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Komoedie des Alterns

Komoedie des Alterns

Titel: Komoedie des Alterns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Scharang
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gebracht, weder das bestehende Trottelsystem noch Zacharias’ Plan für ein Fest. Er habe aber auch, fuhr er fort, nie eine lustfeindliche Atmosphäre auf der Farm verspürt. An Festen, von langer Hand geplant, habe es zwar gemangelt, nicht aber an festlichen Zusammenkünften da und dort, nach der Arbeit, sogar in Arbeitspausen. Er habe, sagte Freudensprung, den Alltag auf der Farm als ein fortwährendes Fest empfunden.
    Er nicht, erwiderte Sarani, er habe die Farm als ständige Anstrengung, ja als ständigen Kampf um eine genossenschaftliche Unternehmung erlebt, die in einer trostlosen Umwelt nicht untergehen dürfe. Es habe in seinem Leben aber nicht nur zur Lebenskunst, sondern auch zur Liebeskunst nicht gereicht.
    Freudensprung faßte sich mit beiden Händen an den Kopf, als hätte er einen Schlag erhalten und wolle sich vor einem weiteren schützen; er könnte aufschreien, sagte er, wenn er das höre, sei Zacharias’ Liebe zu Sophiedoch für Freudensprung allergrößte Liebeskunst, überstrahlt noch dazu von Treue.
    Er habe, sagte Freudensprung, den beiden, auch wenn Zacharias das nicht bemerkt haben dürfte, stets nachgeeifert, wenngleich, das gestehe er ein, auf seine Weise. Zacharias halte Heinrich für jemanden, der von Frau zu Frau flattere, eine Beobachtung, zwar nicht falsch, die aber übersehe, daß Heinrich treu sei gerade dann, wenn die Liebe vorbei und zu einer Freundschaft geworden sei. Er habe, sei er einer Frau einmal ungetreu geworden, ihr danach stets die Treue gehalten.
    Fänden aber, sagte Freudensprung, Liebe und Treue ungezwungen zusammen wie bei Sophie und Zacharias, ergebe das ein Liebespaar, das vom ersten Augenblick an außergewöhnlich sei. Wie die beiden einander kennengelernt hätten, mit der Untertasse in Sophies und der Kaffeetasse in Zacharias’ Hand, das sei der Beginn einer Liebesgeschichte, so schön, wie Freudensprung noch nie eine gelesen habe.
    Wie sie beide, sagte Freudensprung, einander fortwährend mit Blicken berührt, wie sie die Lippen geöffnet hätten, um mit jemandem zu sprechen, verständnisvoll in der Sache und voll Verständnis für den Gesprächspartner, so daß die Wörter sich ausgenommen hätten wie Küsse, das sei wohl der Grund gewesen, warum man, sprach man mit ihnen, sich liebkost fühlte. Auch hätten sie es nicht lassen können, wo immer sie sich aufhielten, einander mit den Fingerspitzen zu berühren, für andere kaum merklich. Wären Sophie und Zacharias anders gewesen, sagte Freudensprung, fast am Ende seiner Kräfte, hätte niemand sich ihnen auf dem Weg in die Wüste angeschlossen.
    Wüste, sagte Sarani, und dieses eine Wort genügte, um Freudensprungs ersterbende Rede endgültig zu stoppen. Er sei, fuhr Sarani fort, am Morgen aufgebrochen mit dem Plan, nachdem er Heinrich gesehen und sich für immer von ihm verabschiedet habe, wie früher als Kind in die Wüste zu gehen, diesmal aber, um dort umzukommen. Er habe diesen Plan noch nicht aufgegeben. Sollte er ihn verwirklichen, ersuche er Heinrich – er zog aus der Innentasche einige Kuverts und ein Blatt Papier –, diese Abschiedsbriefe an seine Familie weiterzugeben. Freudensprung schaute Sarani entgeistert an. Abschiedsbriefe, fragte er. Sarani nickte und reichte Freudensprung die Kuverts, und dieser nahm sie, als sei er dazu verurteilt, willenlos entgegen. Und auf diesem Blatt Papier, sagte Sarani, und er hielt es in die Höhe, stehe der Beginn der Rede, die Heinrich für das Geburtstagsfest der beiden geschrieben habe. Er steckte es zurück in die Rocktasche. Es sei ein schöner Text, sagte er, den sie gemeinsam hätten vollenden wollen. Dazu sei es nicht gekommen. Er werde diesen Text mit sich nehmen, wenn er in die Wüste gehe, und er wolle, sollte man seine Leiche je finden, mit diesem Text beerdigt werden.
    Freudensprung begann zu schluchzen. Wie, sagte er, als er halbwegs sprechen konnte, hätten sie beide so herunterkommen können.
    Sarani zog das Stecktuch aus dem Sakko und wischte die Tränen weg, und als das Tüchlein zum Auswinden naß war, warf er es auf den Tisch. Sie beide, sagte er, hätten verloren, sie hätten gegen ihre Gegner verloren, und, schlimmer noch, sie hätten einander verloren. Die Niederlage sei vollkommen.
    Nichts, sagte Freudensprung, sei vollkommen, was ihmaber, wenn er das anfügen dürfe, vollkommen egal sei. Er würde nach dieser Mahlzeit gern schlafen, und sei es hier auf einer Bank.
    Auch er –, Sarani hielt im Satz inne und schaute entsetzt zum Eingang,

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