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Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik

Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik

Titel: Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thor Hayerdhal
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Beine waren so im Korb geschützt, und selbst wenn das Flechtwerk offenkundig nur moralischen Effekt sowohl für uns als auch auf die Fische hatte, konnten wir uns doch jedenfalls blitzschnell in den Korb hineinhocken, wenn etwas feindlich Gesinntes auf uns zugejagt kam, und dann konnten uns die anderen an Deck rasch aus dem Wasser ziehen.
    Dieser Taucherkorb wurde nicht nur nützlich, er wurde im Laufe der Zeit auch das reinste Vergnügungsunternehmen für alle an Bord. Es gab uns nämlich eine erstklassige Gelegenheit, jenes schwimmende Aquarium kennenzulernen, das wir unter unserem Fußboden hatten.
    Wenn sich das Meer begnügte, in ruhigen Wogen dahinzuziehen, krochen wir der Reihe nach hinein und ließen uns in das Wasser hinunterhängen, solange unser Atem reichte. Es war ein eigentümlich klarer und schattenloser Lichtstrom hier unten im Meer. Sobald wir unsere Augen unter der Wasserfläche öffneten, war es, als ob das Licht nicht langer aus einer bestimmten Richtung käme wie in unserer oberseeischen Welt droben.

    Watzinger und seine Beute. Von allen Fischen, die uns im Stillen Ozean begegnen, schmecken die Bonitos am besten. Manchmal kommen sie sogar freiwillig.

    „Haugland, halt dich fest!" Achteraus an der Ruderpinne hat unser Steuermann oft eine feuchte Wache, wenn die Wellentäler zu eng sind, um Platz für das ganze Floß zu bieten.
    Der Lichtschein kam im Wasser genauso von unten wie oben Die Sonne schien nicht länger, sie war allerorten anwesend. Sahen wir hinaus zum Boden des Floßes, so lag er in seiner ganzen Ausdehnung strahlend beleuchtet. Die neun großen Stämme und das ganze Netzwerk von Tauen waren in ein zauberisches Licht getaucht. Ein flatternder Kranz von frühlingsgrünem Seegras umgab alle Seiten und säumte das ganze Steuerruder. Die Lotsenfische schwammen ruhig ihr Geleite wie Zebras in Fischhaut, wahrend große Dolfine uns raublustig in rastlosen, wachsamen Rucken umkreisten. Hie und da leuchtete es im saftigen roten Holz eines Senkkiels, der aus einer Spalte herniederstak, und darauf saßen friedliche Kolonien von weißen Entenmuscheln und winkten rhythmisch mit ihren gefransten gelben Kiemenbuscheln nach Sauerstoff und Nahrung. Wenn ihnen jemand zu nahe kam, schlossen sie eilig die rot und gelbgesäumten Schalen zu und hielten die Türen verschlossen, bis sie fühlten, daß die Gefahr vorüber war. Das Licht hier unten war wunderbar klar und behaglich für uns, die wir an die Tropensonne auf Deck gewöhnt waren. Selbst wenn wir in die bodenlose Meerestiefe hinabsahen, wo ewig schwarze Nacht war, so tönte sich die Nacht für uns durch die zurückgeworfenen Sonnenstrahlen wunderschön hellblau. Zutiefst drunten im klaren, reinen Blau sahen wir zu unserer Verwunderung auch Fische, wenn wir nur selbst unter das Wasser gekommen waren. Es konnten Bonitos sein und andere Arten, die so tief gingen, daß wir sie nicht wiedererkennen konnten. Manchmal kamen sie in gewaltigen Schwärmen, und wir forschten oft danach, ob die ganze Meeresströmung voll von Fischen war oder ob auch hier unten in der Tiefe sich ein Gefolge »Kon-Tikis« versammelt hatte.
    Besonders populär war es, einen Ausflug unter die Wasserfläche zu unternehmen, wenn wir Besuch von den großen, gelbflossigen Thunfischen hatten. Oft umringten sie das Floß in ganzen Schwärmen, aber meistens marschierten sie nur zu zweit oder zu dritt und schwammen dann viele Tage hintereinander in ruhigen Kreisen um uns, soweit es uns nicht glückte, sie an die Angel zu bekommen. Vom Floß aus erschienen sie schlecht und recht als große, braune, schwere Fische ohne besondere Eleganz. Aber krochen wir hinunter in ihr eigenes Element, so änderten sie spontan sowohl Farbe wie Form. Die Veränderung war so verwirrend, daß wir viele Male hinauf mußten und eine neue Peilung beginnen, um zu sehen, ob es dieselben Fische waren, die wir über dem Wasser gesehen hatten. Die großen Brocken scherten sich den Teufel um uns. Sie setzten unbeirrt ihre majestätischen Manöver fort und hatten plötzlich eine bewunderungswürdige Eleganz in der Form erlangt. Nie hatten wir dergleichen bei einem anderen Fisch gesehen. Die Farbe war metallisch geworden und spielte in ein schwaches Violett. Wie ein kompakter Torpedo aus glänzendem Silber und Stahl in vollkommenem Gleichgewicht und in Stromlinienform bewegten sie nur ein wenig die verschiedenen Flossen und schössen sofort ihre siebzig bis achtzig Kilogramm mit vollkommenster Beherrschung durchs

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