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KON-TIKI

KON-TIKI

Titel: KON-TIKI Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thor Heyerdahl
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heißt es, Geld besorgen und die ganze Angelegenheit organisieren.«
    »Wieviel Leute sollen es werden?«
    »Ich habe an insgesamt sechs Mann gedacht. Das gibt einige Abwechslung im Zusammenleben auf dem Floß und reicht gerade aus, um vierstündige Steuerwachen im Tag einzurichten.«
    Einen Augenblick stand er in Gedanken versunken, dann kam es aber mit aller Entschiedenheit:
»Weiß Gott, ich hätte Lust, dabei mitzumachen. Ich könnte technische Messungen und Versuche anstellen. Du hast ja selbst gesagt, daß du das Experiment mit entsprechenden Messungen von Wind und Strom und Wellen unterbauen wolltest. Denk daran, du willst durch enorme Meeresgebiete treiben, die fast unbekannt sind, weil sie außerhalb jedes Schiffsverkehrs liegen. Hier kann eine solche Expedition interessante hydrographische und meteorologische Untersuchungen anstellen, und ich bekäme einmal eine gute Verwendung für meine Thermodynamik.«
    Ich wußte nicht mehr von dem Mann, als ein offenes Gesicht verrät. Manchmal genügt das.
    »All right!« stimmte ich zu. »Fahren wir miteinander.«
    Der Mann hieß Hermann Watzinger, er war genauso eine Landratte wie ich.
    Wenige Tage später nahm ich Hermann als Gast mit in den »Explorers Club«. Hier trafen wir glücklicherweise gerade auf den Polarforscher Peter Freuchen. Freuchen hat die gesegnete Eigenschaft, niemals in der Menge unterzugehen. Groß wie ein Scheunentor, mit wallendem Bart, sieht er aus wie ein Bote der offenen Tundra. Er verbreitet eine Atmosphäre um sich, als führe er einen grauen Bären an der Leine.
    Wir schleppten ihn an eine mächtige Landkarte und unterbreiteten ihm unseren Plan, mit einem Indianerfloß über den Stillen Ozean zu fahren. Beim Zuhören wurden seine blauen Jungenaugen groß wie Zinnteller, und vor Erstaunen strich er sich fortwährend den Bart. Dann stieß er das Holzbein gegen den Boden und zog sich den Hosenriemen einige Löcher fester.
    »Ha, das ist ein Plan!« sagte er. »Weiß der Teufel, da sollte man dabeisein!«
    Der alte Grönlandfahrer füllte unsere Biergläser und begann, sich über sein Vertrauen zu den Fahrkünsten der Naturvölker zu verbreiten. Er sprach von ihrer Geschicklichkeit, sich an die Natur zu Lande und auf dem Wasser anzupassen und sich auf diese Weise durchzusetzen. Er selbst war auf Flößen die großen Ströme Sibiriens hinuntergefahren und hatte Eingeborene auf Flößen und Booten längs der Küste des Polarmeeres geschleppt. Und dabei hörte er nicht auf, sich den Bart zu streichen und uns zu versichern, daß wir einer wunderbaren Zeit entgegengingen.
    Durch Freuchens Eifer, unseren Plan zu unterstützen, geriet alles ins Rollen, und so fanden wir uns plötzlich in den Spalten der skandinavischen Presse wieder.
    Schon am nächsten Morgen klopfte es mit aller Gewalt an meine Türe im Seemannsheim. Man rief mich ans Telefon drunten im Gang. Das Ergebnis des Gesprächs war, daß Hermann und ich am selben Abend an der Tür einer fashionablen Wohnung im vornehmsten Teil der Stadt läuteten. Wir wurden von einem gepflegten jungen Herrn in Lackpantoffeln empfangen, der einen seidenen Schlafrock über seinem blauen Schlafanzug trug. Er machte einen ziemlich verweichlichten Eindruck. Ein parfümiertes Taschentuch unter der Nase, bat er um Entschuldigung, er sei schwer erkältet. Trotzdem wußten wir, daß dieser Mann sich in Amerika durch seinen erfolgreichen Einsatz als Flieger während des Krieges einen Namen gemacht hatte. Außer unserem sichtlich bettlägerigen Wirt waren zwei energische junge Presseleute zur Stelle, die förmlich strotzten von Ideen und Entschlußkraft. In dem einen erkannten wir einen angesehenen Korrespondenten wieder.
    Bei einer Flasche gutem Whisky erklärte unser Wirt, daß er an unserer Expedition interessiert sei. Er erbot sich, uns das notwendige Kapital zur Verfügung zu stellen, wenn wir damit einverstanden wären, uns für Artikelserien und Vortragstourneen nach der Heimkehr zu verpflichten. Wir wurden schließlich einig und stießen auf eine glückliche Zusammenarbeit zwischen »Geldgeber« und Expeditionsteilnehmern an. Von nun an sollten unsere ökonomischen Probleme gelöst sein. Sie wurden von Presseleuten übernommen und brauchten uns nicht mehr zu bekümmern. Unverzüglich sollten Hermann und ich beginnen, Mannschaft und Ausrüstung zu besorgen, das Floß zu bauen, um vor Beginn der Stürme abzufahren.
    Am nächsten Tag kündigte Hermann seinen Posten, und wir gingen ernstlich an unsere Aufgabe.

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