    „Die Nacht ist günstig“, raunte er. „Besser hätten wir es gar nicht treffen können. Wie steht's mit Ihnen? Haben Sie Angst?“
    „Nicht im geringsten“, antwortete Angela Sirion tapfer. „Sie können auf mich zählen, Mr. Prince. Was habe ich zu tun?“
    „Kommen Sie“, raunte er. Er zog sie die Böschung hinunter. Er half ihr in das Motorboot, das die Gelben bereits beladen hatten. Die gefährliche Fahrt konnte beginnen. Leise hämmerte der Motor in die Stille. Der Bug des wendigen Bootes durchschnitt die Wellen. Ernest Prince hatte das Steuer umfaßt. Er

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