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Kommt Schnee

Kommt Schnee

Titel: Kommt Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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und hielt ihr seinen Zeigefinger ins Gesicht. Dann richtete sich der Chef der Basler Kriminalpolizei auf und wurde geschmeidig. »Und unserem geschätzten Herrn Kohler«, Windler machte eine bedeutende Pause und lächelte dabei mit ausladender Handbewegung den Baselbieter Staatsanwalt charmant an, »schicken Sie das Ganze per Fax, Frau Rosselle.«
    Baumer wollte sagen, »La Roselle«, aber er ließ es bleiben. Auch die verhärmte Frau mit dem schütteren grauen Haar, unter dem man eine mit bräunlichen Sprenkeln durchsetzte milchige Kopfhaut sah, sagte nichts. Ihre Brille hing ihr schräg im Gesicht. Sie getraute sich nicht, sie gerade zu rücken.
    Dann verschwand Windler, nicht ohne den Staatsanwalt aus dem Baselbiet überaus vergnügt zum Nachtessen in seine Stammkneipe nahe dem Spalenberg einzuladen. Punkt achtzehn Uhr dreißig waren er und seine Kumpane immer dort anzutreffen. Windler, de Wette, Vonarburg und Entourage. Man konnte die Uhr nach ihnen richten. Sie kamen unter großem Tamtam in das Lokal. Setzten sich unter dem farbigen Kristallleuchter ihrer Clique zusammen. Nahmen den ersten Schluck, dann den zweiten, prosteten sich wieder zu, lachten, und hatten endlich vergessen, dass zu Hause eine Frau und Kinder warteten.

    *
    Baumer hatte die Protokollierung der Schlächterei am Bahnhof über sich ergehen lassen. Er hatte dem Major von Windlers Stab knapp, aber klar, geantwortet, nur selten mit Verzögerung. Er brauchte wenige Worte. Bestätigte nochmals, was er bereits wiederholt ausgesagt hatte.
    Endlich war es vorbei. Baumer durfte gehen.
    Nun stand er im Hof vom Spiegelhof. Er war in Gedanken versunken. Eine Patrouille fuhr in den Hof. Baumer erkannte seinen Freund Stefan Heinzmann im Wagen, neben ihm ein Frischling. Das Auto stoppte neben dem müden Baumer. Beide Insassen stiegen aus. Heinzmann brauchte dafür nicht einmal seine Mütze zu ziehen. Er war darin geübt, seinen breiten Oberkörper so weit abzuknicken, dass sein Deckel nirgendwo anschlug und ihm entrissen wurde.
    Heinzmann ging auf Baumer zu. »Andi«, begrüßte er ihn. Er sagte das in fast zärtlichem Tonfall. Jenem Ton, an dem man erkennt, wer ein guter Freund ist. »Komm, steig ein. Ich fahr dich nach Hause.«
    Baumer fragte sich, ob Heinzmann schon oder immer noch Patrouille fuhr. Er fragte sich das oft, wenn er seinen Kumpel sah. Wie immer fand er zu dieser Frage keine Antwort.
    Baumer ging zur Autotür, auch der Frischling wollte wieder einsteigen, aber Heinzmann blaffte ihn nur bissig an: »Geh Kaffee holen!«
    Kaum hatten die beiden Freunde ihren Platz im Auto eingenommen, startete Heinzmann den Motor, fuhr los. Der Frischling blieb angewurzelt stehen. Sein Mund war offen. Er hatte vergessen zu schlucken.
    Der Wachtmeister fuhr durch den Durchgang an die Straße vor dem Stützpunkt, setzte den Blinker. Einem Fahrradfahrer, der ohne Licht angeradelt kam, überließ er den Vortritt. Der war davon fast noch mehr erschrocken, als von der Erkenntnis, ohne Beleuchtung ertappt worden zu sein und nicht gebüßt zu werden. Als er sah, dass die Polizei sich nicht für ihn interessierte und in die entgegengesetzte Richtung davonfuhr, hob er zum Dank seinen Stinkefinger und spuckte den Bullen die üblichen Flüche hinterher.
    Stefan Heinzmann hatte andere Sorgen. Nach einem kurzen Moment des Schweigens sprach er seinen Freund an: »Und?« Er starrte geradeaus auf die Straße.
    »Was und?«
    »Du weißt genau, was ich meine«, erwiderte Heinzmann, fast ein bisschen beleidigt. Er blickte weiter geradeaus, eine Hand locker am Steuer.
    Als Baumer doch schwieg, drehte sich Heinzmann endlich zu seinem Beifahrer und platzte los. »Der Kerl ist ein sauberer Geschäftsmann. Trägt zum Anzug Revolver. Zum Frühstück macht er eine Schießübung. Fünf Treffer. Leert fast sein ganzes Magazin.«
    »Fast.«
    »Eben«, riss Heinzmann mit beiden Händen am Steuer und rutschte unruhig auf seinem Sitz umher. »Der graue Mann wusste genau, was er tat. Der hat nicht in Wut gehandelt. Sonst wäre kein Schuss übrig geblieben.«
    »Nummer fünf war ein Blattschuss.«
    »Ein Blattschuss ?«
    »Ein richtiger Blattschuss. Fast hätte unser Revolverheld dem jungen Toni die Knarre aufgesetzt.«
    »Oh«, wunderte sich Heinzmann.
    Der Kommissar öffnete seine Jacke und machte den obersten Knopf seines teuren Designerhemdes auf. Er fuhr mit seiner Hand über den Kopf. Die kurzen Haare am Hinterkopf prickelten in der Hand, als er mit ihr wieder zurückfuhr.
    Dann erzählte

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