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Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik

Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik

Titel: Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thor Hayerdhal
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daß wir jetzt in diesem Fahrwasser sein mußten. Als die Sonne aufging, fanden wir ein Zubehör zu einem Riesentintenfisch an Bord in Gestalt eines kleinen Babys, so groß wie eine Katze. Es war im Verlauf der Nacht aus eigener Kraft an Deck gekommen und lag nun, die Fangarme um den Bambus vor der Türöffnung gekrampft, tot da. Schwarze und dickflüssige Tinte war über das Deck verschmiert und umgab es in einer Lache. Nachdem wir einige Seiten im Logbuch mit Tintenfischtinte geschrieben hatten, die sich wie eine Art Tusche ausnahm, warfen wir das Baby über Bord, zur Freude für die Dolfine.
    Wir sahen in diesem bescheidenen Ereignis einen Vorboten größerer Nachtgäste. Konnte das Baby an Bord krabbeln, so konnten wohl seine hungrigen Urheber dasselbe tun. Unsere Vorväter haben wohl ein ganz ähnliches Gefühl gehabt, wenn sie auf ihren Wikingerschiffen saßen und an Drachen dachten. Aber das nächste Ereignis brachte uns völlig in Aufruhr. Wir fanden eines Morgens ein noch kleineres Tintenfischjunges auf dem First unseres Palmendaches. Das schaffte uns viel Kopfzerbrechen. Es konnte nicht hinaufgeklettert sein, da sich die Tintenspuren auf seinen engsten Umkreis oben auf dem Dach beschränkten. Hätte es andererseits ein Seevogel fallen gelassen, wäre es nicht so vollständig heil und ohne Schnabelspuren gewesen. Wir kamen zu dem Schluß, daß es von einem Spritzer aufs Dach geschleudert worden war, aber keiner von den Nachtposten konnte sich an eine solche Sturzsee erinnern. Und in den nächsten Nächten fanden wir ständig mehr Tintenfischjunge an Bord - die kleinsten von ihnen waren nicht länger als ein Mittelfinger.
    Es war bald ganz alltäglich, daß man ein oder zwei kleine Tintenfische unter den fliegenden Fischen am Morgen an Deck fand, sogar wenn die See ganz ruhig gewesen war. Und es waren Junge der richtigen, teuflischen Art, mit acht langen Armen voller Saugnäpfe und zwei noch längeren, die dornartige Haken an den Enden hatten. Aber große Tintenfische machten nie Anstalten, an Bord zu kommen. Wir sahen ihre Phosphoraugen leuchten, wenn sie in schwarzen Nächten an die Oberfläche trieben. Ein einziges Mal sahen wir bei Tageslicht die Meeresfläche kochen und brodeln und etwas wie ein großes Rad aus der Tiefe auftauchen und in der Luft rotieren. Ein Teil von unseren Dolfinen suchte sich mit einem verzweifelten Satz durch die Luft in Sicherheit zu bringen. Aber warum die Großen nie an Bord kamen, während die Kleinen unsere ständigen Nachtgäste waren, blieb ein Rätsel, dessen Lösung wir auch in den zwei erfahrungsreichen Monaten nicht erhielten, die wir hier in dieser berüchtigten Krakengegend verbrachten. Junge Tintenfische kamen weiterhin an Bord. Da geschah es im Sonnenschein eines Morgens, daß wir alle einen blinkenden Schwarm von irgend etwas Unbestimmbarem sahen, das aus dem Wasser heraufschoß und wie große Regentropfen durch die Luft sauste, während die See von den verfolgenden Dolfinen aufgewühlt wurde. Wir nahmen es zuerst für einen Schwarm fliegender Fische. Wir hatten bereits drei verschiedene Arten davon an Bord bekommen. Aber als sich die Unbekannten näherten und vereinzelte in anderthalb Meter Höhe über das Floß segelten, da stieß einer Bengt vor die Brust und fiel mit einem Platsch aufs Deck. Es war ein junger Tintenfisch. Unsere Überraschung war groß. Als wir ihn in einen Segeltuchbottich mit Seewasser setzten, nahm er einen kräftigen Anlauf und schoß herauf gegen die Oberfläche. Aber in dem kleinen Bottich bekam er nicht genügend Geschwindigkeit, um mehr als halb aus dem Wasser herauszukommen. Es ist längst bekannt, daß der Tintenfisch gewöhnlich nach dem Raketenprinzip schwimmt. Er pumpt Seewasser mit gewaltiger Kraft durch eine offene Röhre seitlich des Körpers aus und kann dadurch ruckweise mit sausender Fahrt nach rückwärts schießen, und wenn er alle Fangarme in einem dichten Bündel über dem Schädel zusammenschließt, wird er stromlinienförmig wie ein Fisch. An den Seiten hat er zwei runde und fleischreiche Hautfalten, die er gewöhnlich zur Steuerung und zum langsamen Schwimmen im Wasser verwendet. Aber es zeigte sich auch, daß verantwortungslose Tintenfischjünglinge, ein Leibgericht für viele große Fische, ihren Verfolgern entkommen konnten, indem sie auf dieselbe Weise in die Luft fuhren wie die fliegenden Fische. Sie hatten das Prinzip des Raketenfluges schon längst verwirklicht, bevor das menschliche Genie auf die Idee gekommen

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