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Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik

Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik

Titel: Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thor Hayerdhal
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ihm jedesmal davonhüpfte, sooft er ihn verschlucken wollte. Schließlich kam der Hai uns gar auf die Stämme herauf und schnellte sich empor wie ein bettelnder Hund, der nach dem Wurstzipfel springt. Genauso nämlich hielten wir ihm das Essen hoch, und es baumelte in einem Beutel über seiner Nase. Es war wie bei der Fütterung eines maulaufsperrenden Flußpferdes im Zoo. Und an einem Tag Ende Juli, nach drei Monaten Floßfahrt, steht in unserem Tagebuch zu lesen:
    Mit dem Hai, der uns heute folgte, hielten wir uns durchaus auf  freundschaftlichem Fuß. Beim Mittagstisch fütterten wir ihn mit  Speiseresten, die wir ihm direkt ins offene Maul hinunterhielten. Er wirkt wie ein halb zutraulicher, halb täppischer und im Grunde harmloser Hund, wenn er so an unserer Seite schwimmt. Es läßt sich nicht leugnen, daß auch ein Hai ganz sympathisch wirkt, solange wir selber uns nicht anbeißen lassen. Zumindest finden wir es ganz unterhaltsam, ihn um uns zu haben, das heißt, wenn wir nicht gerade baden wollen.
    Eines Tages hatten wir eine Bambusstange am Floßrand bereitgelegt, an der mit einer Schnur ein Beutel mit Haifutter befestigt war. Aber da  kam eine See und schwemmte das Ganze über Bord. Nun lag die  Bambusstange im Wasser, und bald trieb sie ein paar hundert Meter hinter dem Floß. Da stellte sie sich plötzlich im Wasser auf und kam selbständig hinter dem Floß hergefahren, als hätte sie die freundliche Absicht, sich wieder auf ihren Platz zu begeben. Als die Stange näherkam, sahen wir einen zehn Fuß langen Hai, der darunter schwamm, während die Bambusstange wie ein Periskop aus den Wellen ragte. Der Hai hatte den Freßbeutel verschluckt, ohne die Schnur abzubeißen. Die  Fischstange holte uns bald ein und segelte ruhig vorbei, bis sie vor uns in den Wellen verschwand.
    Wenn wir auch nach all dem mit ganz anderen Augen auf den Hai sahen, so verschwand nie der Respekt vor den fünf bis sechs Reihen von Rasierklingenzähnen, die in dem gewaltigen Maul auf der Lauer lagen. Knut lieferte eines Tages einem Hai ein unfreiwilliges Wettschwimmen. Wegen der raschen Abtrift des Floßes und auch wegen der Haigefahr war es nicht geraten, sich von der »Kon-Tiki« zu entfernen. Wir ließen es daher auch nie zu. Aber eines Tages war es besonders ruhig, und da wir auch unser Haigefolge eben angebracht hatten, gestatteten wir uns, ein kurzes, rasches Tauchbad in der See zu nehmen. Knut sprang ins Wasser und glitt ein gutes Stück dahin, bevor er an die Oberfläche kam, um zurückzuschwimmen. Im selben Augenblick sahen wir vom Mast aus einen Schatten, größer als er selbst, hinter ihm aus der Tiefe hervorkommen. Wir riefen Warnungsschreie, beherrschten aber unsere Aufregung und hielten uns so ruhig wie wir konnten, um eine Panik zu vermeiden. Knut wendete sich sofort gegen das Floß zurück. Aber der Schatten da unten, der auf Knut zuhielt, gehörte einem noch besseren Schwimmer. Zur gleichen Zeit erreichten sie das Floß. Und während Knut sich an Bord warf, schoß ein Hai, sechs Fuß lang, dicht unter seinem Leib vorbei und glitt den Floßrand entlang. Wir warfen ihm einen leckeren Dolfinkopf zu als Dank, daß er nicht zugeschnappt hatte. Normalerweise ist es mehr der Geruch als der Gesichtssinn, der bei den Haien die Raublust weckt. Es kam vor, daß wir am Floßrand saßen und die Beine ins Wasser hängen ließen, um sie in Versuchung zu führen. Oft kamen sie da bis auf zwei bis drei Fuß Abstand auf uns zugeschwommen, um uns schließlich ruhig wieder den Schwanz zuzuwenden. War dagegen der kleinste Blutstropfen im Wasser, so z. B. wenn wir einen Fisch putzten, dann kam Leben in die Haiflossen, und sie konnten plötzlich wie die Schmeißfliegen bei uns auftauchen. Warfen wir Haieingeweide hinaus, wurden sie völlig verrückt und fuhren in blinder Raserei herum. In wilder Gier verschlangen sie die Leber ihrer eigenen Verwandten, und streckten wir dann einen Fuß in die See, so kamen sie wie die Raketen angeschossen und schlugen ihre Zahnreihen in den Stamm, wo wir den Fuß hingehalten hatten. Hai und Hai können sehr verschieden sein, denn dieser Raubfisch ist völlig ein Opfer seiner eigenen Sinne.
    Wir wurden schließlich so vertraut mit den Haien, daß wir begannen, sie am Schwanz zu ziehen. Viele werden einwenden, daß es ein primitiver Sport ist, Tiere am Schwanz zu ziehen, aber die haben es eben noch nie bei einem Hai versucht! In Wirklichkeit ist das aber eine spannende Angelegenheit.
    Um den Schwanz in

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