Konfessor - 17
gewesen wäre. Als er sich endlich bis auf Hände und Knie hochgestemmt hatte, trat sie ihn in die Rippen. Der Tritt ließ Richard zusammenzucken. Glücklicherweise verfügte sie weder über das Gewicht noch die Kraft, damit größeren Schaden anzurichten, schmerzhaft war es trotzdem. Das Gefährliche an ihr war ihre Gabe.
»Sofort!«, kreischte sie.
Wankend kam Richard auf die Beine. Seine Gliedmaßen begannen, den sengenden Schmerz abzuschütteln, nicht aber sein Kopf. Als das Getöse der Schlacht weiter entfernt in der Dunkelheit für einen kurzen Moment anschwoll, zuckte der Blick der Schwester kurz in diese Richtung. Richard nutzte die Gelegenheit, sich rasch umzusehen und die auf dem Boden herumliegenden Waffen in Augenschein zu nehmen. Sobald sie ihm den Rücken zukehrte, musste er die Gelegenheit beim Schopf ergreifen, denn hatte Jagang ihn erst in den Folterzelten festgeschnallt, würde er nie wieder das Tageslicht erblicken. »Du hast ja keine Ahnung, wie lange ich auf diese Gelegenheit gewartet habe, auf etwas, das mir die Gunst des Kaisers eintragen würde. Endlich hat der Schöpfer meine Gebete erhört und dich mir in die Hände gespielt.«
»Demnach ist es die Gewohnheit Eures Schöpfers, Gebete dadurch zu beantworten, dass er Opfer in die Hände ihrer Häscher spielt? Die schleimigen Schmeicheleien, die Ihr von Euch gebt, wenn Ihr vor ihm demütig die Hände aneinanderlegt, machen ihn so trunken vor Glück, dass er es gar nicht erwarten kann, Euch beim Bevölkern der Folterzelte zu helfen?«
Sie bedachte ihn mit einem zögerlichen, verschlagenen Grinsen. »Man wird dir noch deine vorlaute Zunge rausschneiden, damit die demütigen Diener des Schöpfers sich nicht deine Ketzereien anhören müssen.«
»Ich hab schon häufiger gehört, meine vorlaute Zunge sei einer meiner schlimmsten Fehler. Mit dem Herausschneiden würdet Ihr mir also nur einen Gefallen tun.«
Ihr verschlagenes Grinsen wurde gallig. Sie drehte sich um und wies mit ausholender Geste auf das Lager. »Du glaubst, du könntest-« Unter Aufbietung aller ihm zur Verfügung stehender Kräfte trat Richard ihr seitlich gegen das Gesicht, ein gewaltiger Tritt, der sie völlig überraschte und sie beim Zusammenprall ein Stück abheben ließ. Zähne und Blut spritzten in die Dunkelheit, ehe sie hart auf den Boden schlug. Offenbar hatte er sie mit seinem Stiefeltritt betäubt und ihr den Kiefer zertrümmert.
Hastig bückte sich Richard nach irgendeinem Schwert. Diese Frau war auf keinen Fall zu unterschätzen. Solange sie noch lebte, hatte sie auch die Möglichkeit, ihn umzubringen oder konnte ihn den Wunsch verspüren zu lassen, er wäre bereits tot. Seine Finger schlossen sich um das Heft einer Klinge. Er wirbelte herum, um sie ihr in den Leib zu stoßen.
Ein Lichtblitz erhellte schlagartig die Luft. Richard schlug so hart auf den Rücken, dass ihm die Luft aus den Lungen gepresst wurde. Die Frau war wieder auf den Beinen, Blut schoss ihr aus der unteren Gesichtshälfte, in langen Fäden, die um sie peitschten, als sie beide Hände hochriss. Ihm war völlig unbegreiflich, wie sie sich schon wieder auf den Beinen halten konnte, schließlich sah sie aus, als wäre sie soeben von den Toten wiederauferstanden. Lange würde sie unmöglich durchhalten können, womöglich aber lange genug, um ihn umzubringen. Offenbar hatte sein gewaltiger Tritt entsetzliche Verletzungen hervorgerufen. In der Hitze des Gefechts verhinderte der urplötzliche Schock jedoch, dass sie die Schmerzen sofort spürte. Auch wenn er sie vermutlich jeden Moment übermannen und sie vor Schmerzen schreiend am Boden zusammenbrechen lassen würde, in diesem Moment spürte sie ihn nicht, und das war alles, was sie brauchte. Mordlust stand in ihren Augen.
Richard versuchte sich aufzurappeln, um ihr den Rest zu geben, doch es war, als hätte sich ein Bulle auf seine Brust gesetzt. Die Luft wurde ihm aus den Lungen gepresst.
Sie machte einen Schritt auf ihn zu, zögerte dann, scheinbar verwirrt. Ihr Blick brach, und plötzlich fasste sie sich an die Brust. Mit überraschtem Blinzeln beobachtete er, wie sie wankend einen Schritt vorwärtstorkelte und schließlich, mit dem Gesicht voran, hart auf den Boden schlug, ohne auch nur den Versuch zu unternehmen, ihren Sturz noch abzufangen. Unsicher, ob dies vielleicht eine Art Täuschungsmanöver sei, starrte er sie einen Augenblick lang an. Sie rührte sich nicht, und auch das Gewicht war von seiner Brust genommen. Nicht gewillt, die
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